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       # taz.de -- Medienkonsum am rechten Rand: Dieselben News, anders gedreht
       
       > Woher bekommen Rechte, Aluhüte und sonstige Spinnende so ihre
       > Nachrichten? Na, aus den klassischen Medien, genau wie alle anderen auch.
       
   IMG Bild: Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung, November 2020
       
       Allgemeingültigkeit ist immer der Fehlschluss von sich auf andere. Da wäre
       zum Beispiel die These, dass alle Rechten/Aluhüte/sonstigen Spinnenden in
       ihrer [1][Filterblase] gefangen seien: bestens umsorgt von den eigenen,
       „alternativen“ Medien. Und deshalb: Kannste nix machen, kommste eh nich
       ran. Eine Untersuchung des hessischen Landesamts für Verfassungsschutz
       (LfV) legt jetzt aber nahe, dass sogenannte alternative Medien für
       Rechtsextremisten eine geringere Bedeutung haben als bislang angenommen.
       
       Die Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass Rechtsextreme die als
       „Lügenpresse“ diffamierten Medien wahrnähmen und sogar brauchten. Ach guck!
       Die Szene lese dasselbe politische Tagesgeschehen, bediene sich aber
       Mechanismen, um es in ihrem Sinn darzustellen. Man hat dafür Facebook- und
       Twitter-Profile bundesweit wichtiger rechtsextremistischer Gruppen und
       Einzelakteure ausgewertet. Nur knapp ein Viertel der untersuchten Posts und
       Tweets stammten aus „alternativen“ Medien. In mehr als drei Vierteln aller
       Fälle liefern also klassische Medien das „Argumentationsmaterial“.
       
       Die geposteten Artikel seien für sich genommen überhaupt nicht
       rechtsextremistisch, würden aber „in einer Art und Weise präsentiert, die
       sich nahtlos in ein rechtsextremistisches Weltbild einfügt“, sagt
       Ann-Christin Wegener. Wegener leitet beim LfV Hessen die – Achtung,
       einatmen – „Phänomenbereichsübergreifende wissenschaftliche Analysestelle
       Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit“, kurz PAAF.
       
       Fast wäre es bequemer, bei der Idee von der Filterblase zu bleiben. Passt
       aber leider nicht, weshalb auch die klassischen Medien nicht aus ihrer
       Verantwortung entlassen werden können. Natürlich können sich Medien nicht
       davor schützen, dass man ihre Inhalte aus dem Zusammenhang reißt, verdreht
       und dann phänomenbereichsübergreifendend missbraucht. Sie sollten sich
       diese Möglichkeit aber stärker vor Augen führen.
       
       ## Bitte auf dem Teppich bleiben
       
       Die wesentliche Frage ist, welchem Affen man mit welcher Berichterstattung,
       Kommentierung und/oder emotionaler Zuspitzung da eigentlich Zucker gibt.
       Denn letztlich geht es allen Rechten/Aluhüten/sonstigen Spinnenden immer
       nur um eins: maximale Aufmerksamkeit.
       
       Heißt: Wir brauchen nicht gleich den nationalen Notstand ausrufen, nebst
       Ansprache des Bundespräsidenten, wenn Kleingruppen versuchen, in einer
       sitzungsfreien Woche in den Reichstag zu latschen. Symbole hin oder Werte
       her, wir sollten auf dem Teppich bleiben. Wer sich dadurch um seine
       wohlig-schauernde Dystopie gebracht sieht, kann ja [2][Oswald Spenglers
       „Untergang des Abendlandes“] lesen. Von dem stammt übrigens auch der erste
       Satz.
       
       10 Dec 2020
       
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