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       # taz.de -- Streit um das US-Wahlergebnis: Immer schriller für Trump
       
       > Donald Trumps Anwälte stellen immer absurdere Theorien auf, wie die Wahl
       > manipuliert worden sei. Beweise: null. Ihr Ziel: das Wählervotum
       > ignorieren.
       
   IMG Bild: Will immer noch für Trump gewinnen: Anwalt Rudy Giuliani bei der Pressekonferenz am Donnerstag
       
       Washington dpa/rtr | Bei einer [1][Pressekonferenz] in den Räumlichkeiten
       des republikanischen Parteivorstands in Washington, D.C., haben sich die
       Anwälte des US-Präsidenten Donald Trump am Donnerstag immer tiefer in
       Verschwörungstheorien verwickelt. Sie behaupteten unter anderem, die
       Demokraten hätten die Wahl mit Hilfe von Kommunisten aus Venezuela
       manipuliert.
       
       Außerdem beharren sie auf den mehrfach widerlegten Vorwürfen, bei der
       Auszählung verwendete Software habe Stimmen für Präsident Trump zugunsten
       seines siegreichen Herausforderers Joe Biden umgewandelt.
       
       Zugleich verlor die Trump-Seite allein am Donnerstag in Verfahren vor
       Gerichten in den Bundesstaaten Georgia, Pennsylvania und Arizona. In
       Georgia dürfte am Freitag der Wahlsieg Bidens in dem Bundesstaat durch die
       amtliche Bestätigung der Ergebnisse besiegelt werden. Bisher handelte sich
       die Trump-Seite mehr als 30 [2][Schlappen vor Gericht] ein und erzielte
       einen kleinen Erfolg, der am Wahlausgang allerdings nichts ändert. Trumps
       langjähriger Anwalt und Vertrauter Rudy Giuliani stellte weitere Klagen in
       Aussicht.
       
       Trumps Anwaltsteam erklärte bei der Pressekonferenz zugleich, man könne
       Journalisten angesichts anstehender Verfahren keine Beweise für die
       Behauptungen präsentieren. Außerdem wollten wichtige Zeugen nicht vor die
       breite Öffentlichkeit treten. Das hinderte Giuliani nicht daran, zu sagen:
       „Wir können nicht zulassen, dass diese Gauner die Wahl von den Amerikanern
       stehlen. Sie haben Donald Trump gewählt. Sie haben nicht Joe Biden
       gewählt.“
       
       ## Trump-Anwältin: „Massiver Einfluss kommunistischen Geldes“
       
       Alle Wahlbehörden bestätigten bisher, dass es weder Wahlfälschung gab noch
       größere Fehler, die das Wahlergebnis infrage stellen könnten. Giuliani
       behauptete dennoch, er könne beweisen, dass Trump den wichtigen Bundesstaat
       Pennsylvania in Wirklichkeit nicht verloren, sondern mit einem Vorsprung
       von 300.000 Stimmen gewonnen habe, und Michigan mit 50.000 Stimmen.
       
       Unter anderem seien Stimmzettel mehrfach eingescannt worden. Giulianis
       Erklärung: „Ich denke, es ist eine logische Schlussfolgerung, dass es einen
       gemeinsamen Plan gab, der direkt von der Demokratischen Parten und ihrem
       Kandidaten ausging.“ Auch dazu gab es keine Beweise. Giuliani war einst
       selbst Staatsanwalt und später Bürgermeister von New York.
       
       Anwältin Sidney Powell ging noch weiter: „Womit wir es hier wirklich zu tun
       haben, ist ein massiver Einfluss kommunistischen Geldes über Venezuela,
       Kuba und vermutlich China für die Einmischung in unsere Wahl.“ Sie
       behauptete auch, der 2013 verstorbene venezolanische Präsident Hugo Chávez
       habe Hintertüren in die Software einbauen lassen, die bei der Auszählung
       der Stimmen verwendet wurde. Angeblich sei es dadurch möglich gewesen, dass
       eine für Biden abgegebene Stimme 1,25 Stimmen wert gewesen sei. Die
       Software wurde nur beim Einscannen von Stimmzetteln verwendet. Die
       Wahlbehörden betonen, dass es für jede abgegebene Stimme einen Papierbeleg
       gebe.
       
       Der von Trump jüngst gefeuerte [3][Christopher Krebs], der als ranghoher
       Regierungsbeamter für die Absicherung der Wahlen zuständig war, bezeichnete
       die Pressekonferenz auf [4][Twitter] als „die gefährlichsten 1:45 Stunden
       TV in der Geschichte Amerikas“. „Und vermutlich die verrücktesten“, fügte
       er hinzu.
       
       ## Neue Strategie: Mehrheiten ignorieren, Trump wählen
       
       In Pennsylvania fordert die Trump-Seite unter der Regie seines langjährigen
       persönlichen Anwalts und Vertrauten Rudy Giuliani in einer schon zum
       zweiten Mal überarbeiteten Klage, das Wahlergebnis in dem Bundesstaat
       komplett nicht zu bestätigen. Stattdessen solle das örtliche Parlament – in
       dem Republikaner die Mehrheit haben – die Wahlleute ernennen. Das Ziel:
       Diese ernannten Wahlleute sollen am 14. Dezember nicht für den Wahlsieger
       Biden, sondern für Trump stimmen.
       
       In Michigan hat Trump einen ähnlichen Plan. Er lud republikanische
       Mitglieder des Parlaments des Bundesstaates zu sich ins Weiße Haus ein. Der
       Rechtsexperte Lawrence Tribe warnte im TV-Sender CNN, dass ein solches
       Treffen widerrechtlich sein könnte. Der Mehrheitsführer im Senat, Mike
       Shirkey, und der Präsident des Repräsentantenhauses, Lee Chatfield, wollten
       sich anhören, was der Präsident zu sagen habe, hieß es weiter. Chatfield
       hatte erklärt, Michigans Wahlleute gingen an den Kandidaten, der die
       meisten Stimmen erhalten habe – in dem Bundesstaat liegt Biden nach
       inoffiziellen Ergebnissen mit mehr als 150.000 Stimmen vorn.
       
       Die neue Strategie bestätigten auch drei mit dem Vorgang vertraute Personen
       gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Es gehe darum, Zweifel an den
       Ergebnissen der Wahl zu streuen und deren formelle Ausrufung möglichst
       lange hinauszuzögern.
       
       Viele Bundesstaaten-Abgeordnete stammten aus Bezirken, in denen
       Trump-Anhänger deutlich in der Mehrheit seien. Dort könne im Laufe der Zeit
       der Druck so groß werden, dass sie kaum eine andere Alternative hätten, als
       in die Wahl einzugreifen. In einer jüngst veröffentlichten
       Reuters-Ipsos-Umfrage sagte etwa die Hälfte der Republikaner, Trump habe
       die Wahl „rechtmäßig gewonnen“.
       
       ## Demokraten fordern, endlich Übergang einzuleiten
       
       Mehrere demokratische US-Abgeordnete haben in einem Brief eine
       Stellungnahme der Chefin der Behörde GSA gefordert, die die Übergabe der
       Amtsgeschäfte an den gewählten US-Präsidenten Joe Biden bislang verweigert.
       „Ihr Vorgehen, das zu einer Blockade des gesetzlich vorgeschriebenen
       Übergangs führt, hat schwerwiegende Folgen“, schrieben die Abgeordneten im
       US-Repräsentantenhaus am Donnerstag an die von Präsident Donald Trump
       ernannte Behördenleiterin Emily Murphy. Sie forderten ein Gespräch mit
       Murphy bis zum Montag. Eine Vorladung zu einer öffentlichen Anhörung
       schlossen sie nicht aus.
       
       In den USA beginnen normalerweise gleich nach der Wahl eines neuen
       Präsidenten die Vorbereitungen für den Machtwechsel. Die Behörde GSA hat
       Bidens Übergangsteam nach wie vor aber kein grünes Licht für die
       Zusammenarbeit mit Regierungsstellen gegeben. Eigentlich bekämen Biden und
       sein Team schon vor der Amtsübernahme Zugang zu Ministerien, Behörden und
       vertraulichen Informationen der Regierung.
       
       Das Gesetz zur Übergabe der Amtsgeschäfte räumt der GSA eine wichtige Rolle
       ein. Murphy muss nach der Wahl die Feststellung treffen, wer die
       „offensichtlich erfolgreichen Kandidaten“ für das Präsidenten- und das
       Vize-Amt sind. Erst mit ihrem Schreiben, das normalerweise als Formalie
       angesehen wird, kann die Amtsübergabe formell eingeleitet werden. Murphy
       erkennt Biden und seine Vizepräsidentin Kamala Harris bisher nicht als
       Wahlsieger an.
       
       Mit ihrem Vorgehen untergrabe sie eine geordnete Machtübergabe und
       beeinträchtige die Fähigkeit der neuen Regierung, auf die Coronapandemie zu
       reagieren und die schweren wirtschaftlichen Folgen zu bewältigen, heißt es
       in dem Brief. „Wir waren äußerst geduldig, aber wir können nicht länger
       warten.“ Es sei Murphys Verantwortung, den Übergang einzuleiten.
       
       20 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=sq7TeUJwQD4
   DIR [2] /US-Wahlen-und-Trumps-Betrugsverdacht/!5724030
   DIR [3] /Nach-der-US-Wahl/!5729711
   DIR [4] https://twitter.com/C_C_Krebs/status/1329521812951142400
       
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