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       # taz.de -- Münchner Urteil zum Israel-Boykott: Meinungsfreiheit für alle
       
       > Ein Gericht hat festgestellt: In städtischen Räumen darf über
       > Israel-Boykott debattiert werden. Man muss BDS nicht mögen, um das gut zu
       > finden.
       
   IMG Bild: In städtischen Räumen darf über Israel-Boykott diskutieren werden
       
       Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat ein wichtiges Urteil zur
       Freiheit der Meinungsäußerung verkündet. Ein generelles Verbot, in
       städtischen Räumen über einen [1][Israel-Boykott] zu diskutieren, ist
       rechtswidrig. Ein entsprechender Beschluss des Münchner Stadtrats verstoße
       gegen das Grundgesetz.
       
       Wie immer, wenn über die Meinungsfreiheit gestritten wird, muss vorab eines
       betont werden: Eine Meinung zuzulassen bedeutet nicht, diese gut zu heißen.
       Die Gewährung der Meinungsfreiheit ist kein Siegel für besonders wertvolle
       Gedanken, sondern Grundvoraussetzung eines freiheitlichen Staats. Jeder
       soll sagen können, was er/sie denkt. Und darüber soll auch öffentlich
       diskutiert werden können.
       
       Wie weitgehend das Münchner Verbot war, zeigt sich schon am konkreten
       Rechtsstreit. Da wollten Bürgerrechtler über den Stadtratsbeschluss und die
       Meinungsfreiheit diskutieren. Doch auch das wurde nicht erlaubt, weil dabei
       auch der Anlass des Beschlusses, die Forderung nach einem Israel-Boykott,
       zur Sprache kommen könnte.
       
       Die Richter haben sich nun zu Recht nicht in die Tiefen der Diskussion um
       die [2][BDS-Bewegung] (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen) begeben. Denn
       es geht nicht darum, ob BDS „antisemitisch“ ist, wie der Münchner Stadtrat
       meint, oder ob hier legitime aktionistische Kritik an der israelischen
       Besatzungspolitik geäußert wird. Selbst Antisemitismus steht – soweit nicht
       Gesetze oder die öffentliche Ordnung verletzt werden – unter dem Schutz der
       Meinungsfreiheit.
       
       Das Bundesverfassungsgericht hat selbst der verfassungsfeindlichen NPD das
       Recht zugesprochen, für ihre Parteitage städtische Hallen zu nutzen. Wer
       sich daran erinnert, dürfte nun nicht überrascht sein, wenn der Bayerische
       VGH dafür sorgt, dass in kommunalen Münchner Gebäuden Thesen der
       [3][BDS-Bewegung] diskutiert und auch propagiert werden dürfen.
       
       Es ist politisch richtig, die BDS-Bewegung, gerade in Deutschland, nur mit
       spitzen Fingern anzufassen. Aber es ist auch richtig, gerade in
       Deutschland, möglichst wenig Ausnahmen von der Meinungsfreiheit zuzulassen.
       
       20 Nov 2020
       
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