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       # taz.de -- Einigung über EU-Haushalt: Blockade verhindert
       
       > Die EU hat sich auf den Haushalt und einen Hilfsfond wegen Corona
       > geeignet. Auch den Blockierern Ungarn und Polen kommt sie entgegen.
       
   IMG Bild: Beschwichtgte Rechtspopulisten: Polens Premier Mateusz Morawiecki und Ungarns Premier Viktor Orban
       
       Brüssel afp | Erleichterung in Brüssel: Die EU-Staats- und Regierungschefs
       haben sich mit [1][Polen und Ungarn im Streit um den europäischen Haushalt]
       und den Corona-Hilfsfonds geeinigt. Damit könnten die Mitgliedstaaten nun
       das 1,8 Billionen schwere Finanzpaket umsetzen, erklärte
       [2][EU-Ratspräsident Charles Michel] am Donnerstag auf dem EU-Gipfel. Viel
       Lob, aber auch Kritik gab es für den deutschen EU-Vorsitz, der den
       Kompromiss vorbereitet hatte.
       
       Ein Sprecher Michels bestätigte, dass der Gipfel auch den umstrittenen
       Mechanismus zur Kürzung von EU-Geldern bei Verstößen gegen die
       Rechtsstaatlichkeit billigte. Ungarn und Polen hatten Mitte November
       deswegen ihre Zustimmung zu dem Finanzpaket aus dem EU-Haushaltsrahmen für
       die kommenden sieben Jahre und dem Corona-Hilfsfonds verweigert.
       
       Ohne Lösung hätte der EU ab Januar ein Nothaushalt mit drastischen
       Kürzungen gedroht. Auch der 750 Milliarden Euro schwere Hilfsfonds gegen
       die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise hätte nicht wie geplant
       starten können.
       
       „Europa kommt voran“, schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
       Leyen auf Twitter. Sie gratulierte der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zu
       dem Erfolg. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zum Auftakt des
       Treffens gesagt, sie habe persönlich in den vergangenen Tagen „sehr
       intensiv“ an einem Kompromiss gearbeitet.
       
       ## „Einsicht siegt über Egoismus“
       
       Europa habe „seine Handlungsfähigkeit“ bewiesen, erklärte
       Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). „Einsicht siegt über Egoismus. Mit
       diesem Finanzpaket kann Europa kraftvoll aus der Krise kommen.“
       Gleichzeitig werde das Rechtsstaatsprinzip „überall in Europa“
       durchgesetzt. Scholz forderte, die Gesetzgebungsverfahren für das
       Finanzpaket nun „schnell abzuschließen“. Denn die „Finanzmittel werden in
       vielen Ländern dringend gebraucht“.
       
       „Europa bewegt sich vorwärts, ist geeint und trägt seine Werte“, erklärte
       Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf Twitter. „Wir haben gerade eine
       robuste Vereinbarung über den Mechanismus angenommen, der in
       Übereinstimmung mit der Rechtsstaatlichkeit umgesetzt werden soll.“
       
       Ein von Deutschland mit Ungarn und Polen ausgehandelter Kompromiss wurde
       laut Diplomaten nicht wieder aufgeschnürt. Dieser beinhaltet eine
       erläuternde Erklärung zu dem Rechtsstaatsmechanismus. Darin wird
       klargestellt, dass er nur dem Schutz des EU-Haushaltes und der finanziellen
       Interessen der Union dient – aber nicht der Ahndung allgemeiner Missstände,
       wegen derer Polen und Ungarn seit Jahren in der EU am Pranger stehen.
       
       Gleichzeitig wird Warschau und Budapest zugesichert, dass zunächst keine
       Kürzungen von EU-Geldern erfolgen, wenn sie Klage vor dem Europäischen
       Gerichtshof gegen die Regelung einreichen. Dies könnte die Anwendung des
       Mechanismus bis ins Jahr 2022 verzögern, sofern er von den Richtern in
       Luxemburg bestätigt wird.
       
       ## Kritik von den Grünen
       
       „Wir bedauern, dass die EU bei der Verhängung von Sanktionen (...) auf das
       Urteil des Europäischen Gerichtshofs warten muss“, erklärte die
       Grünen-Ko-Fraktionsvorsitzende Ska Keller. „Leider war die deutsche
       Ratspräsidentschaft nicht federführend beim Thema Rechtsstaatlichkeit,
       obwohl Angela Merkel dies bereits im Juli zur Priorität erklärt hatte.“
       
       Mit dem Haushaltsdeal könnte auch die Einigung der Staats- und
       Regierungschefs auf das Klimaziel für das Jahr 2030 einfacher werden, über
       das sie nun am Abend verhandelten. Auf dem Tisch liegt dabei eine
       Reduzierung des CO2-Ausstoßes in der EU um 55 Prozent.
       
       Mehrere Länder insbesondere aus Osteuropa hatten aber Vorbehalte, weil ihre
       Wirtschaft noch stark auf Kohle ausgerichtet ist. Der neue
       Mehrjahreshaushalt sieht Milliardenhilfen vor, um den Mitgliedstaaten den
       Übergang zu einer klimafreundlichen Wirtschaft zu erleichtern.
       
       10 Dec 2020
       
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