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       # taz.de -- Abriss der Sternbrücke in Hamburg: Trostpflaster für Monsterbrücke
       
       > Der Abriss der Hamburger Sternbrücke kommt. Mit dem Versprechen, ein
       > neues „Clubhaus“ zu bauen, zieht der Senat die örtlichen Clubs auf seine
       > Seite.
       
   IMG Bild: Flankenschutz: Entwurf für das „Clubhaus“ neben der neuen Sternbrücke
       
       Hamburg taz | Zu welchem Zeitpunkt war eigentlich die [1][Entscheidung zum
       Abriss der Sternbrücke] in Altona endgültig? Oder ist der Punkt noch gar
       nicht erreicht? Immerhin läuft das Planfeststellungsverfahren noch,
       Einwendungen sind bis zum 5. Januar möglich. Dass zudem die
       Abrissgegner:innen gegen [2][die Pläne des Senats und der Deutschen Bahn],
       die die denkmalgeschützte Brücke abreißen und durch eine riesige
       Bogenbrücke ersetzen wollen, klagen werden, ist nicht unwahrscheinlich.
       
       Doch selbst der Sachverständige Werner Lorenz, Ingenieur und Mahner für den
       Erhalt der Brücke, wollte am Donnerstagabend im Verkehrsausschuss der
       Bürgerschaft schon keinen flammenden Appell mehr halten. „Mir scheint, dass
       die Entscheidung für einen Abriss längst gefallen ist“, sagte er betrübt.
       
       Vermutlich aber dürfte die Verkehrsausschusssitzung von Donnerstag bei
       einem künftigen Rückblick als Zeitpunkt gelten, an dem der Protest gegen
       den Abriss scheiterte. Fünfeinhalb Stunden lang gaben die (ausschließlich
       männlichen) Sachverständigen ihre Sichtweisen zur Zukunft der Sternbrücke
       ab.
       
       Unterm Strich war das Ergebnis: Ein Abriss, so ärgerlich er ist, sei
       zumindest nachvollziehbar. Und dann gelang es der SPD auch noch mit einem
       überraschenden Manöver, den Protest zu entzweien und die Debatte weit weg
       von der Frage über Abriss oder Sanierung zu schieben.
       
       ## Die Grünen sind klar für den Abriss
       
       Die Fronten waren vorher klar: Die Grünen sind für einen Abriss, weil sie
       einerseits der Stärkung des Schienenverkehrs nicht im Weg stehen wollen,
       andererseits weil sie hübsche Pläne für den Raum unter der Brücke haben.
       Mehr Fußgänger:innen, mehr Fahrräder, mehr Busse sollen sich vor allem auf
       der Stresemannstraße in Ost-West-Richtung unter dem Neubau bewegen können.
       
       Alternativlos, betonte Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne), sei die
       Neugestaltung mit mehr Platz, um die von ihm propagierte Mobilitätswende
       anzugehen. Vor allem die Busse, deren Taktung sich in den kommenden Jahren
       massiv erhöhen soll, brauchen eigene Spuren.
       
       Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn fand das am Dienstag auch
       gut und überzeugend. Auch mit Verweis, dass ja eines Tages auch eine
       Straßenbahn doch in den Blick genommen werden könne. Die SPD ist auch für
       den Abriss, hält sich aber bislang aus der Debatte weitgehend raus.
       
       Die Deutsche Bahn ist aus einem ziemlich einfachen Grund für den Neubau,
       auch wenn sie das natürlich so nicht sagt. Eine Sanierung nämlich müsste
       sie selbst finanzieren. Bei Abriss und Neubau finanziert die öffentliche
       Hand die Hälfte dazu. Und eine Sanierung würde eine Menge Schwierigkeiten
       bedeuten und Arbeit machen.
       
       ## Der Begriff „Monsterbrücke“ hat sich schon eingebürgert
       
       Dass das kaum im Interesse der Bahn ist, ist klar. Doch für den Abriss weiß
       die Bahn auch diverse Gutachten auf ihrer Seite. Auf Werner Lorenz machte
       das jedoch kaum Eindruck: „Es ist doch klar: Wenn der Staat einen Abriss
       mitbezahlt, hat das auch einen großen Einfluss auf die Gutachten.“ Dennoch
       betonten die Vertreter der Bahn, die von der Sternbrücke als Flaschenhals
       im europäischen Bahnverkehr sprachen, dass eine Sanierung nicht möglich
       sei.
       
       Dagegen kamen die Kritiker kaum an: Eine radikale Ablehnung der Abrisspläne
       war von den anderen Sachverständigen dann nicht mehr zu hören. Dabei hatten
       zig Prominente, vom Regisseur Fatih Akin über den Schauspieler Peter
       Lohmeyer bis zum Medienunternehmer Frank Otto, sich zuletzt noch in
       Botschaften für den Erhalt stark gemacht. Und Tags zuvor warf die
       Initiative Sternbrücke noch 16.000 Unterschriften für den Erhalt im Rathaus
       ein.
       
       Allerdings hatte der Protest gegen den Abriss erst richtig an Fahrt
       aufgenommen, [3][als im Frühjahr erstmals zu sehen war, was kommen soll:
       Eine riesige Stabbogenbrücke], die bereits weithin „Monsterbrücke“ genannt
       wird.
       
       Auch Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur aus
       Potsdam, beklagte im Ausschuss die architektonische Anspruchslosigkeit der
       Pläne. Er prognostizierte aber auch optimistisch: „Wenn die neue Brücke
       schön wird, kann man die Menschen davon überzeugen.“
       
       ## Und plötzlich steht die Idee des „Clubhaus“ im Raum
       
       Skepsis, ob das noch passieren wird, ist allerdings angebracht. Mit einer
       „Ideenwerkstatt“ versprach die Bahn, für Beteiligung beim
       Gestaltungsprozess sorgen zu wollen. Dass es sich dabei allerdings nicht um
       viel mehr als einige aufzuhübschende Details handeln würde, gab die
       Opposition im Ausschuss zu Bedenken.
       
       Doch dass der Protest mit der Ausschusssitzung am Donnerstag in die
       Schranken verwiesen wurde, dafür sorgte die SPD. Mitten während der Sitzung
       kam die Nachricht, dass eine Lösung für die Klubs gefunden worden sei, die
       bislang in den Kasematten der Brücke beherbergt sind.
       
       Parallel, vor den Ausschussmitgliedern, erläuterte John Schierhorn, Chef
       des Waagenbau-Klubs, die Idee zusammen mit dem Architekten Axel
       Farnschläder. Direkt neben der Brücke an der Kreuzung
       Max-Brauer-Allee/Stresemannstraße soll auf städtischem Baugrund ein
       „Clubhaus“ entstehen, in dem das Waagenbau, das Fundbureau und die
       Astra-Stube gemeinsam unterkommen.
       
       Perplex und in Teilen sauer reagierte die Opposition auf diesen
       unerwarteten Vorstoß. Denn bislang standen die Klubs auf Seiten der
       Abrissgegner:innen. Und der Senat hätte diese Nachricht auch vorher bekannt
       geben können.
       
       „Kaltschnäuzig“ und „opportunistisch“ sei nach Ansicht der Initiative
       Sternbrücke das Vorgehen vom Senat und von den Klubs.
       
       Der Riss im Protest ist da. Und der Abriss der Brücke rückt damit auch ganz
       nah.
       
       19 Dec 2020
       
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