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       # taz.de -- LGBTQ-feindliches Gesetz in Ungarn: Status zweiter Klasse
       
       > Ungarn beschneidet per Verfassungsreform erneut die Rechte für LGBTQ.
       > Selbst Fidesz-Anhänger:innen sehen die sexuelle Orientierung als
       > Privatsache an.
       
   IMG Bild: Das trans* Paar Elvira Angyal und Tamara Csillag bei ihrer Hochzeit in Ungarn im November
       
       Ungarns Regierungschef Viktor Orbán kann einem fast schon leidtun. Nachdem
       sich der selbst ernannte Retter des christlichen Abendlands an
       Geflüchteten, dem US-Milliardär Georges Soros, Bürgerrechtsorganisationen
       und angeblich zu liberalen Universitäten vergriffen hat, knöpft er sich
       jetzt noch LGBTQ vor. Das Motto lautet: Diesen Menschen die Hölle auf Erden
       bereiten.
       
       [1][Nichts anderes bedeuten die Verfassungszusätze], die am Dienstag im
       Parlament abgenickt wurden. „Die Mutter ist eine Frau, der Vater ein Mann“,
       wird künftig im ungarischen Grundgesetz stehen. Weiter heißt es, dass
       Kinder gemäß der Werte, die auf Ungarns verfassungsmäßiger Identität und
       christlicher Kultur basieren, zu erziehen seien. Und: Auch die Bestimmung,
       dass das Geschlecht eines Menschen „anhand primärer Geschlechtsmerkmale und
       Chromosomen“ einmalig bei der Geburt festgestellt wird, [2][die in diesem
       Jahr bereits in ein Gesetz gegossen wurde], bekommt Verfassungsrang.
       
       Angesichts dieses Pakets, das als Synonym für geballte Menschenverachtung
       steht, geht unter LGBTQ die nackte Angst um – zu Recht. Denn jetzt wird ihr
       Status als Menschen zweiter Klasse endgültig festgeschrieben. Bis jetzt
       konnten einige die Hoffnung haben, gegen entsprechende Gesetze vorgehen zu
       können – eine Möglichkeit, die durch die Abschaffung der ungarischen
       Gleichstellungsbehörde EBH in diesem Jahr bereits erschwert wurde. Doch
       jetzt geht es um Verfassungsrecht und ergo ans Eingemachte.
       
       Interessant ist, dass selbst Fidesz-Anhänger nicht viel mit Orbáns Feldzug
       anfangen können. Laut einer Umfrage des ungarischen Medieninstituts Median,
       die die Wochenzeitung HGV veröffentlichte, halten 73 Prozent die sexuelle
       Orientierung für eine reine Privatsache.
       
       So bleibt wohl nur noch der Weg vor den Europäischen Gerichtshof für
       Menschenrechte. Im vergangenen Sommer sprach der einem nach Ungarn
       geflüchteten trans Mann das Recht zu, in seine Ausweisdokumente das
       Geschlecht „männlich“ eintragen zu lassen. Bis jetzt weigern sich Ungarns
       Behörden, das umzusetzen.
       
       Das ficht Orbán nicht an. Schließlich hat er ja gerade erfolgreich
       geschafft, [3][den viel gepriesenen Rechtsstaatsmechanismus der EU
       auszuhebeln]. Da komme doch bitte keiner in Brüssel auf die Idee,
       europäische Werte predigen zu wollen.
       
       15 Dec 2020
       
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