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       # taz.de -- Die Wahrheit: „Pralinen kommen gut weg!“
       
       > Zum Start des stocknüchternen Saturn-Jahres 2021 steht hier das besoffen
       > gute Wahrheit-Interview mit der berühmten Magierin Baba Manga.
       
       Die Anreise in den Vorgarten der famosen Seherin und früheren
       Gurkenveredlerin Baba Manga, die mit bürgerlichem Namen Petra Schübel heißt
       und vor 57 Jahren in Remscheid geboren wurde, gestaltet sich in
       Coronazeiten heikel. Auch das Codewort am Jägerzaun („Berührt, geführt“)
       will erst nicht recht klappen. Doch dann öffnet sich das Gartentürchen –
       und da kommt sie uns auch schon mit flatterndem Glitzermorgenmantel und
       noch mehr darunter entgegen. Exklusiv gewährt Baba Manga der Wahrheit zu
       Beginn des zweiten pandemischen Jahres eines ihrer raren Interviews. 
       
       taz: Als Zauberer oder Magier werden Menschen bezeichnet, deren Fähigkeiten
       aus der Perspektive des Beobachters nicht in Einklang mit dessen bisheriger
       Interpretation der Umwelt stehen und sich von ihm auch nicht religiös
       deuten lassen. 
       
       Baba Manga: Ja, und?
       
       Ich habe doch noch gar nichts gefragt. 
       
       Dann wird es aber mal Zeit, Sie sind sicher im Aszendenten Krebs. 
       
       Stimmt, woher wissen Sie das? 
       
       Ich bin ja nicht nur Magierin, sondern auch Astrologin, Gurkenveredlerin
       und Hellseherin. Aber jetzt fragen Sie mich doch endlich was Gescheites. 
       
       Mögen Sie Gurken? 
       
       Ich liebe Gurken, besonders die krummen, die sich dem Veredlungsprozess
       widersetzen. Da fängt es erst an, spannend zu werden. 
       
       Seit vielen Jahren, Baba Manga, kümmern Sie sich aber weniger um Gurken als
       vielmehr um Übersinnliches. 
       
       Sagen Sie mal, haben Sie eigentlich Fragen mitgebracht oder was wollen Sie
       von mir? 
       
       Das frage ich Sie, Sie sind doch hier die Magierin. 
       
       Jetzt werden Sie mal nicht frech. Der Fluch der verkürzten
       Kraftfeld-Scheibe steht schon bereit, ich muss nur einmal meine mittlere
       Hand heben. 
       
       Na gut. Woher kommt eigentlich der Name Baba Manga? 
       
       Meine liebe alte Bekannte, die wohl berühmteste Seherin aller Zeiten, das
       viel zu früh verschiedene bulgarische Epikraftzentrum Ewangelia
       Guschterowa, nannte sich bereits seit ihrem 13. Lebensjahre Baba Wanga. Und
       per Gedankenfernübertragungssprecher gestattete Baba Wanga mir ganz kurz
       vor dem Mauerfall 1989, dass ich mich ab dem 9. 11. 1989 Baba Manga nennen
       darf. Dafür bin ich ihr heute noch überaus dankbar. 
       
       Bitte. 
       
       Danke. Aber mit Mangas oder Mangos hat mein Name allerdings nichts zu tun,
       falls Sie das fragen wollten. 
       
       Dann überlege ich mir jetzt eine neue Frage. 
       
       Das wird aber auch Zeit. Wie lange soll ich denn noch warten! Warten Sie,
       jetzt sehe ich ihre nächste Frage vor mir. 
       
       Und, die wäre? 
       
       Haben Sie Anfang 2019 Corona vorhergesagt?
       
       Ich? 
       
       Nein, ich. Ich, Baba Manga.
       
       Und? 
       
       Gnädigste, niemand, nullkommaniemand auf diesem Globus hat Corona kommen
       sehen. Ich sehe es übrigens auch nicht gehen, aber das steht auf einer
       anderen Glaskugel geschrieben. 
       
       Haben Sie Beweise, dass niemand es hat kommen sehen? 
       
       Ich arbeite nicht mit Beweisen, das gehört sich in meinem sehr weiten Feld
       nicht. Aber bitte, hier (sie zieht eine taz-Seite vom 31. 12. 2020 aus
       ihrer Glitzermorgenmanteltasche), hier steht es geschrieben: „Null
       Prognosen von Hellsehern, Astrologen oder Wahrsagern für das Jahr 2020
       sahen Seuchen, globale Krankheiten oder gar Masken voraus, hat die
       hessische Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von
       Parawissenschaften (GWUP) festgestellt.“ (Baba Manga streicht ihren
       Morgenmantel glatt.) Ah, das war sicher wieder der Udo! 
       
       Wie, was ist mit dem Udo? 
       
       Der Udo war mal einer von uns. Und dann haben ihn die Roßdorfer von der
       GWUP entführt. Roßdorf liegt angeblich bei Darmstadt. Aber ich glaube das
       nicht. Also, der Udo, der hat Turbopartnerrückführungen gemacht,
       Liebeszauber, Erfolgsmagien, ja, aber vor allem
       Lottoglückaktivierungsmagien, dass sogar der Nikki Pezaro nicht mehr
       weiterweissagte. 
       
       Nikki Pezaro? Der Nikki Pezaro?
       
       Kennen Sie den?
       
       Nein. 
       
       Dann fragen Sie doch nicht so dumm. Lassen Sie mich doch ausreden. 
       
       Bitte. 
       
       Danke. Nun ja. Der Nikki. Ein Medium, wie es kein zweites, zumindest auf
       diesem Globus, gibt. Diese Hände … ich vergesse mich. Wo waren wir stehen
       geblieben?
       
       Was fragen Sie mich das? Ich kenne Nikki Pezaro nicht. 
       
       Ach, Nikki … (Baba Manga nestelt an ihrem Glitzermorgenmantel.) Nun ja. Der
       Nikki hat für 2020 einen Riesenaffen, so einen wie King Kong, vorhergesagt,
       der auf einer einsamen Insel entdeckt werden sollte. Das stimmt ja auch,
       aber erst für 2021, Mitte August oder Ende November, das ist jedenfalls
       meine Prophezeiung. 
       
       Und sonst so? 
       
       Sie meinen, was uns sonst so im Saturn-Jahr bevorsteht?
       
       Exakt. 
       
       Baba Manga nimmt einen ausgelutschten Kaugummi aus ihrem kirschroten
       Mundwerk und hält ihn gegen die Außenbeleuchtung. Dann kneift sie ihre
       Kontaktlinsen zusammen. 
       
       Es wird ein Zwillingsjahr plus eins geben, auch 2021 genannt. Die
       Schicksalsriesen Saturn und Pluto hatten sich ja bereits Ende 2019 auf eins
       plus zwei Kaltgetränke getroffen, um die grundlegende Veränderung des
       Weltwertesystems systemisch einzuläuten. Und da sind wir jetzt. 
       
       Wo? 
       
       Na hier, im Garten. Für Deutschland, übrigens Sternzeichen Zwilling,
       Aszendent Waage, wird es 2021 mehr als holprig werden. Saturn-Jahre sind
       kalte, ja nachgerade frigide Jahre. Oder lassen Sie mich es so ausdrücken:
       Spaß kommt dieses Jahr nicht groß zum Zuge, dafür ist Clean Chic angesagt.
       
       Für Saubermänner und Sauberfrauen wird es also ein sauberes Jahr? 
       
       Ganz recht, auch im Reinigungsgewerbe erblicke ich im Jahr des Saturns
       kräftig steigende Umsätze. 
       
       Und wer räumt 2021 noch so ab? 
       
       Saturn setzt Schlagbäume, feudelt und saugt. Grenzschützer,
       Staubsaugervertreter und Putzkolonnen dürfen auf ein Plus in der Kasse
       hoffen. 
       
       Sehen Sie denn rein gar nichts Leckeres an diesem stocknüchternen annus
       frigidis heraufziehen? 
       
       Doch: Pralinen kommen letztlich gut weg, besonders dunkle. 
       
       Baba Manga, wir danken ihnen für dieses Gespräch.
       
       9 Jan 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Harriet Wolff
       
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