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       # taz.de -- RKI-Bericht zur Gesundheit von Frauen: Jede Dritte wird Opfer von Gewalt
       
       > Zwei Drittel der Frauen in Deutschland bewerten ihre Gesundheit als gut
       > oder sehr gut. Eine große Gefahr bleibt weiterhin häusliche Gewalt.
       
   IMG Bild: Eine Möglichkeit Gesund zu bleiben – in der Pandemie allerdings nicht ganz leicht: Sport
       
       Berlin taz | Frauen gehen oft bewusster mit ihrer Gesundheit um als Männer
       und nehmen häufiger Maßnahmen der Gesundheitsprävention und -versorgung in
       Anspruch. Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten ersten
       Frauengesundheitsbericht des Robert-Koch-Instituts im Auftrag des
       Bundesgesundheitsministeriums hervor. Für die Studie wurden der
       Gesundheitszustand, das Gesundheitsverhalten sowie die
       Gesundheitsversorgung von Mädchen und Frauen in Deutschland analysiert. Der
       größte Teil der verwendeten Daten wurde vor der Coronapandemie erhoben.
       
       Ein Ergebnis: Zwei Drittel der Frauen in Deutschland bewerten ihre
       Gesundheit als gut oder sehr gut. Im Verlauf der letzten 20 Jahre hat sich
       die selbst eingeschätzte Gesundheit von Frauen deutlich verbessert,
       insbesondere in der Gruppe der 60- bis 69-Jährigen. Auch die mittlere
       Lebenserwartung von Frauen steigt weiter an und liegt derzeit bei 83,3
       Jahren. Sie liegt damit um fast fünf Jahre höher als bei Männern.
       Allerdings sind Frauen häufiger als Männer von Muskel- und
       Skeletterkrankungen sowie psychischen Erkrankungen wie Depression,
       Angststörungen und Essstörungen betroffen.
       
       Eine starke Beeinträchtigung der Gesundheit von Frauen und Mädchen ist auf
       [1][körperliche und sexualisierte Gewalt] zurückzuführen. Laut Bericht sind
       35 Prozent der Frauen in Deutschland seit dem 15. Lebensjahr Opfer von
       körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt geworden.
       
       Unabhängig vom sozioökonomischen Status entscheidet vor allem die
       Lebenssituation über das Risiko, Gewalt zu erfahren: So sind etwa Frauen in
       Trennungsphasen stärker gefährdet. Frauen und Mädchen mit Behinderungen
       sind zudem etwas zwei- bis dreimal häufiger von sexuellen Übergriffen
       betroffen als Frauen und Mädchen ohne Behinderung. Etwa die Hälfte der von
       Gewalt Betroffenen leidet zum Beispiel an chronischen Schmerzen,
       Atemwegserkrankungen und gynäkologischen Beschwerden ebenso wie an
       Depressionen, Angst- und Stresssymptomen.
       
       ## Großer Bedarf nach Sexualaufklärung
       
       Für Frauen und Mädchen mit [2][Behinderung] konstatieren die Forscher*innen
       zudem oftmals eine Diskrepanz zwischen dem Bedarf an Leistungen des
       Gesundheitssystems und der Möglichkeit, diese in Anspruch zu nehmen. „Man
       denke da nur an die gynäkologische Behandlung: Für Frauen mit einer
       Gehbehinderung oder Hüftproblemen ist oft schwierig, diese zu erhalten,
       wenn die Behandlungsstühle z.B. nicht höhenverstellbar sind“, erklärt Dr.
       Anke-Christine Saß, die als Projektleiterin des Robert Koch-Instituts für
       den Bericht zuständig ist.
       
       Großen Bedarf identifizieren die Autor*innen auch beim Thema
       Sexualaufklärung. „Hier muss überlegt werden: Wie können
       Aufklärungsmaterialien so zur Verfügung gestellt werden, dass sie auch
       Frauen mit einer Seh- oder Höreinschränkung oder mit einer Lernbehinderung
       erreichen?“, so Saß.
       
       Insgesamt habe der Bericht deutlich gezeigt, dass beispielsweise
       Bildungsgrad, Ethnizität, Einkommen und sexuelle Orientierung einen starken
       Einfluss darauf haben, wie die Gesundheitschancen der Frauen sind. „Je mehr
       „ungünstige“ Merkmale man auf sich vereint, desto schwieriger kann es sein,
       die bestehenden Angebote für Prävention und Versorgung zu nutzen “,
       resümiert Saß. „Es ist deswegen umso wichtiger, die Diversität der Frauen
       bei der Gesundheitsversorgung im Blick zu behalten und sie eng mit anderen
       Politikbereichen zu verzahnen.“
       
       9 Dec 2020
       
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