# taz.de -- Kunst sehen trotz Lockdown: Über Wasser halten
> Der Skulpturenpark am Haus am Waldsee, ein einsamer Baum über dem
> Wolziger See: An Gewässern in Berlin und Brandenburg findet Kunst statt.
IMG Bild: „Stand und Verfassung“, 2020, Installation von Inge Mahn und Vlado Velkov über dem Wolziger See
Für den Moment verleiht ein Jahreswechsel ein Gefühl der Erleichterung, von
Neuanfang, vielleicht sogar Transformation. Die Pandemie aber folgt ihrer
eigenen Zeitrechnung. Auch im Januar werden Museen und andere Kunstorte
ihre Räume weiterhin für Präsenzbesuche geschlossen halten. Der
Skulpturenpark im Freien am [1][Haus am Waldsee] allerdings kann geöffnet
bleiben. Der von Bäumen gesäumte Park am Wasser vereint Skulpturen
verschiedener Dekaden.
Darunter auch „Kreatur des Einfalls“ (2019) von [2][Katja Strunz], ein auf
spitze Kante gefalteter Korpus aus galvanisiertem Stahl. Die Idee, das
Kreieren – sie schwingen im Titel mit, vor allem stellt sich hier „Einfall“
aber als Einfallswinkel, als Wucht vor, so immanent und heftig muss die
Skulptur in den Boden gefahren sein, um derart weit über den Boden kragen
zu können.
Auf dem Wasser hingegen Leichtes, Feinperliges, Nebliges. [3][Markus
Jeschaunigs] Installation „The Weather Project“ (2018) versprüht
Wassertropfen, die in atmosphärischen Formationen über den See schweben.
Dass Klimaphänomene menschengemacht sind, beschäftigt den künstlerischen
Forscher schon lange – und welche Alternativen sich kreieren lassen.
„System-Restart“ nennt er das, nachzulesen in seinem [4][“Coronatagebuch“].
Blick nach Brandenburg: Ein eindrückliches Bild zum gerade mal ein paar
Tage zurückliegenden Jahresende bieten [5][Inge Mahn] und [6][Vlado Velkov]
mit ihrer Installation „Stand und Verfassung“ auf dem Wolziger See bei
Zossen. Seit Weihnachten schwebt hier ein verlassener Tannenbaum inmitten
des Sees über der Wasseroberfläche. Die einzige Gesellschaft, die er hat,
ist sein eigenes Spiegelbild, in dem die silbernen Kugeln glitzern und
wabern. Wie weit er genau vom Ufer entfernt ist, wie lange er sich noch
drehen wird, bis der Lockdown aufgehoben werden kann – und damit auch die
Bauminstallation offiziell wieder abgebaut wird –, ist Kräften überlassen,
die nur bedingt beeinflussbar sind.
Derweil muss man andere Zeiten und Orte imaginieren. Oder sich ins Wasser
denken und zum Kunstwerk schwimmen. Im Projekt [7][„Odyssey“], hat Velkov
ein solches Erleben 2017 tatsächlich schon einmal als Künstlerischer Leiter
umgesetzt. Das Publikum konnte zu den Arbeiten von Tanaz Modabber, Daewha
Kang, Daniel Knorr und anderen kraulen und mit ihnen im Möhnsee schwimmen.
Der Wolziger See, ein Gewässer voller Hechte, Schleien, Flussbarsche und
Graskarpfen, mag kein Badesee sein, aber allein die Bewegtbilder, die
Velkov und Mahn auf [8][Vimeo] auch für Menschen zeigen, die sich nicht
draußen aufhalten können, ermöglichen es, sich zumindest gedanklich über
Wasser zu halten. Reden nicht gerade alle wieder vom Eisbaden?
12 Jan 2021
## LINKS
DIR [1] https://hausamwaldsee.de/skulpturenpark/
DIR [2] http://www.katjastrunz.com/
DIR [3] https://agencyinbiosphere.com/
DIR [4] https://hausamwaldsee.de/blog/corona-tagebuch-markus-jeschaunig-aus-graz/
DIR [5] http://alephino.documentaarchiv.de/alipac/EMUASRKWTAZJDKDXXLFL-00016/sysfull?BASE=B-ART&IDN=9269
DIR [6] http://www.velkov.com/
DIR [7] http://www.odyssey.to
DIR [8] https://vimeo.com/492997298
## AUTOREN
DIR Noemi Molitor
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