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       # taz.de -- Neues Verpackungsgesetz vorgestellt: Dosen nur noch mit Pfand
       
       > Das Umweltministerium will die Pfandpflicht ausdehnen, Online-Plattformen
       > stärker in die Verantwortung nehmen und Mehrwegbecher fördern.
       
   IMG Bild: Geldhaufen der Zukunft?
       
       Berlin taz | Das Bundesumweltministerium (BMU) versucht einmal mehr, der
       [1][stetig wachsenden Verpackungsflut Herr zu werden] und hat am Freitag
       ein neues Verpackungsgesetz vorgeschlagen. Demnach sollen Dosen und
       Einwegkunststoffflaschen künftig nur noch mit einem Pfand verkauft werden.
       Damit schaffe man Regelungen, „die für die Verbraucher verständlich sind,
       und [2][kein Hersteller kann mehr durchs Netz gehen]“, sagte
       Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth, der den Gesetzentwurf vorstellte.
       
       Online-Handelsplattformen sollen stärker zur Verantwortung gezogen werden.
       Dafür sollen sie die Pflicht bekommen, zu überprüfen, ob die Firmen, die
       auf ihnen handeln, ihre Verpackungen ordnungsgemäß anmelden und für ihre
       Entsorgungskosten bezahlen. Der Onlinehandel dürfe keinen
       Wettbewerbsvorteil gegenüber dem stationärem Handel erhalten, so Flasbarth.
       
       Im Bereich der „To-Go“-Lebensmittel will das BMU Mehrwegverpackungen
       stärken. Immer dann, wenn Lebensmittel zum Mitnehmen angeboten werden, soll
       es neben Einwegbechern und Kunststoffschachteln auch eine Mehrwegverpackung
       geben. Für sehr kleine Geschäfte mit weniger als drei Mitarbeitern und
       weniger als 50 Quadratmetern sollen diese Regelungen nicht gelten. Aber
       auch sie sind verpflichtet, ihr Essen und Trinken etwa in mitgebrachte
       Gefäße zu füllen.
       
       Dies sei „kein großer Wurf für ein flächendeckendes Mehrwegsystem“,
       kommentierte Bettina Hoffmann, umweltpolitische Sprecherin der Grünen im
       Bundestag das Gesetz. „Ohne gesetzlich verankerte Vermeidungsziele und
       klare Überprüfbarkeit droht die Menge an Verpackungsmüll weiterhin
       zuzunehmen“, so Hoffmann.
       
       ## Kritik: Mehrwegbecher gibt's doch schon
       
       Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sieht in der Pflicht zu Mehrwegbechern und
       -boxen für Fast-Food-Ketten einen ersten guten Schritt, der aber nicht
       ausreiche. Schon heute „bieten große Kaffeehäuser Mehrwegbecher an,
       allerdings oft als reine Alibilösungen, die kaum gefördert und gezielt
       klein gehalten werden“, sagt die stellvertretende DUH-Geschäftsführerin
       Barbara Metz.
       
       „Damit Abfallmengen wirklich reduziert werden, braucht es eine verbindliche
       Mehrwegquote oder ein ambitioniertes Vermeidungsziel“, so Metz. Nur so
       könne „sichergestellt werden, dass Mehrwegbecher auch wirklich in der
       Breite Anwendung finden“. Dafür müssten Verbraucher Anreize erhalten, etwa,
       indem Einwegverpackungen teurer seien als die Mehrwegvariante.
       
       Den Herstellern von PET-Flaschen will das BMU vorschreiben, ab 2025
       mindestens 25 Prozent Recyclingmaterial zu verwenden, ab 2030 soll der
       Mindestanteil auf 30 Prozent steigen. „Dies korrespondiert mit steigenden
       Recyclingquoten“, sagte Flasbarth, „wenn mehr recycelt wird, müssen wir
       auch einen Markt schaffen, der Material aufnimmt und in neue Produkte
       überführt“. Bislang sei die fossile Variante – also Kunststoff aus Erdöl –
       immer noch günstiger.
       
       Seit Jahrzehnten versuchen Umweltpolitiker, [3][den stetig steigenden
       Verpackungsmüll mit immer neuen Gesetzen in den Griff zu bekommen]. 18,9
       Mio Tonnen Verpackungsabfälle sind 2018 angefallen, rein rechnerisch sind
       das 228 Kilo pro Kopf. Die Hälfte davon sind allerdings Verpackungen, die
       im Bereich von Industrie und Landwirtschaft anfallen.
       
       ## Unverwünschte Materialverschiebungen
       
       Zum Teil befürchtet das BMU auch bei seinem neuen Gesetz schon jetzt
       unverwünschte Materialverschiebungen, die es zu beobachten gelte. Notfalls
       müsse nachjustiert werden. So beobachte man, dass Plastiktüten vermehrt
       durch Papiertüten ersetzt würden, und auch „alles in Alu“ sei nicht
       erwünscht, sagte Flasbarth.
       
       Im Auge behalten müsse man auch Verbundverpackungen oder mit Kunststoff
       beschichtete Pappen und Papiere, die nicht mehr recycelt werden können.
       Erst am Mittwoch hatte die Zentrale Stelle Verpackungsregister, die die
       Entsorgung und das Recycling von Verpackungen transparent macht, ihre Sorge
       gegenüber diesen Materialien zum Ausdruck gebracht. Mit Kunststoffen
       beschichtetes Papier lasse sich weder gut trennen und sortieren noch gut
       recyceln, kritisierte Gunda Rachut, Vorstand der Stifung Zentrale Stelle.
       
       Man erwarte „von der Umweltministerin endlich einen Plan, wie sie den
       EU-Plastikbeitrag so umsetzt, dass Hersteller einen klaren Anreiz haben,
       Verpackungen so zu gestalten, dass von Anfang an weniger Müll anfällt“,
       sagte Hoffmann von den Grünen, „im Gesetzesentwurf der Bundesregierung
       findet sich davon nichts.“
       
       Der Gesetzentwurf kann nun von Verbänden und Ländern kommentiert werden,
       dann müssen ihm auch die übrigen zuständigen Ministerien der
       Bundesregierung zustimmen. Wegen einer „bislang nicht gekannten Liebe des
       Bundeswirtschaftsministers zu Umwelt und Klima“ zeigte sich Flasbarth
       zuversichtlich, dass das Gesetz gut durch komme.
       
       23 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
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