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       # taz.de -- Streit bei Asklepios in Hamburg: Zwei Geschichten, eine Lüge
       
       > Beide Seiten bezichtigen sich der Lüge: In Hamburg eskaliert der Streit
       > zwischen dem Krankenhauskonzern Asklepios und seinen Beschäftigten.
       
   IMG Bild: Zeit für menschenwürdige Behandlung von Patient:innen? Nicht in Hamburg, sagen Pflegekräfte
       
       Hamburg taz | Der Konflikt zwischen Pflegekräften und dem
       Krankenhausbetreiber Asklepios spitzt sich in Hamburg immer weiter zu:
       Beide Seiten bezichtigen sich der Lüge. Die Hamburger Krankenhausbewegung,
       ein Zusammenschluss von Pflegekräften, hatte zuletzt katastrophale
       Arbeitsbedingungen und [1][nur unzureichende Versorgung von Kranken auf den
       Intensivstationen beklagt].
       
       Im Asklepios-Krankenhaus im Stadtteil St. Georg müssten Pflegekräfte
       derzeit Reinigungsdienste übernehmen und könnten sich deshalb nicht
       angemessen um Kranke kümmern. Kranke würden allein und ohne Begleitung
       sterben. Asklepios wiederum sagt, dass es solche Situationen bislang nicht
       gegeben habe.
       
       Am vergangenen Donnerstag berichtete Romana Knezevic, eine der
       Sprecher:innen der Krankenhausbewegung, im „Hamburg Journal“ des NDR von
       einem massiven Personalmangel im Asklepios-Krankenhaus in St. Georg. Schon
       seit langer Zeit fehle es an ausreichend Pflegepersonal, nun sei die
       Situation durch steigende Coronapatient:innen besonders dramatisch. Häufig
       kämen auf eine Pflegekraft bis zu fünf Intensivpatient:innen. „Das sprengt
       jeglichen Rahmen“, sagte Knezevic.
       
       Außerdem würden Pfleger:innen nicht zu pflegerischen Tätigkeiten kommen,
       weil sie Aufgaben der Reinigungskräfte übernehmen müssten. Nicht einmal
       ausreichend Reinigungspersonal sei demnach vorhanden. Dies führe dazu, dass
       Patient:innen lange auf Versorgung warten müssten. „Und leider ist nicht
       immer eine menschenwürdige Sterbebegleitung möglich“, sagte Knezevic im
       NDR. Pflegekräfte hätten dafür wegen des hohen Arbeitspensums schlicht
       keine Zeit.
       
       ## Asklepios hält laut Sozialbehörde die Untergrenzen ein
       
       Asklepios holte nach diesen Vorwürfen umgehend zum Gegenschlag aus. Am
       nächsten Tag ließ sich Berthold Bein vom NDR interviewen. Bein ist Chefarzt
       in der intensivmedizinischen Abteilung am Krankenhaus in St. Georg. Er warf
       Knezevic vor, zu lügen.
       
       Sie sei schließlich nicht auf der Intensivstation beschäftigt. Eine
       Unterschreitung des Pflegeschlüssels – also wie viele Patient:innen
       höchstens von einer Pflegekraft betreut werden – sei derzeit zwar als
       Ausnahme zulässig. „Dennoch halten wir die Untergrenzen ein“, sagte Bein
       dem NDR. Asklepios sagte der taz am Dienstag, dass dies auch weiterhin der
       Fall sei.
       
       Auch müssten Pflegekräfte nicht die Aufgabe von Reinigungskräften
       übernehmen. Dies gelte einzig bei der Reinigung spezieller Geräte, was aber
       der vorgeschriebenen Tätigkeit entspreche. Niemand würde allein im
       Krankenhaus sterben.
       
       Die Aussagen Beins wiederum veranlassten die Krankenhausbewegung am Montag
       zu einem Protest vor dem Krankenhaus in St. Georg. „Dass behauptet wird, es
       gäbe keine Unterschreitung der Personaluntergrenze, ist falsch und eine
       Herabwürdigung der Kolleg:innen und Patient:innen“, sagt eine Sprecherin
       der Krankenhausbewegung der taz, die anonym bleiben möchte.
       
       ## Krankenhausbewegung sieht Stadt in der Pflicht
       
       Auch sei das Krankenhaus in St. Georg kein Einzelfall. Auf vielen
       Intensivstationen in Hamburger Krankenhäusern sei die Situation über der
       Grenze des Belastbaren.
       
       Die Krankenhausbewegung [2][fordert die Stadt zum Eingreifen auf].
       „Asklepios wird niemals freiwillig Personal aufstocken, um die Kolleg:innen
       zu entlasten, obwohl das sofort möglich wäre. Der Senat muss endlich
       Verantwortung übernehmen und die Krankenhausbetreiber dazu anweisen, das
       kann er jederzeit tun “, sagt die Sprecherin.
       
       Die Sozialbehörde ist für die Kontrolle der Krankenhäuser zuständig. Sie
       stärkt Asklepios den Rücken. Eine Unterschreitung des Pflegeschlüssels sei
       derzeit einerseits erlaubt. „Asklepios versichert uns aber, dass das nicht
       der Fall sei“, teilte die Behörde mit. Eine Anfrage, ob die Sozialbehörde
       auch regelmäßig kontrolliere, wie die Situation für die Pflegekräfte und
       die Betreuung der Kranken in den Hamburger Krankenhäusern ist, ließ sie am
       Dienstag unbeantwortet.
       
       Dass Beschäftigte so offen ihren Konzern attackieren, ist ungewöhnlich.
       Auch bei der Krankenhausbewegung herrscht Angst. „Beschäftigte, die sich
       kritisch zu Asklepios äußern, haben mit Repressionen zu rechnen“, sagt die
       Sprecherin der Krankenhausbewegung.
       
       ## Nicht der erste Streit
       
       In der Vergangenheit sei es schon zu Abmahnungen oder angedrohten
       Kündigungen gekommen. Zustimmung für die Krankenhausbewegung kommt dafür
       von der Gewerkschaft Ver.di. „Es ist wichtig, Missstände öffentlich
       anzusprechen“, sagt Ver.di-Sprecherin Kathrin Restorff.
       
       [3][Es ist nicht das erste Mal], dass Aussagen von Beschäftigten und vom
       Konzern sich zu einzelnen Missständen diametral gegenüberstehen. So auch
       bei der Frage, ob das Pflegepersonal mit sicherer Ausstattung ausgerüstet
       ist. Beschäftigte beklagten vorige Woche, dass ihnen wirksame und
       zertifizierte Atemschutzmasken fehlen würden.
       
       Asklepios dementierte das umgehend. „Allen unseren Mitarbeitern steht
       geeignete Schutzausrüstung in ausreichender Zahl zur Verfügung“, hieß es
       seitens des Konzerns. Und die Sozialbehörde stärkte auch dort Asklepios den
       Rücken. „Rückmeldungen zu einem Mangel an Schutzkleidung liegen uns nicht
       vor“, erklärte die Behörde.
       
       22 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR André Zuschlag
       
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