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       # taz.de -- Corona-Sondersitzung der Landesregierung: Weihnachten im kleinen Kreis
       
       > Senat lässt die anderswo geltende Feiertagslockerung nicht zu.
       > Einschränkungen gehen absehbar bis Januar weiter. Maskenpflicht auf
       > belebten Straßen.
       
   IMG Bild: Regierungschef Müller (M.) stellte die Beschlüsse mit den Senatsmitgliedern Pop und Lederer vor
       
       Berlin taz | Berliner werden die Feiertage in kleinerem Kreis als die
       meisten anderen Menschen in Deutschland verringern müssen: Die von den
       Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin am Mittwoch vereinbarte
       Lockerung vom 23. Dezember bis zum 1. Januar, derzufolge sich nicht nur
       fünf, sondern bis zu zehn Menschen plus jüngere Kinder treffen dürfen, gilt
       in der Hauptstadt nicht. Das hat der rot-rot-grüne Senat bei einer
       Sondersitzung am Donnerstagnachmittag beschlossen. Die derzeitige Lage, in
       der Berlin bei den Infektionen weit über dem Bundesdurchschnitt liegt,
       lasse eine Lockerung nicht zu.
       
       „Wir müssen einen langen Atem haben, um gemeinsam durch diese lange
       Pandemie zu kommen“, sagte Regierungschef Michael Müller (SPD) nach der
       Sitzung vor Journalisten. Man habe in den vergangenen Wochen viel erreicht,
       die Situation sei „nicht aus dem Ruder gelaufen“. Dennoch seien die
       Infektionszahlen weiter viel zu hoch. Laut Wirtschaftssenatorin Ramona Pop
       (Grüne), die mit Müller und Kultursenator Klaus Lederer (Linkspartei) die
       Beschlüsse vorstellte, ist etwa an Lockerung bei Kulturveranstaltungen vor
       Jahresende nicht zu denken – „wir müssen erst in den Bundesdurchschnitt
       kommen.“
       
       Im Kern verlängerte der Senat sämtliche seit Anfang November geltenden
       Maßnahmen – wozu auch gehört, dass anders als anderswo in Deutschland
       Kinder bis zwölf Jahren in maximal zehnköpfigen Trainingsgruppen zusammen
       sporteln dürfen. Verschärfend kommt eine ausgeweitete Maskenpflicht hinzu.
       Mund und Nase sind nun auch auf Parkplätzen, in Warteschlangen und „im
       unmittelbaren Umfeld von Einzelhandelsgeschäften, Dienstleistungs- und
       Handwerksbetrieben“ zu bedecken – was einfache ausgedrückt heißen soll: vor
       deren Ein- und Ausgängen. Laut Müller gilt das für jegliche belebtere
       Straße. In seiner Presseerklärung zu den neuen Regeln appelliert der Senat
       grundsätzlich an die Bürger, „die eigene Häuslichkeit nur aus wichtigen
       Gründen zu verlassen.“
       
       Etwas genaueres Lesen ist bei den Kontaktbegrenzungen nötig: Vor
       Weihnachten und nach dem Neujahrstag gilt in Berlin: Höchstens fünf
       Menschen aus zwei Haushalten dürfen zusammen kommen, Kinder bis zwölf
       Jahren zählen dabei nicht mit. Ab dem 23. Dezember gilt zwar bis zum 1.
       Januar nicht die doppelte Personenzahl wie in Restdeutschland, aber
       zumindest ein kleineres Feier-Zugeständnis: Dann werden wie auch anderswo
       Kinder bis 14 Jahren nicht mitgezählt, außerdem ist die Zahl der Haushalte
       nicht auf zwei begrenzt. Hotelübernachtungen für Familienbesuch an den
       Feiertagen – und ausdrücklich nicht für touristische Zwecke – sind Müller
       zufolge erlaubt.
       
       ## Böller-Frage ist noch offen
       
       Senatorin Pop erklärte die von Kanzlerin und Ministerpräsidenten
       beschlossene geringere Kundenzahl in großen Geschäften am Donnerstag
       genauer: Die neue Regel, wonach bei Läden über 800 Quadratmetern anders als
       bei kleineren nicht ein Kunde pro zehn, sondern pro 20 Quadratmeter
       erlaubt, gilt demnach erst ab dem 801. Quadratmeter. Bei einem 1.600
       Quadratmeter großen Geschäft würde das 120 Kunden bedeuten, nicht etwa nur
       80 – was ja dasselbe wäre wie bei einem 800-Quadratmeter-Geschäft.
       
       Noch offen ist, wie konkrete Einschränkungen zum Böllern an Silvester
       aussehen werden. Damit will sich laut Müller, der eine bundesweit
       einheitliche Lösung anstrebt, nochmals die Ministerpräsidentenkonferenz
       befassen, die bereits am 2. Dezember wieder tagt. Grünen-Fraktionschefin
       Antje Kapek hatte vor der Senatssitzung gefordert, das Böllern nur zwei
       Stunden über den Jahreswechsel und nicht wie sonst von 22 bis 6 Uhr zu
       erlauben.
       
       Zum Thema Schule machte Müller deutlich: „Der Präsenzunterricht (also mit
       der ganzen Klasse im Klassenraum, Anm.d. taz) ist für uns von
       herausragender Bedeutung.“ Dennoch sollen bei mehr als 200 Neuinfektionen
       pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen die Schulen selber entscheiden
       können, ob sie stattdessen wechselweise nur die halbe Klasse in die Schule
       holen oder teils digital unterrichten.
       
       Kultursenator Lederer bat auch angesichts der jüngsten Todeszahlen – allein
       in der vergangenen Woche starben nach offiziellen Zahlen in Berlin über 100
       Menschen im Zusammhang mit Corona – um Verständnis dafür, dass die
       Einschränkungen absehbar bis in den Januar hinein gelten würden. Er
       berichtete, dass Baden-Württemberg bereits entschieden habe, alle
       Landestheater bis zum 31. Januar zu schließen.
       
       ## Lederer: An Lockerung nicht zu denken
       
       Man plane, arbeite und überlege – aber solange man wie gegenwärtig
       „alarmierende Zahlen“ habe, ist laut Lederer an eine Lockerung nicht zu
       denken. Sein Fazit: „Bei aller Relevanz von Kunst und Kultur: Da wird die
       Welt auch nicht dran sterben, dass wir jetzt ein paar Augenblicke haben, wo
       das nicht so laufen kann, wie wir uns das vorgestellt haben.“
       
       26 Nov 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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