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       # taz.de -- Auswirkungen der Coronakrise: Lieber reich in der Pandemie
       
       > Ein neuer Bericht zeigt: Von finanziellen Verlusten in der Pandemie sind
       > vor allem Leute mit niedrigem Einkommen und die untere Mittelschicht
       > betroffen.
       
   IMG Bild: Finanzielle Einbußen in der Coronakrise sind über die Einkommensgruppen ungleich verteilt
       
       Gelobt seien der gehobene öffentliche Dienst und das Homeoffice – wer
       hingegen schlecht bezahlt in der privaten Dienstleistung oder im nicht
       homeofficetauglichen Job tätig ist, hat es schwerer in Coronazeiten. Dies
       zeigt sich im am Donnerstag veröffentlichten Verteilungsbericht des
       gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts
       (WSI).
       
       Als „besorgniserregend“ wertete WSI-Direktorin Bettina Kohlrausch das
       [1][Ergebnis] der Erhebung, auch weil Betroffene mit Einkommensverlusten
       eher bereit seien, [2][Verschwörungsmythen] zu glauben.
       
       Bei der Befragung von 6.000 Erwerbspersonen im April und Juni dieses Jahres
       erwies sich, dass die finanziellen Einbußen in der Coronapandemie über die
       Einkommensgruppen ungleich verteilt sind: Von den Haushalten, die ein
       Nettoeinkommen von 900 bis 1.500 Euro im Monat haben, verloren mehr als 40
       Prozent an Einkünften. Unter den Mehrpersonenhaushalten mit Einbußen in
       dieser Gruppe hatte mehr als die Hälfte Verluste von über 25 Prozent zu
       verzeichnen.
       
       Von den Haushalten mit Einkommen von über 4.500 Euro netto im Monat
       beklagten nur 26 Prozent Verluste. Unter den Mehrpersonenhaushalten in
       dieser Gruppe hatten nur 28 Prozent Einbußen von über 25 Prozent zu
       verkraften.
       
       ## Kurzarbeit eher in Kleinbetrieben
       
       Es verdeutliche sich, dass „Befragte mit mittleren Einkommen häufiger von
       der Krise betroffen waren als Befragte mit hohen Einkommen“, heißt es in
       dem Verteilungsbericht. Prozentual die höchsten Einbußen hatten
       Einkommensgruppen von unter 900 Euro, wobei dies ein Bereich ist, in dem
       Haushalte unter Umständen dann Hartz IV beantragen müssen.
       
       Es seien besonders „jüngere Befragte“ gewesen, die Einbußen hinnehmen
       mussten, heißt es in dem Bericht. Ein wesentlicher Grund für Verluste sei
       die Kurzarbeit. Insbesondere Befragte in kleinen oder Kleinstbetrieben
       wurden häufig in Kurzarbeit geschickt. Darunter fanden sich häufig
       Beschäftigte aus dem Gastgewerbe, aber auch aus dem verarbeitenden Gewerbe
       sowie im Verkehr- und Logistiksektor.
       
       Auch Selbstständige und FreiberuflerInnen fielen „mit hohen Einbußen“ auf,
       so der Bericht. Kaum von Kurzarbeit betroffen hingegen waren Beschäftigte
       im öffentlichen Dienst oder im Finanz- und
       Versicherungsdienstleistungssektor.
       
       ## Mitte ist nicht gleich Mitte
       
       Die WSI-ForscherInnen betrachteten auch die Einkommensverteilungen in den
       zurückliegenden Jahren von 2010 bis 2017. Laut Bericht legten die Haushalte
       mit mittleren Einkommen in dieser Zeit an Einkünften zu. Die 20 Prozent der
       Haushalte mit den geringsten Einkommen blieben hingegen von „einer
       insgesamt recht positiven Einkommensentwicklung“ in dieser Zeit „weitgehend
       abgekoppelt“, so der Verteilungsbericht.
       
       Im bisherigen Verlauf der Coronakrise nun habe sich der Rückstand der
       Haushalte mit niedrigen Einkommen noch verschärft. „Und diesmal fallen auch
       Haushalte im ‚unteren‘ Bereich der mittleren Einkommensgruppen gegenüber
       jenen mit hohen Einkommen zurück“, so die ForscherInnen.
       
       Das Statistische [3][Bundesamt] stellte am Donnerstag fest, dass die
       Armutsgefährdung von Kindern in Deutschland sinke. Das Ausmaß der
       „Kindeswohlgefährdung“, etwa durch Vernachlässigung und Gewalt, sei
       hingegen im Anstieg begriffen, hieß es.
       
       20 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.wsi.de/de/index.htm
   DIR [2] /Expertin-ueber-Verschwoerungsmythen/!5726760
   DIR [3] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/11/PD20_N076_634.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Dribbusch
       
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