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       # taz.de -- Vorteile für Corona-Immunisierte: „Derzeit“ gegen Impf-Privilegien
       
       > Die Bundesregierung diskutiert über ein Gesetz, das Vorteile für Geimpfte
       > verbietet. Doch ist so ein Gesetz überhaupt nötig – und möglich?
       
   IMG Bild: Ist eine gesetzliche Regelung, die Vorteile für Coronageimpfte verbieten soll, sinnvoll?
       
       Freiburg taz | Die SPD-Bundestagsfraktion prüft ein Verbot von
       [1][Privilegien für Coronageimpfte]. Zuvor hatten sich bereits
       Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
       gegen Vorteile für Geimpfte ausgesprochen.
       
       Johannes Fechner, der rechtspolitische Sprecher der SPD, sieht zwei
       mögliche Ansätze für ein gesetzliches Verbot von solchen privilegien für
       Geimpfte. Zum einen könnte das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
       ergänzt werden. Bisher verbietet es im privaten Sektor nur die
       Benachteiligung wegen der „Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des
       Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des
       Alters oder der sexuellen Identität“. Hier könnte eine „Impfung“ als neues
       Kriterium angefügt werden.
       
       Möglich wäre es auch, so SPD-Mann Fechner, Allgemeine Geschäftsbedingungen
       (AGB) zu verbieten, die eine Corona-Impfung zur Voraussetzung für bestimmte
       Dienstleistungen wie den Personentransport machen. Das Verbot würde dann
       bei der AGB-Kontrolle im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) stehen.
       
       Viele, die sich derzeit gegen Impf-Privilegien aussprechen, versehen dies
       allerdings mit der Einschränkung, dass solche Unterscheidungen nur
       „derzeit“ nicht angebracht seien. Der erste Grund dafür ist
       naturwissenschaftlicher Art. Noch ist unklar, ob Geimpfte nur selbst gegen
       die Krankheit geschützt sind oder ob sie nach der Impfung das Virus auch
       nichtmehr an andere weitergeben können. Hier wird erst im Februar mit
       verläßlichen Erkenntnissen zur Infektiösität (Ansteckungsfähigkeit) der
       Geimpften gerechnet.
       
       ## Eine „Phantomdiskussion“?
       
       Der zweite Grund für ein nur temporäres Privilegienverbot ist die Logistik.
       Es können nicht alle Menschen auf einen Schlag geimpft werden.
       Gesundheitsminister Jens Spahn hat deshalb in seiner
       [2][Corona-Impfverordnung von Mitte Dezember] eine klare Reihenfolge
       festgelegt. Zuerst kommen die über 80-Jährigen, die BewohnerInnen von
       Pflegeheimen und die Personen die dort arbeiten. Dann die über 70-Jährigen,
       Personen mit Trisomie 21, Demente und PolizistInnen.
       
       Wer jünger ist als 60 Jahre, kommt erst in der vierten Stufe zum Zug.
       Solange aber ein Großteil der Bevölkerung noch gar keine Chance zur Impfung
       hatte, sollen die bevorzugten Kreise nicht auch noch Vorteile im Alltag
       haben. Diese Phase wird voraussichtlich bis zum Sommer dauern. Dann soll,
       so hofft Minister Spahn, allen Impfwilligen auch eine Dosis zur Verfügung
       stehen.
       
       Jan Marco Luczak, der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, hält
       den Vorstoß der SPD für eine „Phantomdiskussion“ ohne praktische Relevanz:
       „Denn einem Clubbetreiber bringt es gar nichts, wenn er Achtzigjährigen,
       die in den nächsten Wochen und Monaten geimpft werden, den Zutritt erlauben
       würde, den feierwilligen Zwanzigjährigen, die noch keine Impfmöglichkeit
       haben, dagegen nicht“. Das gleiche gelte für Restaurants oder Supermärkte
       die wohl kein Interesse hätten, einen Großteil ihrer bislang noch nicht
       geimpften Kunden auszusperren, so Luczak.
       
       Für eine vorsorgliche Regelung spricht jedoch, dass Geimpfte gegen
       staatliche Einschränkungen klagen können. So könnten geimpfte PolizistInnen
       und AltenpflegerInnen verlangen, dass die Ausgangssperren für sie nicht
       gelten. Um eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zu verhindern, müsste das
       Privilegienverbot deshalb vorher gesetzlich untermauert werden.
       
       Allerdings werden die meisten Corona-Einschränkungen wohl ohnehin
       zurückgenommen werden, wenn es wieder wärmer wird und die vulnerabelsten
       Gruppen geimpft sind. Dann würde der Bedarf nach einer Vorzugsbehandlung
       für Geimpfte auch entsprechend zurückgehen.
       
       29 Dec 2020
       
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