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       # taz.de -- Verteidigungsausgaben in Griechenland: Athen rüstet massiv auf
       
       > 2021 werden die Verteidigungsausgaben Griechenlands um 30 Prozent
       > angehoben. Über die Jahre sollen zudem Milliarden Euro ins Militär
       > gesteckt werden.
       
   IMG Bild: Das griechische Militär während einer Militärübung in der Nähe der Insel Kastellorizo
       
       Athen taz | Nie war er ganz erloschen – der Jahrhunderte andauernde Streit
       zwischen den Nachbarländern Griechenland und der Türkei. In guten Zeiten
       brodelt er hintergründig. In schlechten Zeiten werden die [1][Spannungen
       zwischen Athen und Ankara ganz offen] ausgetragen. Jetzt rüstet
       Griechenland massiv auf. Am Dienstagabend hat das griechische Parlament den
       Haushalt für das kommende Jahr beschlossen. Vorgesehen sind darin auch
       Militärausgaben, die im kommenden Jahr auf 5,4 Milliarden Euro angehoben
       werden – das ist über ein Drittel mehr als im letzten Jahr.
       
       Ein insgesamt 11,5-Milliarden-Euro schwerer Aufrüstungsplan sieht außerdem
       in den nächsten Jahren die Modernisierung der griechischen Streitkräfte
       vor. So sollen unter anderem 18 französische Kampfflieger des Typs „Rafale“
       und vier neue Fregatten sowie vier amerikanische „Seahawk“-Hubschrauber
       gekauft werden. Das Personal soll um 15.000 Männer und Frauen verstärkt
       werden. Denn Griechenlands Armee ist mit 107.000 aktiven Soldaten
       wesentlich kleiner als das Heer der Türkei mit 435.000. Als Grund für die
       massiven Aufrüstungspläne nennt der griechische Regierungschef Kyriakos
       Mitsotakis die andauernden Spannungen mit der Türkei im östlichen
       Mittelmeer.
       
       Immer wieder passieren Forschungs– und auch Kriegsschiffe das Gebiet,
       welches von Athen nach Regeln der UNO-Seerechtskonvention als
       ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) Griechenlands ausgelegt wird. Die AWZ
       definiert, welches Land wo nach Bodenschätzen forschen darf. Seitdem unter
       dem Meeresgrund des östlichen Mittelmeers Öl- und Gasquellen vermutet
       werden, verschärft sich der Konflikt zwischen der Türkei und Griechenland
       stetig. Aktuell entlässt die Türkei immer wieder Forschungs- und
       Bohrschiffe in jenes Gebiet.
       
       Im August etwa bewegte sich das Forschungsschiff „Oruc Reis“ weit südlich
       [2][der griechischen Inseln Rhodos und Kastelorizo]. Es wurde von Schiffen
       der türkischen Marine begleitet – eine heftige Provokation. Griechenland
       entsandte unverzüglich Fregatten, um die Eindringlinge aufzuhalten. Dabei
       stieß ein griechisches Kriegsschiff mit einem türkischen zusammen – es
       hätte weit schlimmer kommen können.
       
       Der EU-Staat und Nato-Partner Griechenland fühlt sich in seinem Konflikt
       mit der Türkei von der EU im Stich gelassen. Immer wieder fordert das Land
       Sanktionen und eine klare Haltung aller EU-Mitgliedsstaaten gegenüber
       Ankara – bisher vergeblich. Die EU droht Ankara zwar mit Strafmaßnamen,
       begründet ihre zögerliche Haltung aber damit, dass die Türkei bei der Suche
       nach Bodenschätzen bislang keine Probebohrungen vorgenommen hat.
       
       Besonders Deutschland scheint es sich mit dem türkischen Präsidenten Recep
       Tayyip Erdoğan nicht verscherzen zu wollen: Die Türkei hat hinsichtlich des
       Flüchtlingsabkommens (EU-Türkei-Deal) und als Käufer von Waffen Einfluss.
       Über ein Drittel aller deutschen Waffenexporte gingen an den Nato-Partner
       Türkei, was von griechischer Seite mehrfach massiv kritisiert wurde.
       
       Die Aufrüstung wurde von den meisten im Parlament begrüßt. Regierungschef
       Kyriakos Mitsotakis verfügt über eine deutliche Mehrheit im Parlament. 158
       Abgeordneten der konservativen Partei Nea Dimokratia stimmten für den
       Haushalt, 142 Abgeordnete des 300-köpfigen Parlaments stimmten dagegen.
       
       Mitsotakis hatte die drastische Erhöhung der Rüstungsausgaben zuvor bereits
       mehrfach angekündigt. So antwortete er auf einem Besuch in Berlin im März
       auf die Frage, warum Griechenland so massiv aufrüste: „Weil die Türkei
       unser Nachbar ist und nicht Dänemark.“
       
       16 Dec 2020
       
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