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       # taz.de -- Gedenken an Covid-19-Tote in Berlin: „Der Trauer Ausdruck verleihen“
       
       > Covid-19-Tote sind oft nur als Zahlen in der Statistik sichtbar. Zwei
       > PankowerInnen rufen nun zu dezentralen Gedenkaktionen auf.
       
   IMG Bild: 20.000 Grablichter sind es noch nicht ganz: Gedenkaktion für Corona-Tote am Arnswalder Platz
       
       taz: Herr Schmidt, Frau Radulovic, Sie haben am Arnswalder Platz in
       Prenzlauer Berg Kerzen in Gedenken an die Covid-19-Toten aufgestellt. Warum
       diese Aktion? 
       
       Christian Y. Schmidt: Corona-Tote tauchen nur noch in Statistiken auf. In
       der Berichterstattung bekommt die Zahl der Neuinfektionen viel
       Aufmerksamkeit, die Toten tauchen meist nur als kurzer Satz auf. Im
       Frühling war das noch anders, als es in Italien und Spanien 400 Tote pro
       Tag gab. Jetzt hat sich der Fokus verschoben.
       
       Am Sonntagnachmittag haben Sie sich getroffen, wie viele Menschen haben
       denn mitgemacht? 
       
       Schmidt: Veronika und ich waren von 16 bis 18 Uhr vor Ort, da waren
       insgesamt 20 Leute da. Die meisten kamen dazu, haben Kerzen aufgestellt und
       sind dann wieder gegangen. Das waren vor allem Leute, die den Aufruf in den
       sozialen Medien gesehen haben. Es gab auch eine entsprechende Aktion am
       Rüdesheimer Platz in Wilmersdorf.
       
       Das waren einmalige Aktionen? 
       
       Schmidt: Nein, das wollen wir wiederholen. Und es sollen dezentrale
       Aktionen sein. Wir wollen vermeiden, dass es eine zentrale Kundgebung wird,
       da das aufgrund der Covid-19 Beschränkungen nicht empfehlenswert ist. Jeder
       ist deshalb sonntags aufgerufen, Kerzen vor seiner eigenen Haustür
       aufzustellen und mit einem Schild darauf aufmerksam machen, dass wir den
       Corona-Toten gedenken, dass wir nicht nur die abstrakten Zahlen sehen
       wolen. Es geht letztlich darum, dass Menschen, die Corona nicht leugnen
       oder verharmlosen, ihrer Trauer Ausdruck verleihen können. Das wollen wir
       jeden Sonntag machen, und im besten Fall brennen dann rund 20.000 Kerzen
       für die bundesweit rund 20.000 Toten bisher im Zusammenhang mit einer
       Covid-19-Infektion.
       
       Was war der Auslöser, dass Sie gesagt haben, wir wollen jetzt ein
       organisiertes Gedenken auf die Beine stellen? 
       
       Schmidt: Veronika und ich haben lange in China und Vietnam gelebt. Diese
       beiden Länder haben die Pandemie weitaus besser bekämpft als Deutschland.
       Ich bin seit dem 12. Februar wieder in Berlin und bin erschrocken, wie
       wenig das Virus hier ernst genommen wird.
       
       Veronika Radulovic: Ich würde sagen, dass wir beide aus diesem Grund
       sensibilisiert für das Thema sind. Daher hatten wir beide die Idee, dem
       Gefühl, der Trauer Ausdruck verleihen zu wollen. Die Initiative soll am
       Besten eine eigene Dynamik entwickeln, wir wollen da gar nicht so präsent
       sein im Vordergrund.
       
       Wie sehen Sie die [1][„Querdenker“-Bewegung], die die Gefährlichkeit von
       Corona leugnen, bei ihren Protesten die Hygieneregeln missachten und auch
       für Silvester wieder eine [2][Großdemo in Berlin] angekündigt haben – macht
       Sie das wütend? 
       
       Schmidt: Von denen halten wir absolut gar nichts. Diese Formulierung „an
       oder mit Corona gestorben“, die vor allem auch in Querdenker-Kreisen
       existiert, finde ich bedenklich. Auch wenn manche Menschen gleichzeitig an
       anderen Krankheiten gelitten haben, sind sie trotzdem an Covid-19
       gestorben.
       
       7 Dec 2020
       
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