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       # taz.de -- Massentests in Österreich: Abstrich für alle
       
       > Seit Freitagfrüh wird in Wien, Tirol und Vorarlberg getestet. In der
       > Hauptstadt sind drei Standorte für bis zu 150.000 Testungen pro Tag
       > eingerichtet.
       
   IMG Bild: An einer Teststraße in Wien
       
       Wien taz | Nach einigen Anlaufschwierigkeiten klappt es. Seit Mittwoch kann
       man sich in Österreich zum Corona-Massentest über die Onlineplattform
       [1][www.oesterreich-testet.at] anmelden. Seit Freitag, 8 Uhr, wird in Wien,
       Tirol und Vorarlberg getestet. Die anderen Bundesländer folgen nächste
       Woche. Die Massentests sollen dazu beitragen, die Infektionsrate zu senken.
       
       Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker zeigte sich am Donnerstag nach einem
       Probelauf mit Soldaten und Zivildienern hochzufrieden. In Wien sind drei
       Standorte für bis zu 150.000 Testungen pro Tag eingerichtet. Bis
       Freitagmorgen hatten sich in Vorarlberg erst 75.000 angemeldet, das ist ein
       Fünftel der Zielgruppe. In Wien waren es gar erst 60.000. Allerdings wird
       in Wien bis 13. Dezember getestet, in Tirol und Vorarlberg nur bis zum
       Sonntag.
       
       Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zeigte sich am Freitag
       zuversichtlich, dass es „während der Testphase eine deutliche Steigerung
       geben wird“. Anschober verspricht sich Aufschlüsse über die Dunkelziffer
       und eine deutliche Senkung der Neuansteckungen vor den Feiertagen.
       
       Ein Datenleck hatte am Mittwoch die Anmeldeplattform zeitweise lahmgelegt.
       Das ist inzwischen behoben. In Wien werde auch an einer Telefonhotline
       gearbeitet, die Menschen ohne Internetzugang nutzen können, so Anschober.
       Für Migranten gibt es sowohl die Information als auch das Testergebnis
       mehrsprachig. In anderen Bundesländern gibt es auch analoge Wege zur
       Anmeldung.
       
       ## Positive haben bis Weihnachten Quarantäne hinter sich
       
       Der Termin wurde so gewählt, dass positiv Getestete bis Weihnachten die
       zehntägige Quarantäne hinter sich bringen können. Zum Einsatz kommen
       Anti-Gen-Tests, die zwar schneller aber weniger genau sind als die gängigen
       PCR-Tests. Deswegen werden die Positiven gleich vor Ort in eine weitere
       Teststraße geschickt, wo sie sich den PCR-Gurgeltest abnehmen lassen
       müssen. Dieser Bereich liegt in den Händen der Wiener Gesundheitsbehörde,
       während für die Schnelltests mit Abstrich aus der Nasenschleimhaut das
       Bundesheer zuständig ist. In kleineren Gemeinden kommen auch Freiwillige
       zum Einsatz. Wer auch beim Kontrolltest Corona-positiv ist, wird in eine
       zehntägige Quarantäne geschickt. Gleichzeitig beginnt das Contact Tracing.
       
       Als Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am 13. November in der
       ORF-Pressestunde breitflächige Covid-Tests ankündigte, überraschte er nicht
       nur die Zuseher, sondern auch den zuständigen Gesundheitsminister und die
       Landeshauptleute, die für die Durchführung in den Ländern verantwortlich
       sind. Damals gab es weder eine ausgefeilte Strategie noch die erforderliche
       Anzahl an Test-Kits. Kein Wunder, dass die Opposition eine PR-Aktion des
       medienversierten Kanzlers witterte, die von den hohen Ansteckungs- und
       Sterberaten im Land ablenken sollte. In nur einer Woche wurden zuletzt
       2.431 Covid-Todesfälle registriert. Das sind mehr als zwei Drittel der
       Gesamtzahl von 3.538 seit März.
       
       Auch Epidemiologen reagierten verhalten. Massentests, so die vorherrschende
       Meinung, würden nur eine Momentaufnahme bringen, die wertlos sei, wenn
       nicht nach kurzer Zeit ein zweiter Test folge. Sinnvoller sei es, in
       Risikogruppen breitflächig zu testen. Etwa in Alten- und Pflegeheimen, wo
       das Virus derzeit grassiert und hohe Opferzahlen fordert.
       
       Inzwischen sind aber alle auf Linie. Außer der FPÖ, die fast alle Maßnahmen
       für übertrieben hält und Maskenverweigerer und Impfgegner ermutigt, ruft
       auch die Opposition die Bevölkerung auf, sich testen zu lassen. Mehrere
       Prominente, von der Intendantin der Salzburger Festspiele Helga
       Rabl-Stadler bis zum Teamchef Franco Foda ließen sich für eine
       Werbekampagne einspannen.
       
       ## Vorbilder Slowakei und Südtirol
       
       Kurz orientierte sich an den Vorbildern [2][Slowakei] und Südtirol. Dort
       entdeckte man bei fast flächendeckenden Testungen jeweils rund ein Prozent
       asymptomatisch Corona-Positive. Beobachter des Gesundheitsministeriums
       durften sich bei diesen Versuchen Anregungen holen. Trotzdem herrschte
       lange Zeit Unklarheit über die Teststrategie in Österreich. Wegen der
       Zeitnot wurden die Reagenzien ohne Ausschreibung eingekauft und zu Preisen,
       die ein Drittel über denen lagen, die die Slowakei bezahlt hatte. Rund um
       den Dreikönigstag soll es dann eine zweite Testphase geben.
       
       4 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.oesterreich-testet.at
   DIR [2] /Aktuelle-Corona-Entwicklungen/!5724958
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
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