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       # taz.de -- Nach Terroranschlag in Wien: Mehr Schutz für Religionsstätten
       
       > Vieles deutet darauf hin, dass der Attentäter des Anschlags in Wien doch
       > Teil eines Netzwerkes war. Österreich will religiöse Orte besser
       > schützen.
       
   IMG Bild: Ein österreichischer Militärpolizist nahe der Synagoge im Wiener Stadtzentrum am 2. November
       
       Wien taz | Der Attentäter von Wien könnte gezielt Gläubige in religiösen
       Einrichtungen im Visier gehabt haben. Das hat Österreichs Innenminister
       Karl Nehammer (ÖVP) am Donnerstag in Wien bei einer Pressekonferenz
       mitgeteilt. Der 20-jährige Kujtim F. hatte am 2. November [1][in der Wiener
       Innenstadt vier Menschen erschossen] und etwa 20 weitere verletzt. Er
       selbst wurde kurz darauf von der Polizei getötet.
       
       Noch in der Tatnacht hatten Spezialeinheiten der Polizei bei [2][Razzien im
       Bekanntenkreis] des Attentäters mehr als ein Dutzend mutmaßliche
       Sympathisanten des Dschihadismus festgenommen. Allein bei zehn
       Terrorverdächtigen wurden dabei 50 Mobiltelefone gefunden. Für Ermittler
       ist das ein deutlicher Hinweis, „dass die Männer nicht nur Tee getrunken
       haben, wie sie bisher behaupten“.
       
       So viele Handys würden auf konspirative Gespräche von Betroffenen schließen
       lassen. Die vollständige Auswertung werde noch mehrere Wochen dauern. Ein
       Zwischenbericht wurde für kommende Woche in Aussicht gestellt.
       
       Schon vor einigen Tagen wurde bekannt, dass der Attentäter mit
       [3][albanisch-nordmazedonischem Migrationshintergrund] zwei Tage vor der
       Tat einen Einbruch in seinem Keller gemeldet hatte. Als sein
       Mobilfunk-Provider ihn dann per SMS verständigte, dass die Polizei seine
       Koordinaten aufgenommen habe, dürfte er das nicht mit dem Einbruch, sondern
       mit dem geplanten Attentat in Verbindung gebracht und die Anschläge in
       Panik vorverlegt haben.
       
       Angesichts geschlossener Kirchen und Synagogen rannte er dann wohl planlos
       durch die Gegend und feuerte auf alle, die seinen Weg kreuzten. Einen
       ausgeklügelten Plan konnte man auf den ersten Eindruck nicht vermuten.
       
       ## Möglicherweise doch kein Einzeltäter
       
       Chatverläufe, SMS und Fotos auf den sichergestellten Handys könnten aber
       jetzt den Verdacht bestätigen, dass der in Österreich geborene Täter [4][in
       ein Netzwerk eingebunden], also kein Einzeltäter war. Innenminister
       Nehammer blieb aber vage. Es könne „nicht ausgeschlossen werden“, dass „der
       Terrorist seine Opfer bewusst in Kirchen suchen wollte“.
       
       Diese Hinweise werden jedenfalls als konkret genug betrachtet, dass Kirchen
       und Synagogen verstärkter Polizeischutz zuteilwird. Die Sicherheitsbehörden
       hätten mit den Religionsgemeinschaften Kontakt aufgenommen und Empfehlungen
       abgegeben.
       
       Franz Ruf, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, ließ wissen,
       dass seine Leute „offen und verdeckt“ in Kirchen Präsenz zeigen würden.
       Nehammer: „Wir werden uns nicht spalten lassen.“ Dem Terroristen sei es
       nicht gelungen, gläubige und nichtgläubige Menschen gegeneinander
       auszuspielen.
       
       [5][Über das Behördenversagen] zeigte sich Nehammer wenig auskunftsfreudig.
       So ist nicht geklärt, warum sein Ministerium einen Hinweis des slowakischen
       Geheimdienstes über einen gescheiterten Munitionskauf des späteren
       Attentäters in Bratislava nicht verfolgt hat. Nach einem Treffen in Wien
       mit Gesinnungsgenossen aus Deutschland und der Schweiz stellte die Polizei
       sogar die Observierung des Dschihadisten ein.
       
       Auch weiß man noch nicht, wie der mit einer nachgebauten Kalaschnikow,
       einer Pistole, einer Machete und einer Sprengstoffgürtelattrappe
       ausgerüstete Attentäter [6][in die Innenstadt] gekommen war. Ein
       Uber-Fahrer will ihn identifiziert haben. Aber die Polizei schließt auch
       nicht aus, dass er von einem Freund gefahren wurde. Nicht einmal die Quelle
       für den Waffenkauf ist bekannt.
       
       26 Nov 2020
       
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