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       # taz.de -- Adbusting-Aktion vor dem LKA Berlin: Keine Werbung für die Polizei
       
       > Die Polizei verhindert eine Adbusting-Aktion vor dem LKA. Eine Aktivistin
       > legt nach Repressionen Verfassungsbeschwerde ein.
       
   IMG Bild: Bei Staatskritik reagiert die Polizei Berlin empfindlich: Polizisten schützen eine Werbevitrine
       
       Berlin taz | Man muss der Polizei eines lassen: Sie hat an diesem
       Mittwochmorgen gut mitgespielt. Drei Polizisten stellen sich breitbeinig
       vor der Werbevitrine einer Bushaltestelle auf und schützen den
       Plakatkasten. Zuvor haben zwei Aktivist:innen mit pinkfarbenen
       Perücken, Spaßbrillen und Partyhütchen bei einer „Guerilla-Pressekonferenz“
       angekündigt, dass sie direkt vor dem LKA am Platz der Luftbrücke ein
       Werbeplakat gegen ein polizeikritisches Adbusting austauschen wollen. Es
       wäre das letzte von 40 am frühen Morgen in der gesamten Stadt verteilten
       Plakaten mit der Aufschrift [1][„Polizei abschaffen“] und Slogans wie
       „Statt uns mit strukturellem Rassismus zu beschäftigen, verfolgen wir
       lieber Adbustings“.
       
       Doch als ein Aktivist die Vitrine mit einem „Rohrsteck-Kantschlüssel aus
       dem Baumarkt“ öffnen will, schreiten die Polizisten ein. Woraufhin ein
       dritter Aktivist dazukommt, der einen Pfeil hochhält, auf dem
       „Rechtsbrecher*in“ steht und der nun auf die Polizisten zeigt.
       
       Eine Aktivist:in fragt: „Können Sie uns sagen, auf welcher rechtlichen
       Grundlage das jetzt unterlassen werden soll?“ Antwort: „Das ist
       privatrechtlicher Natur und das müssen Sie unterlassen.“ Die Aktivistin
       protestiert: „Es gibt keine Grundlage dafür: Die Staatsanwaltschaft hat
       selbst geschrieben, dass Adbusting kein Straftatbestand ist, wenn man
       nichts beschädigt und das Plakat nicht klaut.“
       
       Das stimmt: Nachdem die Polizei und auch die Staatsanwaltschaft Berlin
       solches Adbusting in den letzten Jahren rigide verfolgt haben, sieht
       zumindest die Staatsanwaltschaft mittlerweile offenbar ein, dass es keine
       Straftat ist, solange keine Plakate geklaut oder zerstört werden. Jüngste
       Ermittlungen seien deswegen eingestellt worden, wie die Aktivist:innen
       mit Verweis auf collagierte Schnipsel aus den Ermittlungsakten sagen.
       
       ## Kriminalisierung wider die Meinungsfreiheit
       
       Noch ein paar Monate zuvor hatten die Behörden demgegenüber wegen
       vermeintlich „schweren Diebstahls“ von Werbeplakaten mehrere
       Hausdurchsuchungen und sogar DNA-Analysen auf zweifelhafter Rechtsgrundlage
       durchgeführt ([2][taz berichtete]). Selbst im Verfassungsschutzbericht 2018
       tauchte Adbusting als „gewaltorientierter Linksextremismus“ auf. Durch
       Linken-Anfragen ist bekannt, dass Adbusting-Verfahren Hunderte Aktenseiten
       füllen und sogar das Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern dazu viermal
       aktiv war. Und der [3][Geheimdienst der Bundeswehr] sammelt noch immer
       Daten über bundeswehrkritische Adbustings.
       
       Eine Gruppe von Aktivist:innen wehrt sich gegen die Repressionen: So hat
       eine Aktivistin mittlerweile [4][Verfassungsbeschwerde] gegen
       Durchsuchungen ihrer Wohnung eingelegt. Unterstützt wird sie dabei auch vom
       [5][Verfassungsrechtler Andreas Fischer-Lescano], der die Kriminalisierung
       von Adbustings kritisiert und sie von der Meinungsfreiheit gedeckt sieht.
       
       Die Polizist:innen vor dem LKA sehen das allerdings anders. Als die
       drei Aktivist:innen wieder gehen, wollen sie eigentlich noch deren
       Personalien aufnehmen. Doch dazu kommt es nicht: Die Aktivist:innen
       laufen weg und sind schnell in der U-Bahn verschwunden.
       
       2 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://abschaffen.noblogs.org/
   DIR [2] /Repression-gegen-Adbusting/!5693667
   DIR [3] https://www.ulla-jelpke.de/wp-content/uploads/2020/11/MF-68-Adbusting.pdf
   DIR [4] /Repression-gegen-Linke/!5699445
   DIR [5] https://verfassungsblog.de/adbusting-unbequem-aber-grundrechtlich-geschuetzt/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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