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       # taz.de -- Mehrweg bei der Müllabfuhr: Kommunen sacken Gelbe Säcke ein
       
       > 50 Städte und Gemeinden stellen ab Januar auf neue Sammelbehälter um.
       > Einige nutzen das, um eine Wertstofftonne einzuführen.
       
   IMG Bild: Sind künftig in vielen Städten Geschichte: Gelbe Säcke für den Verpackungsmüll
       
       Berlin taz | Vom Sack zur Tonne – im neuen Jahr werden mehr als 50 Kommunen
       die Entsorgung von Verpackungsmüll umstellen. Sie verteilen an die
       Haushalte keine Gelben Säcke mehr, sondern stellen ihnen Gelbe Tonnen vor
       die Türen.
       
       „Viele Kommunen stellen die Verpackungssammlung von Sack auf Tonne um, da
       die Gelben Säcke häufig platzen, von Tieren aufgerissen oder verweht werden
       und dann die Plastikabfälle Straßen und Umwelt verschmutzen“, sagt eine
       Sprecherin des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU). Zudem seien die
       Gelben Säcke nur einmal nutzbar und verbrauchten selbst Ressourcen, „die
       Tonne ist hingegen ein typisches Mehrwegbehältnis“, so die Sprecherin.
       
       Einige Kommunen nutzen den Schritt, um die Abfallentsorgung gleich
       grundlegend zu reformieren und erweitern die Gelbe zu einer Wertstofftonne.
       Finanziell lohnt sich das zwar laut VKU momentan nicht – die Entsorgung der
       sogenannten Wertstoffe aus Kunststoff sei deutlich teurer, als sie mit dem
       Restmüll zu verbrennen. [1][Wegen niedriger Rohölpreise und geschlossener
       Exportwege war der Absatz für Sekundärrohstoffe im vergangenen Jahr
       eingebrochen], Granulate aus Recyclingmaterial fanden kaum noch Abnehmer.
       
       Anfang des Jahrzehnts war die „Wertstofftonne“ ein umkämpftes Terrain.
       Kommunale und private Entsorger stritten um den Zugriff auf die Wertstoffe.
       Inzwischen hat das Thema aber deutlich an Brisanz verloren, die Branche
       fordert, mit Inputquoten für Recyclingmaterial in Kunststoffprodukte und
       Vorgaben an die öffentliche Beschaffung überhaupt einen Markt für
       Sekundärkunststoffe zu schaffen.
       
       ## Kunststoff getrennt erfassen
       
       Städte wie Augsburg oder Münster setzen trotzdem darauf, mehr Kunststoffe
       getrennt zu erfassen. Deshalb bekommen die Münsteraner ab Januar nach einer
       einjährigen Übergangszeit keine Gelben Säcke mehr, sondern nur noch Gelbe
       Tonnen. In diesen sollen sie nicht nur wie bisher Verpackungen aus
       Kunststoff oder Metall entsorgen, sondern auch „stoffgleiche
       Nichtverpackungen“, also Dinge aus Kunststoff und Metall.
       
       „Wir beenden jetzt einen Unsinn der Gelben Tonne, den die Bürger sowieso
       nie verstanden haben“, sagt Patrick Hasenkamp, Leiter der
       Abfallwirtschaftsbetriebe (AWM) Münster und Vizepräsident des Verbandes
       kommunaler Unternehmen (VKU). Die Bürger:innen wollten, da ist sich
       Hasenkamp sicher, dass Kunststoffabfall aus ihrem Haushalt so hochwertig
       wie möglich recycelt werde – egal, ob es sich um eine Verpackung handelt
       oder nicht. „Die Sammlung nach Lizensierungen ist nicht mehr zeitgemäß“,
       sagt Hasenkamp, „wir sollten nach Stoffen sammeln.“
       
       Rein rechtlich müssen die Abfallbetriebe aber auch künftig nach
       „Verpackungen“ und „Nichtverpackungen“ unterscheiden. Etwa 12.500 Tonnen
       Kunststoffabfall fallen jährlich in Münster an, davon sind 2.500 Tonnen
       kommunaler Kunststoffabfall – etwa alte Eimer, Butterdosen oder Spielzeug –
       und 10.000 Tonnen Verpackungsabfall. Also dürfen die AWM anteilig 2.500
       Tonnen der Abfälle einsammeln und sortieren und dann an einen
       Verwertungsbetrieb weiterverkaufen. Die übrigen 10.000 Tonnen muss der
       städtische Betrieb einem Dualen System überlassen, das in den meisten
       Fällen die Verwertung ausschreibt.
       
       Für Münster hat derzeit die Ausschreibung Remondis gewonnen. „Ein
       einfacheres System in kommunaler Verantwortung wäre natürlich besser
       gewesen“, sagt Hasenkamp, „aber das war in den vergangenen beiden
       Legislaturperioden nicht durchsetzbar.“ [2][Gerade erst novelliert die
       Bundesregierung das Verpackungsgesetz] und verpasst auch dort wieder einen
       großen Wurf in Richtung Kreislaufwirtschaft.
       
       Vor einigen Jahren waren bei einem Planspiel des Umweltbundesamts, mit dem
       die Vor- und Nachteile der Wertstofftonne ermittelt worden waren, auch
       Elektrogeräte als mögliche Fraktion diskutiert worden. In Münster hatte
       sich das nicht als effektiv erwiesen, weil die Geräte in extra Behälter in
       der Tonne verpackt werden mussten, um zu verhindern, dass die teils
       giftigen Inhaltsstoffe der Föhne, Laptops oder Radios den Kunststoffmüll
       verschmutzen. Getrennt erfasst werden sie – wie gesetzlich vorgeschrieben –
       trotzdem. Allerdings halten Abfallexperten auch das Elektro- und
       Elektronikgerätegesetz für renovierungsbedürftig.
       
       28 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Experten-zu-neuem-Abfallgesetz/!5697788
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       ## AUTOREN
       
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