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       # taz.de -- Gericht lehnt Burschenschaft-Antrag ab: Germanen bleiben rechtsextrem
       
       > Die Burschenschaft Germania will nicht im Verfassungsschutzbericht
       > auftauchen. Aber das Verwaltungsgericht Hamburg lässt sie abblitzen.
       
   IMG Bild: Ein Fall für den Verfassungsschutz: Germania-Burschenschaftler 2013 auf dem Balkon ihres Hauses
       
       Hamburg taz | Die Kosten des Rechtsstreites von 5.000 Euro dürfte die
       Hamburger Burschenschaft Germania verkraften können. Die Bewertung durch
       das Hamburger Verwaltungsgericht trifft die schlagende Verbindung
       wesentlich härter. Die Burschenschaft hatte sich gegen die Erwähnung im
       Landesverfassungsschutzbericht gewehrt, die Kammer 15 gab dem Ersuchen nach
       einem Rechtsschutz aber nicht nach. Denn „der Antrag führt in der Sache
       nicht zum Erfolg“, heißt es in dem jüngst veröffentlichten Beschluss.
       
       Im April 2018 hatte die Burschenschaft gegen die Berichterstattung Klage
       eingereicht. Ihr Ziel: nicht mehr in den Berichten auftauchen. „Das ist der
       Sinn der Klage“, bestätigte Stefan Böhmer, Rechtsanwalt der Burschenschaft,
       damals der taz. Von ihrem Ziel sind die Burschenschaftler nach dem
       Beschluss vom 14. Dezember 2020 nun weit entfernt.
       
       Schon 1991 wies das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) auf rechtsextreme
       Beziehungen der Burschenschaft hin – allerdings nur in einem internen
       Bericht. Im November 2013 stufte das LfV die Burschenschaft erneut als
       Beobachtungsobjekt ein. Auf die Klage angesprochen, verweist der
       Pressesprecher des LfV zu dieser Zeit, Marco Haase, auf eine alte
       Pressemitteilung und einen früheren Jahresbericht.
       
       In beiden Darstellungen führt der Verfassungsschutz aus, dass innerhalb des
       Dachverbandes Deutsche Burschenschaften (DB) Bünde in der
       Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG) organisierten seien, die
       „überwiegend nationalistisch-revisionistisch ausgerichtet“ seien und am
       „volkstums-bezogenen Vaterlandsbegriff“ festhielten.
       
       „Verbandsintern“, schreibt der Verfassungsschutz weiter, „wurde wiederholt
       der Vorwurf erhoben, einzelne Burschenschaften der BG würden
       rechtsextremistische Positionen vertreten. Dazu zählt die Hamburger
       Burschenschaft Germania“. Als weitere Begründung für die Beobachtung führte
       das LfV für das Jahr 2013 an, dass zumindest von Teilen der studierenden
       Mitglieder rechtsextremistische Bestrebungen ausgingen und dieser
       Personenkreis die politische Ausrichtung der Burschenschaft beeinflusse.
       
       Diese Verbindungen machte schon vor dem Landesamt das Hamburger Bündnis
       gegen Rechts immer wieder öffentlich. Die Beziehungen der 1919 gegründeten
       Burschenschaft reichen über die Jahre von der NPD über die Identitäre
       Bewegung bis AfD. Der Asta organisierte schon häufiger Proteste vor dem
       Haus der Germania in der Sierichstraße.
       
       In ihrem fast 30 Seiten starken Schreiben betont die Kammer nicht bloß
       eindeutig, dass das Ersuchen um einen Rechtsschutz „keine erforderliche
       überwiegende Erfolgsaussicht in der Hauptsache“ habe und dass das LfV dem
       Grunde nach berechtigt sei, über die Burschenschaft zu berichten. Kurz: die
       Darstellung der Burschenschaft unter der Kategorie „Rechtsextremistische
       Burschenschaften“ sei juristisch legitim.
       
       Die Kammer führt auch gleich einschlägige Akteure im Beschluss auf, die bis
       in das vergangene Jahr reichen. Ein Beispiel: An 21. Mai 2019 fand in dem
       Burschenschaftshaus der Germanen eine Veranstaltung mit dem Publizist
       Martin Lichtmesz statt, der aus dem Milieu der Identitären Bewegung“ kommt
       und auch eng mit Götz Kubitscheks neurechter Denkfabrik „Institut für
       Staatspolitik“ zusammenarbeitet.
       
       Die Kammer führt neben der regelmäßigen Einladung von Rechtsextremen aber
       auch inhaltliche Positionen der Germanen an. So heißt es beispielsweise: Es
       „sind tatsächliche Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass eine zentrale
       politische Vorstellung der Antragstellerin der 'Erhalt des deutschen
       Volkes’ in seinem ethnischen Bestand ist und ethnisch 'Fremde’ nach
       Möglichkeit ausgeschlossen bleiben sollen“. Die Burschenschaft vertrete
       somit einen völkisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff. Ob der Begriff schon
       gegen das Grundgesetz verstoße, stünde dahin, aber „die Menschenwürde
       umfasst jedoch die prinzipielle Gleichheit aller Menschen, ungeachtet aller
       tatsächlich bestehenden Unterschiede“.
       
       Und es heißt beispielsweise weiter, dass ihre „kontinuierliche Agitation
       gegen Ausländer, mit der diese teilweise pauschal diffamiert und
       verächtlich gemacht werden und dabei irrationale Ängste und Ablehnung
       geschürt werden“ die Menschenwürde verletze. Diese könne „Ausdruck eines
       Bestrebens sein, die Geltung der im Grundgesetz verankerten Menschenrechte
       für Teile der Bevölkerung außer Kraft zu setzen“. Ferner schreibt die
       Kammer, dass die Burschenschaft „mit der Gewalt- und Willkürherrschaft der
       NS-Diktatur“ sympathisiere und dies „sowohl öffentlich als auch
       nichtöffentlich deutlich“ mache.
       
       Eine politische Bewertung also, die die Germanen eindeutig als rechtsextrem
       verortet. Im burschenschaftlichen Milieu dürfte das Beachtung finden.
       Vereinzelt haben sich schon in den vergangenen Jahren Alte Herren von dem
       Lebensbund getrennt – auch aus Sorgen vor beruflichen Folgen. Einer der
       vielen aus der Mitte der Gesellschaft, der dem Bund treu blieb: der
       AfD-Bundestagsabgeordnete Jörg Schneider.
       
       22 Dec 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
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