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       # taz.de -- Coronamythen und Fakten (7): „Impfstoff ändert Erbgut“
       
       > Nein: Das Biontech-Vakzin enthält RNA, die eine Antikörper-Produktion
       > auslöst, aber nicht die DNA verändert.
       
   IMG Bild: Die Auseinandersetzung mit dem Impfstoff findet in Grossbritannien im Straßenraum statt
       
       Ein rein gentechnisch hergestellter Wirkstoff, der eine Erbgutsequenz in
       menschliche Körperzellen einschleust – für alle, die Gentechnik ablehnen,
       klingt das wie Frankensteins Horrormedizin. Tatsächlich sind die
       Mechanismen hinter dem Biontech-Impfstoff weniger dramatisch, als sie
       klingen. Ja, er arbeitet mit den Mechanismen, mit denen unsere Zellen
       Eiweißstoffe aufbauen. Doch die Substanz greift nicht in das vorhandene
       Erbgut ein.
       
       Genetische Informationen liegen in allen Lebewesen in zwei Formen vor: als
       DNA und als RNA. Die DNA ist ein eher robuster Molekülstrang, auf dem der
       genetische Bauplan des Organismus gespeichert ist. Diese
       Originalinformationen lagern gut geschützt im Zellkern. Sie werden
       normalerweise nur ausgelesen, nicht verändert – in Computersprache würde
       man sagen: Sie sind schreibgeschützt.
       
       ## Der Unterschied zwischen DNA und RNA
       
       Um etwas mit der DNA anfangen zu können, kommt die RNA ins Spiel. Sie ist
       eine Arbeitskopie der DNA, die außerhalb des Zellkerns etwas bewirkt. Im
       Zusammenspiel zwischen Zellkern und Zelle kommt hier besonders häufig
       Boten-RNA (oder mRNA) zum Einsatz. Es handelt sich dabei um ausgewählte
       Schnipsel von Erbinformation, die aus der DNA herauskopiert werden. Mittels
       dieser mRNA werden dann in den Zellen die darin beschriebenen Moleküle
       hergestellt.
       
       Diesen Mechanismus nutzen die Firmen Curevac, Moderna und Biontech für
       Impfstoffe und Heilmittel. In den 90er Jahren hat eine Forscherin entdeckt,
       dass sich mRNA mit einer Reihe von Tricks von außen in die Zelle
       einschleusen lässt, wenn sie mit einer Hülle aus speziellen Fettmolekülen
       umgeben ist. Die Zellmaschine liest sie aus und stellt eine Weile lang
       eifrig die darin kodierten Moleküle her. Die mRNA existiert dabei nur
       wenige Stunden oder allenfalls Tage, dann zerfällt sie.
       
       Grundsätzlich lassen sich damit alle Sorten von Molekülen herstellen. Eine
       maßgeschneiderte Impfung gegen Tumore war bei Biontech die ursprüngliche
       Anwendungsabsicht. Jetzt beschreibt die mRNA eben ein Stück des auffälligen
       Stachels auf der Oberfläche von Sars-CoV-2. Entscheidend ist nun: Die DNA
       im Zellkern wird von dem Vorgang nicht berührt, das Erbgut des Körpers also
       nicht verändert.
       
       Das alles bedeutet nicht, dass der Impfstoff völlig ohne Risiken ist. Die
       Technik ist vergleichsweise neu und hatte bisher keine Anwendung im
       Massenmarkt. Es könnte versteckte Nebenwirkungen geben, die erst lange nach
       der Injektion auftreten. Die weltweite Forschergemeinde hält das –
       zumindest in der Theorie – jedoch [1][wegen der Kurzlebigkeit der mRNA für
       ausgeschlossen].
       
       17 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.nature.com/articles/nrd.2017.243
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Finn Mayer-Kuckuk
       
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