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       # taz.de -- Abschiebungen nach Syrien: Seehofers Weihnachtswunsch
       
       > Innenminister Seehofer will wieder in das Bürgerkriegsland abschieben.
       > Die SPD-Länder wollen nicht mitmachen. Ab Donnerstag beginnen Beratungen.
       
   IMG Bild: Zerstörte Gebäude am südlichen Stadtrand von Damaskus
       
       Berlin taz | Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände und
       Flüchtlingsräte haben am Montag an die Innenminister appelliert, [1][den
       geltenden generellen Abschiebestopp] nach Syrien zu verlängern. „Schon die
       Forderung durch einzelne Innenminister, den Syrien-Abschiebungsstopp
       aufzuheben, ist ein fatales Zeichen“, sagte Ferdinand Dürr von der
       Syrien-Initiative Adopt a Revolution. Das Assad-Regime sei eine der
       brutalsten Diktaturen derzeit und gehöre vor Gericht und nicht an einen
       Verhandlungstisch. Um Abschiebungen zu ermöglichen, müsste die
       Bundesregierung wieder diplomatischen Kontakt mit Syrien aufnehmen.
       
       [2][Der Aufruf, den unter anderem auch der Paritätische Gesamtverband und
       ProAsyl unterschrieben haben,] weist darauf hin, dass in Syrien weiterhin
       flächendeckend und systematisch gefoltert werde. Das zeige unter anderem
       der Prozess am Oberlandesgericht Koblenz, wo sich zwei ehemalige
       Mitarbeiter des syrischen Geheimdiensts verantworten müssen.
       
       Der Abschiebestopp, der 2012 beschlossen und seitdem mehrfach verlängert
       wurde, läuft Ende Dezember aus. Die Innenministerkonferenz (IMK), die
       Donnerstag und Freitag in einer Onlineschalte zusammenkommt, muss über eine
       erneute Verlängerung beraten. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU)
       hatte sich im Vorfeld dagegen ausgesprochen.
       
       „Ich werde bei der Innenministerkonferenz dafür eintreten, dass wir
       anstelle eines generellen Abschiebestopps künftig zumindest für Straftäter
       und Gefährder wieder im Einzelfall prüfen, ob Abschiebungen nach Syrien
       möglich sind“, hatte Seehofer im Oktober unter Eindruck des islamistischen
       Anschlags auf ein schwules Paar in Dresden gesagt, bei dem ein Mann
       ermordet wurde. Der Tatverdächtige kommt aus Syrien.
       
       Bereits bei der Innenministerkonferenz im Mai hatten Baden-Württemberg,
       Bayern und Sachsen zu Protokoll gegeben, sie plädierten beim Thema
       Abschiebeverbot für „eine differenzierte Betrachtung“ von Menschen, die
       sich als Anhänger von Präsident Baschar al-Assad zu erkennen gegeben oder
       zwischenzeitlich wieder in Syrien aufgehalten hätten.
       
       ## IMK sieht kaum Chancen für Seehofer
       
       Grundlage der Entscheidung der Innenminister soll ein aktueller Lagebericht
       des Auswärtigen Amts über die Situation in Syrien sein. Dieser werde
       aktuell erstellt, sagte eine Sprecherin. Sie äußerte sich zurückhaltend zu
       den Überlegungen aus dem Innenministerium. [3][Die humanitäre Lage in
       Syrien sei „katastrophal“], die politische Lage „komplex“. Rückkehrer seien
       weiterhin zahlreichen Gefahren ausgesetzt. „Das Regime geht weiter
       rücksichtslos gegen die Bevölkerung vor.“ Im Lagebericht vom Mai hatte es
       geheißen: „Auch in Landesteilen, in denen Kampfhandlungen abgenommen haben,
       besteht weiterhin ein hohes Risiko, Opfer von Gewalt und Übergriffen zu
       werden.“
       
       Der Vorsitzende der IMK, Thüringens SPD-Innenminister Georg Maier, sieht
       nur „geringe Chancen“ für Seehofers Vorschlag. Die SPD-Innenminister
       [4][würden diesen „aus rechtlichen und praktischen Gründen nicht
       mittragen“, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung.] Nach den Prinzipien
       der Rechtsstaatlichkeit würden auch Straftäter das Recht auf Asyl genießen.
       Zudem scheitere Seehofers Vorschlag schon an der Umsetzung: „Wie sollen wir
       Abschiebungen vornehmen, ohne dass wir diplomatische Beziehungen haben?“
       Maier warf Seehofer Symbolpolitik vor.
       
       Für Beschlüsse der IMK gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Eine mögliche
       Lösung: sich im Frühjahr nach einer Verlängerung um ein halbes Jahr wieder
       damit zu befassen.
       
       7 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Debatte-der-Innenminister/!5643898
   DIR [2] https://www.proasyl.de/news/alle-jahre-wieder-gefaehrliche-debatte-ueber-abschiebungsstopp-nach-syrien/
   DIR [3] https://fragdenstaat.de/dokumente/4066-lagebericht-syrien-des-auswartigen-amts/
   DIR [4] https://www.noz.de/deutschland-welt/politik/artikel/2180743/wieder-nach-syrien-abschieben-seehofer-duerfte-mit-vorschlag-scheitern
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sabine am Orde
       
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