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       # taz.de -- EU-Schutz für Urwälder: Wenn aus Eiche Buche wird
       
       > Die Holzhandelsrichtlinie der EU soll wertvolle Urwälder vor illegalem
       > Einschlag schützen. Das klappt so mittel bis gar nicht.
       
   IMG Bild: Wälder sind weiter in Gefahr: Ein Aktivist in einem Naturschutzgebiet im Norden von Bukarest
       
       Berlin taz | Der gelernte Tischler Johannes Zahnen streift gerne durch
       Möbelhäuser und entdeckt dort immer wieder falsch deklarierte Möbel.
       Zuletzt fand er in einem Markt des Dänischen Bettenlagers einen Tisch,
       dessen Beine offensichtlich aus dem Holz des Amberbaums bestanden und
       nicht, wie angegeben, aus Ahorn. Das Unternehmen zahlte für die falsche
       Angabe eine Strafe von 30.000 Euro wegen Verbrauchertäuschung, ohne sich
       gegen den Vorwurf zu wehren, geschwindelt zu haben. Und auch auf Nachfrage
       äußert es sich nicht zu dem Vorgang.
       
       Zahnen ist nicht nur Tischler, sondern auch Holz- und Papierexperte der
       Umweltorganisation WWF. „Falschdeklarationen weisen oft auf Holz aus
       illegalen Quellen hin“, sagt er. So würden etwa in den Karpaten häufig
       geschützte Wälder gefällt. Tauche ein als „Eiche“ deklariertes Möbel aus
       Buchenholz auf, müsse man verfolgen, woher das Holz stamme.
       
       Dabei dürfte es illegal geschlagenes Holz in der EU gar nicht geben. Seit
       2013 müssen Importeure laut der Europäischen Holzhandels-Richtline (EUTR)
       nachweisen, dass ihre Ware aus legalen Quellen stammt. Damit wollte die EU
       [1][tropische Regenwälder schützen], aber auch Urwälder in Europa, etwa in
       Rumänien. Am Donnerstag endete ein Konsultationsverfahren, mit dem die
       EU-Kommission überprüft, ob EUTR wirkt.
       
       Das Urteil von Umweltverbänden ist klar: „In Deutschland leidet das Gesetz
       unter der lausig schlechten Umsetzung durch die zuständige Bundesanstalt
       für Landwirtschaft und Ernährung“, sagt Zahnen. „Obwohl der WWF bei
       Marktanalysen ständig falsch deklarierte Produkte findet und die BLE
       darüber informiert, gibt es seit 2013 keinen relevanten Gerichtsfall.“
       
       ## Hohe Korruptionsrisiken
       
       Die Behörde verteidigt sich damit, dass es von den Gesetzen des
       Ursprungslandes abhänge, ob das gelieferte Holz illegal geschlagen ist. Sie
       verweist auf teils hohe Korruptionsrisiken. Im Jahr 2019 habe die Behörde
       264 Holzlieferanten kontrolliert und 146 Verstöße festgestellt. Damit sei
       „Deutschland EU-weit das Land mit den häufigsten Kontrollen“, so die BLE.
       Aktiv sind auf dem Markt etwa 30.000 Unternehmen.
       
       Für Fenna Otten, Tropenwaldreferentin bei Robin Wood, besteht das größte
       Problem darin, dass die Holzrichtilinie in den Mitgliedsländern sehr
       unterschiedlich umgesetzt wird. „Sobald Holz einmal in der EU ist, gibt es
       keine effektiven Kontrollen mehr.“ Und viele Holzprodukte – etwa bedrucktes
       Papier [2][oder Grillkohle – fielen überhaupt nicht unter die Richtlinie].
       
       Inzwischen hofft Zahnen gar nicht mehr, Möbelhändler mit dem
       Holzhandelsgesetz EUTR für Falschdeklarationen erfolgreich vor Gericht zu
       bringen. „Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb ist viel effektiver“, ist
       seine Erfahrung.
       
       26 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
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