# taz.de -- Klarnamenpflicht auf Plattformen: Wenn Dieter auf Facebook hetzt
> Das Netzwerk Facebook darf Nutzer:innen Pseudonyme verbieten, urteilt ein
> Gericht. Doch hält eine Klarnamenpflicht von Hasspostings ab?
IMG Bild: Facebook darf seinen NutzerInnen Pseudonyme verbieten
Auf den ersten Blick erscheint das Urteil der Richter:innen vom
Oberlandesgericht München logisch: Wenn Menschen im Netz mit ihrem
Klarnamen unterwegs sind, so das Gericht, dann halten sie sich eher an die
Regeln, als wenn sie ein Pseudonym verwenden. Auf [1][Facebook] würden
viele Hasskommentare von Nutzer:innen mit Fantasienamen gepostet. Um
präventiv auf seine User:innen einzuwirken, dürfe das soziale Netzwerk
Pseudonyme verbieten und User:innen löschen, so die Richter:innen am
Dienstag. Zwei Personen hatten gegen Facebook geklagt.
Wie die meisten Befürworter:innen der Klarnamenpflicht, darunter [2][der
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble], liegen auch die Richter:innen einem
Irrtum auf. Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, dass man mit einer
Klarnamenpflicht Hasspostings nicht in den Griff bekommt. [3][In Südkorea
wurde ein 2007 eingeführtes Gesetz] fünf Jahre später wegen Ineffizienz
wieder zurückgenommen. Und Untersuchungen zeigen ganz im Gegenteil, dass
anonymisierte User:innen [4][deutlich weniger strafbare Inhalte im Netz
posten als unter ihrem Klarnamen].
Im Gegenteil scheint das Hetzen mit Klarnamen in Mode gekommen zu sein: Auf
Facebook gehört es mittlerweile zum guten Ton, hetzerische Posts mit
Klarnamen zu etikettieren. Dieter und Hannelore posten, [5][um ihren
„Widerstand“ gegen die vermeintliche Coronadiktatur] zum Ausdruck zu
bringen. [6][Für Menschen, die sich gegen Nazis engagieren], Rechercheure
und viele andere Menschen, die potenzielle Ziele digitaler Gewalt sind, ist
das Verbot des Pseudonyms ein Schlag ins Gesicht.
Abseits des populistischen Kampfbegriffs gäbe es wirksame Mittel, um
effektiver gegen Hatespeech auf sozialen Netzwerken vorzugehen. So müssen
die Strafverfolgungsbehörden stärker im digitalen Raum geschult werden.
[7][Der deutsche Juristinnenbund fordert etwa verpflichtende Fortbildungen]
für Justiz, Staatsanwaltschaft und Polizei – und mehr Personal. Nur wenn
Verbrechen im digitalen Raum nicht länger straflos bleiben, ändert sich
auch das Verhalten der Menschen.
[8][Facebook weiß derweil auch ohne Klarnamen schon sehr viel über seine
Nutzer:innen]. Dieser Datenfundus ist für das Geschäftsmodell entscheidend.
Es ist deshalb unwahrscheinlich, dass der Tech-Konzern nun User:innen mit
Pseudonym löschen wird.
9 Dec 2020
## LINKS
DIR [1] /Populisten-Hochburg-Facebook/!5719912
DIR [2] /Schaeuble-zur-Anonymitaet-im-Netz/!5652364
DIR [3] http://english.chosun.com/site/data/html_dir/2011/12/30/2011123001526.html
DIR [4] https://netzpolitik.org/2016/studie-findet-heraus-anonyme-nutzer-kommentieren-weniger-aggressiv/
DIR [5] /Michael-Blume-ueber-Querdenker-Demos/!5737207
DIR [6] https://netzpolitik.org/2016/gute-gruende-fuer-pseudonymitaet-und-gegen-eine-klarnamenpflicht/
DIR [7] https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Stellungnahmen/2020/Downloads/011720_Stellungnahme_DJB_RefE__Belaempfung-Rechtsextremismus-Hasskriminalitaet.pdf?__blob=publicationFile&v=4
DIR [8] https://www.netzwelt.de/datenschutz/95173_2-facebook-anonym-ohne-klarname.html#fazit
## AUTOREN
DIR Denis Giessler
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