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       # taz.de -- Die Wochenvorschau für Berlin: Im Partnerlook zum Impfzentrum
       
       > Alle hängen auf dem Sofa und gucken Netflix, nur die rüstigen
       > Senior*innen gehen tapfer spazieren. Alles wie immer zwischen den Jahren
       > – oder doch nicht?
       
   IMG Bild: Älteres Ehepaar beim Spaziergang – oder auf dem Weg zum Impfzentrum?
       
       Eine Wochenvorschau schreiben für die Zeit „zwischen den Jahren“, zwischen
       Weihnachten und Neujahr, also für jene Tage, an denen schon ohne Pandemie,
       Besuchs-, Ausgeh-, Böller- und Shoppingverbote quasi nichts passiert? Was
       für eine Zumutung, für Sie und für mich!
       
       Denn was soll schon sein in dieser Woche: alles wie immer! Und vielleicht
       ist genau das eine gute Nachricht am Ende dieses Corona-Jahres. Draußen
       herrscht Ruhe, es ist kalt, klar und sogar ein bisschen stürmisch – wer
       will da schon rausgehen. Die unter 40 schauen Netflix, draußen trifft man
       fast nur diese schlank- und jung gebliebenen Rentnerpaare (sie schlanker
       als er), gern farblich im Partnerlook, die jetzt eigentlich auf einer
       Nordseeinsel säßen, wäre nicht Corona, und die sonst in Berlin eigentlich
       gar nicht auffallen. Und deren Anblick jetzt irgendwie hoffnungsvoll
       stimmt: robuste Senior*innen in beständigen Beziehungen und gesicherten
       Verhältnissen, in der Lage, ihren akademisch gebildeten und prekär
       beschäftigten erwachsenen Kindern finanziell mal unter die Arme zu greifen
       (was sie gerade zu Weihnachten wieder getan haben), sicher nicht links,
       aber viel zu nüchtern und realitätsnah für Querdenker- und andere
       Verschwörungsmythen. Wie beruhigend zu sehen, dass es sie auch noch gibt.
       
       ## Nichts ist wie immer
       
       Denn eigentlich ist natürlich gar nichts wie sonst in diesen Tagen: Die
       Geschäfte haben zwar überwiegend geschlossen. Dafür machen die neuen
       Impfzentren auf, und vielleicht überlegt sich das alte Paar gerade, wann es
       sich impfen lässt. Und die unter 40-Jährigen haben eigentlich längst die
       Nase voll vom ewigen Netflix-Schauen, mit dem sie sich letztlich nur davon
       ablenken, dass es dieses Jahr nicht einmal zu Silvester eine vernünftige
       Party geben darf.
       
       Dabei wird vermutlich am letzten Tag dieses verfluchten Jahres 2020 etwas
       wie immer sein, so zumindest ist meine Vermutung: Es wird geböllert werden.
       Vielleicht nicht ganz so wie sonst, wenn man sich vor Pulverqualm in machen
       Straßen Neuköllns und anderer Bezirke gar nicht mehr orientieren konnte.
       Aber es werden sich sicher wieder Neuköllner und Kreuzberger über den
       Kottbusser Damm hinweg beschießen; es wird sicher wieder Polizeieinsätze um
       den PallasT in Schöneberg geben; und es wird der eine oder andere mit
       hässlichen Verbrennungen im Krankenhaus landen.
       
       Es tut mir leid, dass ich Ihnen nichts Besseres zu bieten habe in der
       Vorschau auf diese Woche. Aber wenn Sie das Alte und das Neue
       zusammenfassen – das Böllern und das Impfen –, dann wird in den kommenden
       Tagen doch immerhin vielleicht der ein oder andere böse Geist vertrieben
       werden.
       
       28 Dec 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alke Wierth
       
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       Richtig so, denn nur darauf kommt es an.