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       # taz.de -- Kinderschutz nach Lügde: Der Fehler liegt im System
       
       > Der Abschlussbericht zum Missbrauchsskandal von Lügde gibt vernünftige
       > Empfehlungen. Sie reichen aber nicht aus, um Behördenversagen zu
       > verhindern.
       
   IMG Bild: Schweigeaktion in Hameln für die „Kinder von Lügde“ im März 2019
       
       Geht es um Kinderschutz, dann ist „Lügde“ mittlerweile zum geflügelten Wort
       geworden: Darf sich nicht wiederholen. Muss daraus gelernt werden. 2019
       wurde bekannt, dass [1][auf einem Campingplatz in dem
       nordrhein-westfälischen Ort Kinder über Jahre sexuell ausgebeutet] worden
       waren. Einer der Haupttäter wurde, trotz mehrerer Warnhinweise, vom
       zuständigen Jugendamt zum Pflegevater für ein kleines Mädchen aus
       Niedersachsen bestellt.
       
       Zwar bescheinigten Ermittlungen den JugendamtsmitarbeiterInnen später kein
       strukturelles Versagen, sondern „nur“ schwere Fehler. Doch spätestens seit
       dem „Gartenlaubenskandal“ von Münster, wo das Jugendamt ebenfalls eine
       krasse Fehleinschätzung traf hinsichtlich der Gefahr, die Kindern im
       familiären Umfeld drohte, ist klar: Der Fehler liegt (auch) im System, in
       den Behörden.
       
       Eine Expertenrunde aus Niedersachsen hat nun die Abläufe in Jugendämtern
       untersucht; [2][am Mittwoch legte sie ihren Abschlussbericht vor]. Ihre 44
       Vorschläge an die niedersächsische Landesregierung klingen so vernünftig
       wie banal: Jugendämter benötigten speziell für den Umgang mit jungen
       Menschen und für die Kinderschutzarbeit geschulte Fachkräfte. Es müsse
       sichergestellt werden, dass diese auch bei jeder Gefährdungsbeurteilung
       hinzugezogen werden. Durch Fort- und Weiterbildungen könne dem
       Fachkräftemangel begegnet werden.
       
       In den Ämtern müsse ferner eine Kultur etabliert werden, in der es möglich
       sei, getroffene Entscheidungen kritisch zu hinterfragen. Schließlich müsse
       die Zusammenarbeit mit Polizei und Jugendgerichten institutionalisiert
       werden, im Sinne einer „Verantwortungsgemeinschaft“.
       
       All diese Vorschläge sind wichtig. Sinnvoll ist auch, dass der
       niedersächsische Landtag bei den Empfehlungen nicht haltmacht, sondern eine
       Enquetekommission für mehr Kinderschutz eingesetzt hat. Doch statt über
       einzelne Behördenstrukturen in den Ländern zu diskutieren, wäre eine
       flächendeckende Qualitätsoffensive, ja eine Reform nötig, inklusive einer
       zentralen Kindeswohlstelle. Für jedes Bundesland.
       
       18 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Untersuchungsausschuss-nach-Luegde-Fall/!5684752
   DIR [2] https://www.mj.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/abschlussbericht-der-lugde-kommission-vorgestellt-195553.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nina Apin
       
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