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       # taz.de -- Nach Angriff in Nigeria: Hunderte Schüler vermisst
       
       > Ein Überfall auf ein Internat weckt Erinnerungen an die verschleppten
       > Schülerinnen von Chibok. Jetzt wurde die Heimatregion des Präsidenten
       > angegriffen.
       
   IMG Bild: Polizisten patrouillieren in dem angegriffenen Internat in Kankara
       
       Monrovia taz | Auch zwei Tage nach dem erneuten schweren Anschlag im Norden
       Nigerias ist nicht klar, wie viele Schüler in Kankara im Bundesstaat
       Katsina vermisst werden. Mitunter ist die Rede von 400 verschleppten
       Kindern und Jugendlichen. Nach Angaben von Gambo Isah, Sprecher der Polizei
       in Katsina, sollen 200 in Sicherheit sein. Ob die fehlenden entführt wurden
       oder sich möglicherweise versteckten, ist nicht klar. Medien berichten, die
       Eltern seien in größter Sorge.
       
       In Kankara, einer Stadt mit rund 250.000 Einwohnern, hatten am späten
       Freitagabend 100 bis 150 mit Kalaschnikow-Sturmgewehren bewaffnete
       Angreifer das Internat für Jungen, das rund 800 Schüler besuchen,
       überfallen. Sie feuerten Schüsse ab und stifteten Chaos und Panik.
       
       In einem Bericht heißt es, dass sie eine Sicherheitskraft am Eingangstor
       erschossen hätten und so auf das Gelände gelangten. Mittlerweile soll das
       Versteck der Banditen in einem Wald gefunden worden sein. Es wird
       berichtet, dass es dort am Samstag zu einem Schusswechsel kam.
       
       Katsina ist die Heimat von Nigerias Präsident Muhammadu Buhari, der dort
       gerade zu einem privaten Besuch ist. Er nannte den Angriff „feige“.
       
       ## Zunahme von Entführungen und Überfällen
       
       Wer dahintersteckt, ist noch nicht offiziell bekannt. Seit gut eineinhalb
       Jahren kommt es in der Region immer häufiger zu Entführungen und
       Überfällen. Zuvor war davon vor allem der Nachbarbundesstaat Zamfara
       betroffen. Die Banditen plündern Häuser und Höfe, zerstören Ernten, stehlen
       Vieh und entführen Bewohner*innen.
       
       Betroffen sind längst nicht nur Wohlhabende und Personen mit sozialem
       Status, sondern alle, mit denen sich ein paar Naira erpressen lassen.
       Expert*innen warnten vor einigen Monaten allerdings davor, dass sich unter
       die Banden auch Terroristen – etwa Anhänger der islamistischen Miliz Boko
       Haram – mischen. So gelingt es ihnen, im Norden Nigerias ganze Landzüge zum
       rechtsfreien Raum zu machen.
       
       Nach dem Angriff von Kankara ordnete Gouverneur Aminu Bello Masari an, alle
       Internate in Katsina zu schließen. Sie sind in den vergangenen Jahren immer
       wieder Ziel von Angriffen geworden, da sie oft am Rande von Städten liegen
       und kaum geschützt sind.
       
       Am bekanntesten wurde der Angriff in Chibok, bei dem Boko Haram im April
       2014 276 Schülerinnen entführte. Laut den Aktivist*innen von
       #BringBackOurGirls werden [1][bis heute 112 vermisst].
       
       Dass Eltern ihre Kinder dennoch weiterhin in Internate schicken, liegt an
       der schlechten Infrastruktur. Wer in Nigeria auf dem Land lebt, hat oft
       keine Möglichkeit, täglich zu einer weiterführenden Schule zu fahren. Im
       Jahr 2013 – die aktuellste verfügbare Zahl – besuchten Kinder im Norden
       Nigerias im Schnitt gerade einmal vier Jahre lang die Schule.
       
       In Nigeria ist es der zweite schwere Angriff innerhalb von zwei Wochen.
       Ende November waren in der Nähe von Maiduguri, Hauptstadt des Bundesstaates
       Borno, [2][76 Bauern in Reisfeldern durch Boko Haram ermordet] worden – der
       schwerste Angriff der bewaffneten Islamisten in diesem Jahr.
       
       13 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Katrin Gänsler
       
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