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       # taz.de -- Menschenrechte in Ägypten: EIPR-Aktivisten wieder frei
       
       > Drei Aktivisten in Ägypten sind wieder frei, doch etliche andere sitzen
       > weiter im Gefängnis. Indes nimmt die Zahl der Hinrichtungen stark zu.
       
   IMG Bild: Der freigelassene Karim Ennarah und seine Frau Jess Kelly, aufgenommen 2018
       
       Kairo ap/afp/taz | Ägypten hat drei Mitglieder einer prominenten
       Menschenrechtsorganisation aus der Haft entlassen. Sie seien am
       Donnerstagabend freigekommen, sagte der geschäftsführende Direktor der
       [1][Ägyptischen Initiative für Persönlichkeitsrechte (EIPR)], Hossam
       Bahgat. taz-Korrespondent Karim El-Gawhary in Kairo bestätigte die Angaben
       am Donnerstagabend.
       
       Der Exekutivdirektor Gasser Abdel Rasek, Karim Ennarah und Mohammed Baschir
       waren [2][im November nacheinander festgenommen worden]. Die
       Aktivistengruppe war Gastgeber von ausländischen Diplomaten gewesen, um
       über die Menschenrechtslage in Ägypten zu sprechen.
       
       Den drei Mitgliedern wurde vorgeworfen, einer Terrorgruppe anzugehören und
       Falschinformationen verbreitet zu haben. Ob die Freilassung bedeutet, dass
       die Vorwürfe fallengelassen wurden, wurde zunächst nicht bekannt. EIPR
       hatte am Dienstag von einem „Crackdown gegen EIPR“ [3][berichtet] und
       gewarnt, die Arbeit der Organisation sei in Gefahr.
       
       „Was EIPR erlebt, ist der jüngste Versuch der Behörden, alle Formen des
       bürgerlichen Lebens zu erdrosseln“, schrieb die Organisation, „ein Versuch,
       der den Weg für einen noch massiveren Crackdown in der Zukunft bereitet.“
       
       Dem Vorgehen der Behörden vorangegangen waren Treffen der
       Menschenrechtsaktivisten unter anderem mit Diplomaten aus Deutschland,
       Frankreich, Italien, Spanien und den Niederlanden. Dabei ging es nach
       Angaben der Gruppe um die Frage, wie die Menschenrechtssituation in dem
       Land verbessert werden kann.
       
       Das französische Außenministerium hatte bereits nach der ersten Festnahme
       „tiefe Besorgnis“ geäußert. Die Bundesregierung sprach von einer „neuen
       Qualität der Repression“. Ägypten kritisierte im Gegenzug eine Einmischung
       in die inneren Angelegenheiten des Landes.
       
       ## Andere Aktivist*innen weiter in Haft
       
       Seit seiner Machtübernahme 2013 hat der ägyptische Präsident und Ex-General
       Abdel Fattah al-Sisi versucht, die Opposition zu unterdrücken. Die
       Regierung geht nicht nur gegen islamistische Gegner vor, sondern auch gegen
       Demokratie-Aktivist*innen, Journalist*innen und Online-Kritiker*innen. EIPR
       ist eine der wenigen noch aktiven Rechtsgruppen in dem Land.
       
       Andere Aktivist*innen sitzen teils seit Jahren in Haft. Im Juni etwa wurde
       [4][Sanaa Seif verschleppt und eingesperrt]. Auch ihr prominenter Bruder
       [5][Alaa Abdel Fattah sitzt im Gefängnis], wie auch etliche andere
       politisch Aktive.
       
       Im Oktober hatten mehr als 200 europäische Abgeordnete, darunter EU- und
       Bundestagsabgeordnete, [6][al-Sisi in einem Brief aufgefordert], die
       politischen Gefangenen freizulassen. Die Repression untergrabe das
       Fundament der europäisch-ägyptischen Beziehungen.
       
       In einem ähnlichen, zeitnah veröffentlichen Schreiben von
       US-Kongressmitgliedern hieß es: „Dies sind Menschen, die überhaupt nicht
       hätten inhaftiert werden sollen.“ Mit Ausnahme des unabhängigen Senators
       Bernie Sanders gehörten alle Unterzeichner der Demokratischen Partei an.
       
       Die EU, Deutschland und die USA sind wichtige Verbündete Ägyptens. Das Land
       zählt zu den größten Empfängern von US-Militärhilfe. Im Jahr 2020 war
       Ägypten auch Hauptempfänger deutscher Kriegswaffen mit einem Exportvolumen
       von 585,9 Millionen Euro. Europa unterstützt darüber hinaus Kairos
       Bemühungen um ein Hilfspaket des Internationalen Währungsfonds in Höhe von
       12 Milliarden US-Dollar, ohne dabei eine Verbesserung der
       Menschenrechtslage einzufordern.
       
       ## Immer mehr Hinrichtungen
       
       Neben der Repression gegen Aktivist*innen berichten
       Menschenrechtsorganisationen auch von einer steigenden Zahl von
       Hinrichtungen in Ägypten. Am Mittwoch erklärte Amnesty International [7][in
       einem Bericht], dass allein im Oktober und November mindestens 57 Männer
       und Frauen hingerichtet worden seien.
       
       Das seien fast doppelt so viele Hinrichtungen gewesen wie im gesamten
       vergangenen Jahr. Die Organisation sprach von einer „entsetzlichen“
       Hinrichtungswelle. Im Oktober hatte bereits die
       US-menschenrechtsorganisation Human Rights erklärt, allein in der ersten
       Oktoberhälfte seien 49 Todesurteile vollstreckt worden.
       
       Die tatsächliche Zahl an Hinrichtungen ist jedoch unbekannt. Amnesty geht
       davon aus, dass sie noch höher ist. Die ägyptischen Behörden haben keine
       Statistiken zur Zahl der Hinrichtungen oder der Häftlinge im Todestrakt
       veröffentlicht.
       
       Die jüngste Hinrichtungswelle habe laut Amnesty nach einem Vorfall im
       berüchtigten Tora-Gefängnis bei Kairo begonnen. Bei einem Ausbruchsversuch
       waren im September mehrere Polizisten und Häftlinge getötet worden.
       
       4 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://eipr.org/en
   DIR [2] /Verhafteter-Menschenrechtsaktivist/!5729485
   DIR [3] https://eipr.org/en/press/2020/12/freeze-eipr%E2%80%99s-assets-and-multiple-legal-violations-court
   DIR [4] /Aktivistin-Sanaa-Seif-in-Aegypten/!5696916
   DIR [5] /Repression-in-Aegypten/!5630804
   DIR [6] /Politische-Gefangene-in-Aegypten/!5722826
   DIR [7] https://www.amnesty.org/en/latest/news/2020/12/egypt-chilling-rise-in-executions-reveals-depth-of-human-rights-crisis/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Hagmann
       
       ## TAGS
       
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