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       # taz.de -- Prozess zum Mord an Walter Lübcke: Angeklagter voll schuldfähig
       
       > Für den mutmaßlichen Mörder von Walter Lübcke lief es am Donnerstag vor
       > Gericht schlecht. Laut Gutachter komme für ihn auch eine
       > Sicherungsverwahrung in Betracht.
       
   IMG Bild: Laut Gutachter wird der Hauptangeklagte Stephan E. als schuldfähig eingestuft
       
       Frankfurt/Main afp/dpa | Im [1][Prozess um den Mord am Kasseler
       Regierungspräsidenten Walter Lübcke] hat ein Gutachter den Hauptangeklagten
       Stephan E. als schuldfähig eingestuft. Außerdem sehe er die Voraussetzungen
       für eine Sicherungsverwahrung als erfüllt an, sagte der Sachverständige
       Norbert Leygraf am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht (OLG) in Frankfurt
       am Main. E. habe einen Hang zur schweren Straftaten.
       
       Folge man den Vorwürfen aus der Anklage, werde E. „mit überwiegender
       Wahrscheinlichkeit bei entsprechenden Möglichkeiten erneut Straftaten
       begehen“, sagte Leygraf. Es lägen keine Hinweise für eine psychische
       Erkrankung wie eine manische Psychose oder hirnorganische Schäden vor. Eine
       krankhafte Störung sei daher nicht anzunehmen. E. habe Lübcke auch nicht im
       Zustand einer Bewusstseinsstörung erschossen.
       
       Leygraf beschrieb E. als „zurückhaltenden Einzelgänger“, dessen Leben
       [2][zwei verschiedene Seiten] habe. Zum einen habe er sich nach seiner
       ersten Haftstrafe in den 90er Jahren ein bürgerliches Leben aufgebaut, sei
       Familienvater geworden und ein „geschätzter Arbeitskollege“. Gleichzeitig
       sei er ein aktives Mitglied der rechtsradikalen Szene gewesen, führte der
       Sachverständige aus.
       
       Zu Beginn des Prozesstags war am Donnerstag zunächst ungewiss gewesen, ob
       die Verhandlung am Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt stattfinden könnte:
       Der Angeklagte Stephan Ernst klagte nach Angaben seines Anwalts über
       Kopfschmerzen und bezeichnete sich als nicht verhandlungsfähig. Die vom
       Gericht vorgeschlagene medizinische Untersuchung durch den Gutachter, der
       auch Arzt ist, lehnte er allerdings ab. Der vorsitzende Richter Thomas
       Sagebiel wiederum wies den Vorschlag zurück, einen Notarzt zu rufen. Die
       Verhandlung wurde für eine Beratung zwischen Ernst und seinem Verteidiger
       kurz unterbrochen.
       
       In der folgenden Diskussion kam auch eine mögliche Infektion E.s mit dem
       Coronavirus zur Sprache. Da Leygraf kein Fieberthermometer dabeihatte,
       wurde eines in einer Apotheke gekauft. Sagebiel unterbrach die Verhandlung
       für eine halbe Stunde, um E. untersuchen zu lassen. Die Untersuchung ergab
       schließlich, dass E. verhandlungsfähig sei. Der Beginn der Vorstellung des
       Gutachtens begann dadurch rund drei Stunden später.
       
       Walter Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni 2019 tot auf der Terrasse seines
       Wohnhauses im nordhessischen Wolfhagen-Istha gefunden worden. E. soll ihn
       aus rechtsextremen Motiven getötet haben. Darüber hinaus ist er wegen eines
       versuchten Mordes an einem irakischen Flüchtling angeklagt. Der Prozess
       gegen ihn begann im Juni. Die ursprünglich für den 1. Dezember angesetzte
       Urteilsverkündung wird sich nach OLG-Angaben verschieben.
       
       19 Nov 2020
       
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