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       # taz.de -- Schulunterricht zum Thema Klima: Bremen hinkt hinterher
       
       > Mehr Angebote zu Nachhaltigkeit wären sinnvoll, sagen Expert*innen und
       > Klimaschutz-Enquete: Bremen steht im Ländervergleich schlecht da.
       
   IMG Bild: Kann Spaß machen: Umwelt- und Klimaschutz lernen
       
       Bremen taz | Für Anwesende aus Bremen ist es ein Déjà-vu: Bildung –
       mangelhaft. In diesem Fall geht es um Bildung zum Thema Klima: Am Freitag
       beschäftigte sich die [1][Enquetekommission Klimaschutz der Bremer
       Bürgerschaft] mit der Frage, wie solche Wissensvermittlung besser etabliert
       werden kann– insbesondere in der Schule.
       
       Was sich Expert*innen für die Lehrpläne wünschen, beschreibt ein etwas
       sperriger Begriff: „Bildung für nachhaltige Entwicklung“, kurz: BNE.
       Umwelt-, Demokratiebildung und Medienkompetenz sind einige der Inhalte. BNE
       ist weder in der Landesverfassung noch im Schulgesetz verankert. „Bremen
       hat derzeit im Ländervergleich einen der geringsten Bezüge zur BNE“, sagt
       Gerhard de Haan, Leiter des Instituts Futur [2][an der FU Berlin]: So heißt
       dort die erziehungswissenschaftliche Zukunftsforschung.
       
       „Die Kompetenzen, die BNE beschreibt“, fasse das Landesschulgesetz „sehr
       wohl auf“, sagt Isabell Müller, Landeskoordinatorin für BNE bei
       Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD): Schüler*innen „überlegtes
       persönliches, berufliches und gesellschaftliches Handeln entwickeln zu
       lassen“, [3][steht darin]. Bei den Lehrplänen und dem Schulentwicklungsplan
       gebe es in der Tat großen Handlungsbedarf, so Müller, diese würden momentan
       überarbeitet: „Wir sind ganz am Anfang.“
       
       Deshalb konnte sie die Frage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Jens Eckhoff
       auch nicht beantworten, wann genau mit Ergebnissen zu rechnen sei. Müller
       verwies stattdessen auf den „Kongress der Taten“ im Februar, der
       Schüler*innen aufruft, sich konkrete Veränderungen für ihre Schule zu
       überlegen – und umzusetzen. Ob eine Schule sich daran beteiligt, sei aber
       ihr selbst überlassen.
       
       Letztlich komme es auf die Lehrenden an. Schon jetzt böten die Lehrpläne
       Themen an, die rund um den Klimawandel gesponnen werden könnten: Wasser,
       Elektrizität, Sonnenenergie, sagt Müller. „Je nach Lehrkraft geht es dann
       aber nur um Photosynthese, nicht um Solarzellen.“ Von den 142 Schulen im
       Land hätten nur rund sieben einen Klimaschwerpunkt. Häufiger seien da schon
       Aktionen wie Klimatage oder ein Schulgarten.
       
       Die [4][Mitglieder der Enquetekommission] waren sich einig: Es gibt viel
       Nachbesserungsbedarf in der Aus- und Fortbildung von Lehrer*innen. Das
       merkt auch das Klimahaus Bremerhaven, ein außerschulischer Lernort, der
       auch Fortbildungen für Lehrer*innen anbietet. Geschäftsführer Arne Dunker
       hat immer wieder festgestellt, dass nicht alle Lehrkräfte die Besuche im
       Klimahaus begleiten – für viele war so ein Ausflug wohl nur „der klassische
       Wandertag“.
       
       Im Frühjahr 2020 entstand im Klimahaus die Idee, das Fortbildungsangebot zu
       erweitern und ein „Klimabildungszentrum“ zu gründen, erzählt Dunker. Neben
       Wissen soll auch die Kompetenz vermittelt werden, dieses weiterzugeben. Und
       das praxisnah – also zum Beispiel, „wie man an einem Freitag mit
       streikenden Schülern umgeht“, sagt Dunker. Los geht es damit aber
       frühestens 2022.
       
       Um Klimabildung nicht als „Add on“ anzubieten, wie de Haan es nennt, müsse
       sie auch in den Prüfungsordnungen verankert sein. Das bestätigte Sönke
       Hoffmann, Geschäftsführer des Naturschutzbunds (Nabu): In Grundschulen
       komme man mit seinen Angeboten „unkompliziert“ rein – ab Klasse sieben habe
       man inzwischen aufgegeben. „Das war immer ein unglaublicher Kampf“, so
       Hoffmann, „der Lehrplan war zu voll.“ Und wenn es doch klappte, hätten
       Lehrende die Angebote als Freistunde genutzt, statt sie einzubetten in
       einen „stringenten Unterricht“.
       
       Die gesamte Institution Schule – sowie alle anderen Lernorte des Landes –
       rückte am Freitag in den Fokus: „Die müssen Klimaschutz selbst leben“, sagt
       Müller: „Ohne Vorbilder ist die Jugend nicht zu erreichen.“ Und an der
       liegt es nicht: De Haan weiß aus Umfragen, dass sich 40 Prozent der
       Schüler*innen – aber auch der Lehrenden – einen stärkeren Fokus auf
       Klimabildung wünschen.
       
       Deren Wirkung ist indes umstritten: Sie führe zwar zu höherer
       Informiertheit, sagte de Haan – es gebe aber weiter eine große Lücke zum
       Handeln. „Studien sagen, dass die Informierten oft nicht anders handeln als
       die Uninformierten“ – nur seien sie angesichts der immensen
       gesellschaftlichen Aufgabe zusätzlich „hoffnungslos“. Das müsse
       Klimabildung auch adressieren: „Was es braucht“, sagt de Haan, „ist
       gemeinsames lokales Gestalten.“ Damit Menschen lernten: „Ich bin nicht
       allein.“
       
       21 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Bremer-Enquete-Kommission-Klimaschutz/!5667554
   DIR [2] https://www.ewi-psy.fu-berlin.de/einrichtungen/weitere/institut-futur/ueber_uns/MitarbeiterInnen/Gerhard-de-Haan.html
   DIR [3] https://www.transparenz.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen2014_tp.c.149152.de&asl=bremen02.c.732.de&template=20_gp_ifg_meta_detail_d
   DIR [4] https://www.bremische-buergerschaft.de/index.php?id=enquete-klimaschutz
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Götz
       
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