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       # taz.de -- Die Wahrheit: Physisches Gold
       
       > Haben die von der Commerzbank zu viel Neil Young gehört? Oder warum
       > träumt unsere Kolumnistin plötzlich von Onkel Dagobert?
       
   IMG Bild: Kackte schon Kolumbus auf den Kopf: Brieftaube in Aktion
       
       Kürzlich wachte ich auf, in der Annahme, ich sei Dagobert Duck. Der mit dem
       großen Geldspeicher, umgeben einzig von Nichtsnutzen jeglicher
       Schattierung. Ich griff zum Hörer, rief hinein: „Goldmünzen und Goldbarren
       in allen Größen! Physisches Gold! Jetzt ordern!“ Dann drückte ich die
       Schlummertaste. Als ich wieder zu mir kam, war mir klar, dass ich nur
       geträumt hatte.
       
       Der Begriff aber, „Physisches Gold“, der existiert. Er fasziniert mich, er
       treibt mich um. Von der Bank meines Misstrauens, der Commerzbank, wird er
       beworben wie geschnitten Brot oder Aufschnitt fürs Bütterchen des
       Lockdown-Abends. 250 Gramm Barren am Goldstück und wohl mit Prägung in
       Aspik zum Tageskurs für 12.401 Euro, ein halber Krügerrand zum Dessert für
       gut gekühlte 828 Euro. Darauf einen Dujardin – oder doch lieber einen Kilo
       Goldklumpen zu 49.264 Euro.
       
       Physisches Gold: Wie das duftet und glänzt und mich vom protestantischen
       Wege der harten Fronarbeit im Homeoffice-Tunnel, am Spülbecken oder im
       Kleiderschrank langsam, aber körperlich weglotst! Ich spüre es schon, das
       physische Gold, wie es mich im Regen stehen lässt, mal wieder ohne Penunzen
       und mit nix Gescheiten zum Anziehen.
       
       Psychisches Gold: Gibt es das eigentlich auch? Aber ja. Wer schlecht kann
       mit psychischem Gold, der oder die ist darob ein schlechter Verlierer auf
       der Gewinnerstraße bei Monopoly. Eine Unze vom goldenen Känguru kostet dort
       und bei der Commerzbank 1.585,25 Euro. Das ist nur rund ein Zehntel vom
       Wert des unphysischen Golds, dem guten alten Betrüger namens Bitcoin,
       wohnhaft drin im Computer und zu 15.727,17 Euro das Stück.
       
       ## Die Frau von 30,230680 Jahren
       
       „[1][Heart of Gold]“ heißt ein schlichtes Lieblingslied von mir. Neil Young
       singt darin live und 1971, dass er nie aufhört zu suchen nach einem Herz
       aus Gold; dass er schon mal (an einer anderen Songstelle) in Hollywood war
       – und auf Englisch lautet einer der Reime dann „… and I’m getting old“.
       Dabei war Young damals erst junge 26 Jahre alt und hat heute damit
       91.409.622 Aufrufe bei Youtube.
       
       In „Heart of Gold“ ist mein Lieblingsbegriff „Physisches Gold“ aber so was
       von menschlich erklärt. Denn schaut man an seiner Generation und sich
       selbst hinauf und hinunter, muss man nachgerade demütig sagen: Der Mann hat
       recht, physisches Gold unterliegt einem Alterungsprozess, der sich
       gewaschen hat bei, nein, nicht bei 95 Grad, sondern schon irgendwo zwischen
       40 und 60 Grad. Ganz Unverbesserliche legen noch einen Schonwaschgang ein.
       
       Da kann einem Dagobert Duck aka Commerzbank noch so viel ins virtuelle
       Postfach müllen, dass „Physisches Gold“ eine gar „unvergängliche
       Geldanlage“ sei. Darauf aber jetzt doch einen Dujardin, nein, warten Sie,
       lieber einen Crémant „Chateau de Moncontour“, der auf den tieftraurigen
       Roman von Balzac „Die Frau von 30 Jahren“ anspielt. Santé, Gesundheit!
       
       22 Dec 2020
       
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   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=85qJDl0oGd4
       
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