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       # taz.de -- Einkaufen als „patriotischer“ Akt: Solidarisch shoppen reicht
       
       > Wirtschaftsminister Altmaier spricht vom Einkaufen als „patriotische
       > Aufgabe“. Eine schräge Wortwahl, doch Solidarität mit Geschäften ist
       > notwendig.
       
   IMG Bild: Die Umsätze in den Fußgängerzonen sind um 30 Prozent geschrumpft
       
       Die Formulierung ist problematisch: Der „Erhalt des stationären Handels ist
       eine nationale, ja auch eine patriotische Aufgabe“, lässt sich
       Wirtschaftsminister [1][Peter Altmaier] (CDU) in der Bild zitieren. Ja
       sogar: Der stationäre Einzelhandel sei „Teil unserer Identität,
       Leitkultur“. Puh. Wem dieser nationalistische Sound nicht schmeckt, neigt
       wohl dazu, auch Altmaiers Aussage abzulehnen. Dabei ist diese im Kern
       richtig: Die Beschlüsse von MinisterpräsidentInnen und Kanzlerin sind
       tatsächlich eine harte Belastung für Zehntausende [2][HändlerInnen] und
       ihre Beschäftigten.
       
       Das Geschäft läuft 2020 eh schon mies. Der Minilockdown vom November hat
       die Welle zwar nicht genügend gebrochen, aber die Umsätze in den
       Fußgängerzonen sind um 30 Prozent geschrumpft, weil potenzielle KäuferInnen
       Infektionsgefahr am Wühltisch wittern. Als Folge sollen nun weniger
       KundInnen mehr Abstand beim Shoppen halten – ausgerechnet im
       Weihnachtsgeschäft. Die Verschärfungen für den Einzelhandel sind ein wenig
       hilflos, weil nicht klar erwiesen ist, dass man sich im Warenhaus vermehrt
       ansteckt. Aber: Im Prinzip sind sie richtig, weil weniger Kontakt die
       Pandemie einhegt.
       
       Also ist [3][Altmaiers Appell] nicht ganz falsch: Powershoppen als Akt der
       Unterstützung für den Händler nebenan, am besten natürlich den mit
       ökologisch produzierten regionalen Produkten. Das ist keine Deutschtümelei,
       sondern nachhaltig. Nicht ganz zufällig bestreikt Verdi gerade mal wieder
       den Krisenprofiteur Amazon. Einerseits zahlt die Onlinekrake Minilöhne für
       die Beschäftigten und Zwergensteuern in Europa, andererseits verdreifachte
       Konzernchef Jeff Bezos allein im vergangenen Quartal seinen Gewinn: Amazons
       Geschäftsmodell saugt den Sozialstaat aus, Paketflut und Emissionen noch
       gar nicht eingerechnet.
       
       Amazon, Zalando oder Bringmeister prinzipiell problematisch finden – und
       trotzdem online shoppen: Das ist für viele Alltag, das ist die Crux der
       HändlerInnen. Ihre Befürchtungen, dass die Beschlüsse von Bund und Ländern
       den Onlineriesen noch mehr KundInnen in die Arme treiben, sind deshalb
       leider berechtigt. Hilfe bringen den „Local Dealers“ nur eigene
       Onlineshops, besserer Service, bessere Produkte, günstigere Preise.
       
       Altmaiers Vorschlag, die Ausfälle der Offliner mit mehr verkaufsoffenen
       Post-Corona-Sonntagen auszugleichen, führt aber in die Irre. Mehr Umsatz
       ist bei kaum steigenden Löhnen nicht zu holen. Und mehr Wochenendarbeit
       klingt wie ein weiterer Angriff auf die Gesundheit der Beschäftigten, von
       denen viele eh derzeit mit Furcht vor der Seuche an der Kasse stehen.
       
       26 Nov 2020
       
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