# taz.de -- Pflege im Coronahotspot Görlitz: Den Schuss nicht gehört
> In Görlitz hat sich die Corona-Situation so verschärft, dass positiv
> getestetes Pflegepersonal arbeiten muss. Verantwortlich ist das Land
> Sachsen.
IMG Bild: Im Landkreis Görlitz kommen nun auch Fachkräfte der Bundeswehr den Kliniken zu Hilfe
Es ist eine riesengroße Farce: Im sächsischen [1][Görlitz], einer der
Corona-Hotspots der Stunde, wird Pflegepersonal eingesetzt, das positiv auf
das Virus getestet wurde. In der ostsächsischen Stadt ist der
Pflegenotstand inzwischen so gravierend und die Corona-Lage so dramatisch,
dass es ohne die Hilfe der positiv Getesteten, Symptomfreien in ihren
speziellen Schutzanzügen nicht mehr zu schaffen ist. An sich ist das legal
und sowohl vom Robert-Koch-Institut als auch von Gesundheitsminister Jens
Spahn abgesegnet – „in Ausnahmefällen“, wie es in einer Regelung heißt.
Auch das Landratsamt Görlitz garantiert offiziell, dass infizierte
Pflegekräfte auch nur mit infizierten Patient:innen in Kontakt kommen.
Doch die [2][Pflegekräfte] selbst können darüber nur den Kopf schütteln:
Angesichts der Notlage kann gar nicht garantiert werden, dass es keinen
Kontakt mit Nichtinfizierten gibt – oder aber, dass bei allen das Virus
überhaupt entdeckt wird. Und: Dieses Risiko muss eingegangen werden – sonst
liegen die Pflegebedürftigen am Ende alleine in ihren Betten. Im Klartext
heißt das: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis eine positiv getestete
Pflegekraft eine nicht infizierte Person ansteckt.
Wenn in Deutschland auch zehn Monate nach Ausbruch der Pandemie noch immer
ein derart eklatanter [3][Pflegenotstand] herrscht, dann hat man den Schuss
nicht gehört. Das Klatschen und die Schokolade, die Bonuszahlungen und das
öffentliche Lob: All das kann den Notstand nicht lösen. Der
Personalschlüssel muss aufgestockt, die Gehälter müssen erhöht werden, die
gesellschaftliche Notwendigkeit der Pflegearbeit muss endlich entsprechende
Anerkennung bekommen.
„Wir haben dieses Virus unterschätzt, alle miteinander“, sagte der
sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer am vergangenen Mittwoch.
Aber das stimmt nicht. Nicht „wir alle“ haben es unterschätzt, sondern die
sächsische Landesregierung. Dass nun in Görlitz Pflegekräfte fehlen, die
gesund und Corona-negativ sind, ist ein Armutszeugnis der sächsischen
Gesundheitspolitik. Man hätte es besser wissen müssen.
3 Dec 2020
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## AUTOREN
DIR Sarah Ulrich
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