URI: 
       # taz.de -- Wetternamen als Teilhabekämpfe: Tief „Ahmet“ ist da
       
       > Das Netzwerk Neue deutsche Medienmacher*innen (NdM) vergibt migrantische
       > Wetternamen. Jubel und Wut darüber sind aber oft unterkomplex.
       
   IMG Bild: „Wichtig ist, dass gesellschaftliche Vielfalt endlich Normalität wird, überall.“ – Ferda Ataman
       
       Tief „Ahmet“ bringt Schnee, und ein wenig Aufregung. Nicht des Schneefalls,
       klar, sondern des „Ahmet“ wegen. Verantwortlich zeichnet die Kampagne
       „Wetterberichtigung“ des [1][Netzwerks Neue deutsche Medienmacher*innen
       (NdM)], das marginalisierte Teile der Bevölkerung stärker in den Hochs und
       Tiefs dieses Landes abbilden will, auch in den meteorologischen eben. Dazu
       hat der Zusammenschluss 14 Patenschaften für Hoch- und Tiefdruckgebiete
       gekauft und sie migrantisch benannt. „Das Wetter diverser zu machen, ist
       nur ein symbolischer Schritt“, erklärt die Vorsitzende Ferda Ataman.
       „Wichtig ist, dass gesellschaftliche Vielfalt endlich Normalität wird,
       überall.“
       
       Es brachte erwartbar liberales Klatschen und rechten Zorn, aber das alles
       ist ein wenig unterkomplex; die Wetternamen sind soziologisch und
       ökonomisch sehr spannend. 1954 wurden sie zur besseren Kenntlichkeit
       eingeführt, Sinnbild einer zunehmend medialisierten Öffentlichkeit. Seit
       2002 gibt es Namenspatenschaften – und die ganz offen aus ökonomischer
       Motivation: „[…] zur Fortführung der vollständigen Klimabeobachtung“,
       [2][schreibt das Institut für Meteorologie]; sonst ist offenbar nicht genug
       Geld dafür da.
       
       Bürgerliche Eitelkeit („Ich will, dass der Sonnenschein nach mir benannt
       ist“) sichert die Finanzierung von Wissenschaft; ein Ausdruck des
       allgegenwärtigen privaten Sponsorings. Es ist nicht billig, die Preise für
       eine Patenschaft liegen bei 240 bis 360 Euro. Das wirkt sich wohl auch auf
       die Vergabe der Namen aus, einen Justin [3][findet man 2020 nicht].
       Hochdruckgebiete sind konsequenterweise teurer, weil langlebiger – für
       Exposition ein höherer Preis.
       
       Immer schon waren diese Wetternamen auch Grund gesellschaftlicher Kämpfe.
       Bis 1998 bekamen die Frauennamen Tiefs und die Männer Hochs zugesprochen,
       dann [4][regte sich feministischer Protest]. Seitdem gibt es eine jährlich
       abwechselnde Regelung. Interessant übrigens, dass [5][wesentlich mehr
       Frauen als Männer sich 2020 Wetter kauften]. Migrantische Namen fehlen auch
       aktuell nicht völlig. 2020 finden sich PatInnen wie Zehra, Karaket, Keywan
       oder Ramesh. Aber die große Aufregung um „Ahmet“ ist auch Spiegel einer
       Gesellschaft, die viel auf oberflächliche Symbolpolitik schaut. Und weniger
       auf Zusammenhänge, ökonomische Kritik und tiefergehende Maßnahmen. Und
       jetzt viel Spaß im Schnee.
       
       5 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.neuemedienmacher.de/
   DIR [2] http://www.met.fu-berlin.de/wetterpate/
   DIR [3] http://www.met.fu-berlin.de/wetterpate/hoch2020/
   DIR [4] https://www.mopo.de/hamburg/orkan--sabine--so-koennen-sie-sich-einen-sturm-namen-kaufen-36209680
   DIR [5] http://www.met.fu-berlin.de/wetterpate/tief2020/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Schwermer
       
       ## TAGS
       
   DIR Migration
   DIR Wetter
   DIR Gesellschaftliche Teilhabe
   DIR Unwetter
   DIR Migration
   DIR Islamismus
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR Integrationspolitik
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Sturm in Berlin und Brandenburg: Feuerwehr ruft Ausnahmezustand aus
       
       Sturmtief „Nadia“ sorgt für Chaos: Berliner*innen sollen das Haus nicht
       verlassen. Ein Mann wird von einem umstürzenden Wahlplakat erschlagen.
       
   DIR Quote für Menschen in der Verwaltung: Die rechtliche Basis fehlt
       
       Eine Quote für Menschen mit Migrationsgeschichte für den öffentlichen
       Dienst? Dafür ist wohl eine Änderung der Landesverfassung nötig.
       
   DIR Autorin über Schulreform: „Unser System stärkt Ungleichheit“
       
       Melisa Erkurt über ein Bildungssystem, das Aufstieg verhindert – und warum
       die Schule der einzige Ort ist, an dem sich Islamismus bekämpfen lässt.
       
   DIR Black Lives Matter im US-Baseball: Zeit für neue Zahlen
       
       Die Major League Baseball in den USA wird die Statistiken der sogenannten
       Negro Leagues anerkennen. Es ist ein später Schritt zur Gleichberechtigung.
       
   DIR Studie zu Einwanderung nach Deutschland: Kein Integrationsweltmeister
       
       Deutschland macht in der Integrationspolitik laut einer neuen Studie kaum
       Fortschritte. Es fehlen vor allem Bleibeperspektiven.