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       # taz.de -- Gericht lehnt Freilassung ab: Assange bleibt weiter in Haft
       
       > Ein Londoner Gericht lehnte am Mittwoch einen Antrag ab, den
       > Wikileaks-Gründer gegen Kaution auf freien Fuß zu setzen. Es bestehe
       > Fluchtgefahr.
       
   IMG Bild: Eine Unterstützerin am Montag, als über die Auslieferung Assanges in die USA geurteilt wurde
       
       London taz | Elf Worte der Richterin Vanessa Baraitser waren es am Mittwoch
       in London, die Wikileaks-Gründer Julian Assange wieder in das
       Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh im Südosten der britischen Hauptstadt
       verdonnerten: „I am satisfied he would fail to surrender. Remanded in
       custody“, sagte sie. Auf Deutsch: Sie sei davon überzeugt, dass Assange
       sich nicht den Behörden stellen würde. Die Haft werde deshalb
       aufrechterhalten.
       
       Am Montag hatte die gleiche Richterin [1][die Auslieferung Assanges an die
       USA abgelehnt], aufgrund seiner psychischen Gesundheit, die ihn [2][in
       US-Strafanstalten] in Lebensgefahr bringen würde. Es sei damit zu rechnen,
       dass Assange sich in diesem Fall das Leben nehme.
       
       Die US-Justiz wirft dem gebürtigen Australier vor, geheimes Material von
       US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und veröffentlicht
       zu haben. Der 49-Jährige habe damit das Leben von US-Informanten in Gefahr
       gebracht, so der Vorwurf. Da die US-Anwälte angekündigt hatten, sie würden
       gegen die Ablehnung der Auslieferung Berufung einlegen, muss Assange weiter
       in Haft bleiben. Dafür haben die USA bis zum 18. Januar Zeit.
       
       Richterin Baraitser nannte Assanges Flucht in die ecuadorische Botschaft
       als Indiz. Assange habe schon einmal versucht, sich der Justiz zu
       entziehen. Dorthin war Assange 2012 geflüchtet, nachdem Schweden ein
       Auslieferungsgesuch wegen Vergewaltigungsvorwürfen gestellt hatte.
       
       Baraitser nannte auch die Flucht des Whistleblowers Edward Snowden nach
       Russland als Zeichen dafür, dass auch Assange versuchen könne zu flüchten.
       Der Wikileaks-Gründer hätte hierzu die Kontakte. Im Gefängnis Belmarsh
       werde Assange gut behandelt werden, befand sie.
       
       Assanges Anwalt Edward Fitzgerald widersprach dem und verwies unter anderem
       auf die Gefahr einer Infektion mit Covid-19 in der Haftanstalt. Während die
       Anklage eine Polizeiaussage mit nur drei angeblichen Fällen zitierte, sagte
       Assanges Verteidigung, dass es erst vor zwei Wochen einen Ausbruch mit 90
       Infizierten in dem Hochsicherheitsgefängnis gegeben habe.
       
       Ein weiteres Hauptargument der Verteidigung war Assanges neue Familie in
       London, darunter seine Verlobte Stella Moris und ihre beiden Kinder, mit
       denen Assange bei einer Freilassung erstmals zusammenleben könnte. Moris
       hatte in einem TV-Interview am Mittwochmorgen angegeben, dass sie Assange
       am Montag das erste Mal seit Oktober 2020 zu Gesicht bekommen hätte.
       Richtigen Kontakt mit seiner Familie habe Assange auch wegen der
       Coronaschutzmaßnahmen zum letzten Mal im März 2020 gehabt, erklärte
       Fitzgerald auch der Richterin.
       
       Bei seiner Familie wäre Assange vor Covid-19 sicher, hieß es weiter. Und in
       Großbritannien profitiere er vom britischen Rechtssystem und dem
       Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Fitzgerald berief sich
       außerdem auf den Artikel 8 der Menschenrechte für Rechtsschutz, denn
       Assange sitze aufgrund des Verfahrens bereits 15 Monate in Haft. Doch der
       zweistündige Austausch der Argumente blieb erfolglos.
       
       ## Wikileaks-Chef: Entscheidung ist unmenschlich
       
       Nach dem Urteil erklärte Wikileaks-Chef Kristinn Hrafnsson vor dem Gericht,
       Assanges Verteidigung werde gegen dieses Urteil Berufung einlegen. Er
       bezeichnete die Entscheidung als unmenschlich und unlogisch. Sowohl er als
       auch Assanges Verlobte Stella Moris plädierten dafür, dass die USA die
       Anklage aufheben sollten.
       
       Eine Schar von geschätzt 100 Unterstützer*innen Assanges bemühte sich
       derweil trotz des landesweiten britischen Lockdowns vor das Londoner
       Gericht und skandierte „Free, Free Assange“. Mindestens zwei Menschen
       wurden dabei von der Londoner Polizei auf Basis der Verfügungen zum Schutz
       gegen Covid-19 festgenommen.
       
       6 Jan 2021
       
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