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       # taz.de -- Regierung beschließt neuen Lockdown: Stille Nacht schon ab Mittwoch
       
       > Die Läden machen dicht, die Schulen auch. Ministerpräsident*innen und
       > Bundeskanzlerin sind sich einig: Jetzt muss es schnell gehen.
       
   IMG Bild: „Gezwungen zu handeln“: Angela Merkel bei der Pressekonferenz nach dem Corona-Gipfel am Sonntag
       
       Berlin taz | Keine stundenlangen Beratungen, kein Ausscheren einzelner
       Bundesländer, auch keine Seitenhiebe mehr gegen Länderkolleg*innen oder die
       Kanzlerin. Am Sonntag um 10 Uhr kamen die Ministerpräsident*innen mit der
       Bundesregierung zusammen. Nicht einmal eine Stunde später traten sie an die
       Öffentlichkeit und verkündeten den Weihnachtslockdown.
       
       [1][Zum Eindämmen der sich rasant ausbreitenden Coronapandemie] haben sich
       Bund und Länder darauf geeinigt, das öffentliche und private Leben in
       Deutschland drastisch herunterzufahren. Bereits ab Mittwoch soll der
       Einzelhandel bis einschließlich zum 10. Januar schließen. Von den
       Schließungen ausgenommen sind nur Geschäfte des täglichen Bedarfs, also
       Lebensmittelmärkte, Drogerien, und Apotheken. Auch Wochenmärkte,
       Tankstellen und Weihnachtsbaumhändler dürfen öffnen. Friseure,
       Kosmetikstudios und ähnliche Betriebe hingegen sollen ebenfalls ab Mittwoch
       für fast vier Wochen schließen. Für den gesamten Lockdown gilt ein striktes
       Alkoholverbot im öffentlichen Raum.
       
       In diesem Zeitraum wird zudem bundesweit an Schulen die Präsenzpflicht
       aufgehoben und nur noch eine Notfallbetreuung angeboten. Der Unterricht
       soll – wenn überhaupt möglich – auf Distanzlernen umgestellt werden. Ebenso
       wird in Kitas verfahren: Nur wenn es für Eltern aus beruflichen Gründen gar
       nicht anders geht, dürfen sie ihre Kinder zur Betreuung abgeben. Für alle
       anderen gilt: Die Kinder sollen zu Hause bleiben.
       
       Der seit Anfang November geltende Teillockdown hat „nicht gereicht“,
       begründete Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Anschluss der Gespräche den
       harten Lockdown für die kommenden fast vier Wochen. Das exponentielle
       Wachstum der Coronaneuinfektionen habe eine Zeit lang gestoppt werden
       können. Dann sei eine „Seitwärtsbewegung“ eingetreten, seit einigen Tagen
       gebe es wieder ein exponentielles Wachstum. [2][Schon jetzt sei das
       Gesundheitssystem „sehr stark belastet“], zum harten Lockdown gebe es daher
       keine Alternative. „Wir sind zum Handeln gezwungen und handeln jetzt auch“,
       sagte die Kanzlerin.
       
       ## Die stille Weihnachtszeit als Chance
       
       Tatsächlich hat sich die Pandemielage in den vergangenen Tagen dramatisch
       verschärft. Am Sonntagmorgen meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) 20.200
       neue Corona-Infektionen und 321 neue Todesfälle. Am Sonntag zuvor waren es
       noch 17.767 neue Fälle und 255 Todesfälle gewesen. [3][Am vergangenen
       Freitag war mit fast 30.000 Neuinfektionen und fast 600 Todesfällen] der
       bisherige Höchststand erreicht worden.
       
       „Corona ist außer Kontrolle geraten“, sagte Bayerns Regierungschef Markus
       Söder (CSU) am Sonntag und warnte: „Wenn wir nicht aufpassen, wird
       Deutschland schnell das Sorgenkind in ganz Europa. Deswegen mussten und
       müssen wir handeln.“ Das Ziel müsse bleiben, dass Kontaktnachverfolgung
       wieder möglich werde, betonte Merkel. Dafür müsse es gelingen, die
       7-Tage-Inzidenz wieder unter 50 zu drücken. Weil es dauere, bis die
       Maßnahmen wirkten, geht Merkel davon aus, dass die Zahlen bis Weihnachten
       weiter steigen werden.
       
       Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) rief dazu
       auf, die ohnehin stillere Weihnachtszeit „zu nutzen, um mit Herunterfahren
       des öffentlichen Lebens eine deutliche Senkung der Infektionszahlen zu
       erzielen“.
       
       Daher halten Bund und Länder an der seit Anfang November geltenden Regel
       fest, die privaten Kontakte auf maximal fünf Personen aus zwei Hausständen
       zu beschränken. Nur während der Weihnachtsfeiertage zwischen dem 24. bis
       26. Dezember können über den eigenen Hausstand hinaus „vier weitere
       Personen aus dem engsten Familienkreis“ eingeladen werden. Bund und Länder
       appellierten in ihrem gemeinsamen Papier zugleich an die Verantwortung
       jedes einzelnen, „Kontakte in den fünf bis sieben Tagen vor Familientreffen
       auf ein absolutes Minimum zu reduzieren“.
       
       Mit dem harten Lockdown entfallen auch die Pläne einiger Bundesländer, den
       Bürgern für Familienbesuche über Weihnachten Übernachtungen in Hotels zu
       erlauben. Die Pläne seien vom Tisch, betonte der nordrhein-westfälische
       Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Treffen an Weihnachten seien auf die
       engsten Familienkreis beschränkt. Besuche in Pflege- und Altersheimen
       sollen, anders als in Frühjahrslockdown, aber möglich sein. Besucher müssen
       allerdings negativen Test vorlegen.
       
       ## Silvester ohne Böller
       
       Von Reisen wird insgesamt abgeraten. „Bleiben Sie sofort, wenn es irgendwie
       möglich ist, zu Hause“, bat Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von
       Schleswig-Holstein. Mit Blick auf den befürchteten Massenansturm auf die
       Geschäfte, wenn sie am Montag und Dienstag noch geöffnet sind, sagte
       Günther: „Machen Sie davon wirklich nur im Ausnahmefall Gebrauch.“ In
       diesem Jahr gebe es gute Gründe, wenn Geschenke weniger glanzvoll
       ausfallen.
       
       Weitreichend sind auch die Beschlüsse rund um Silvester und dem
       Neujahrstag. Dann gilt bundesweit ein Versammlungsverbot. Und: [4][Erstmals
       in der Geschichte der Bundesrepublik wird es de facto auch ein
       Feuerwerksverbot geben.] Die Kommunen werden angewiesen, Plätze zu
       definieren, auf denen Böllern verboten wird, heißt es in dem Beschluss.
       Zugleich wird aber generell der Verkauf von Pyrotechnik vor Silvester
       verboten. Wo dies doch verfügbar sein sollte, wird vom Zünden dringend
       abgeraten.
       
       Söder schloss nicht aus, dass der Lockdown über den 10. Januar hinaus
       verlängert wird. Über das weitere Vorgehen soll am 5. Januar entschieden
       werden.
       
       13 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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