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       # taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Die Zahlen geh'n protestieren
       
       > Die junge Band Die Letzten Ecken hat eine angenehm zeitlose
       > Postpunk-Platte vorgelegt. Noch etwas dreckiger sind Die Schefe Bahn.
       
   IMG Bild: Die 80er enden nie: Die Band Die Letzten Ecken
       
       Eine Synthesizer-Tonfolge dreht unermüdlich ihre Schleifen, ein
       minimalistischer Wave-Beat pluckert vor sich hin, dazu singt eine
       Frauenstimme Verse, die eine fast universelle Bedeutung haben: „Die Zahlen
       geh’n protestieren/ sie woll’n nicht mehr zähl’n/ (…) Die Zahlen geh'n
       protestieren/ sie sind zu hoch“, hört man den halligen, monoton-kühlen
       Gesang, der nun zur Strophe überleitet: „Die Fragen steh’n im Raum/ Sie
       lehn’n an der Wand/ Die Fragen steh’n im Raum/ Sie träumen vom Strand“.
       
       Dieser Track („Die Zahlen“) findet sich [1][auf der Debüt-Mini-LP] der
       jungen Berliner Band Die Letzten Ecken, die dem Zirkel der Postpunk-Band
       Aus entstammt (Lisa von Aus ist Sängerin und Texterin). Wer möchte, kann
       den Songtext auf die aktuelle Coronasituation beziehen, aber passen würde
       er auch auf eine von Zahlen, Scores und Statistiken besessene postdigitale
       Gesellschaft.
       
       Die Lyrics sind meist vieldeutig, lassen allerlei Assoziationen zu und sind
       eine wesentliche Qualität des Trios. Zwischendurch werden sie politisch
       eindeutiger, etwa in „Zauberworte“, wo es heißt: „Atme alle Luft/ die noch
       zirkuliert/ was heute wieder Aufwind hat/ ist so antiquiert“.
       
       Musikalisch klingen Die Letzten Ecken angenehm zeitlos, es regieren düstere
       Synthie-Klanglandschaften, der Sound erinnert manchmal an DAF oder Liaisons
       Dangereuses („Vakuum“), auch heute vergessene Bands wie Mittageisen oder
       Die Gesunden kommen einem in den Sinn. Die 80er enden eben nie.
       
       Daneben gibt es gleich noch ein neues Projekt mit Beteiligung der
       Aus-Ladys. Es trägt den tollen Namen Die Schiefe Bahn, das Trio [2][hat
       gerade ein Demo] (Kassette und digital) veröffentlicht. Auch hier singt
       Lisa, auch hier geht es minimalistisch zur Sache, nur werden Synthies und
       Drum Machines durch akustische Instrumente (Bass, Schlagzeug, Gitarre)
       ersetzt. Klingt nicht ganz so sphärisch und etwas dreckiger; die Ära, auf
       die hier referiert wird, ist aber die gleiche. Alles in allem: zwei
       Must-Haves für alle Postpunk-/Cold-Wave-Lover.
       
       19 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://staticagemusik.bandcamp.com/album/die-letzten-ecken
   DIR [2] https://billotontraeger.bandcamp.com/album/die-schiefe-bahn-demo
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jens Uthoff
       
       ## TAGS
       
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