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       # taz.de -- Athleten-Widerstand nicht nur in den USA: We the Sport – We the People
       
       > Während Donald Trump Ex-Golfprofis ehrt, kämpfen Basketball- und
       > Tennisprofis für Menschenrechte. Sport hat ein enormes demokratisches
       > Potenzial.
       
   IMG Bild: NBA- und WNBA-Profis bei einer Black-Lives-Matter-Demo in Washington, Juni 2020
       
       Die Meldung des Tages aus Washington: Die Golfprofis Annika Sörenstam aus
       Schweden und Gary Player aus Südafrika werden von Noch-US-Präsident Donald
       Trump mit der [1][Presidential Medal of Freedom] geehrt. Trump verkündete
       dies einen Tag nach dem Sturm des Capitols. Beide nehmen die Ehrung an.
       
       Nimmt man ernst, was überall hoch- und runtergebetet wird, ist das völlig
       okay: Sport und Politik haben nichts miteinander zu tun, also brauchen sich
       Sörenstam und Player auch nicht mit Trumps Regime beschäftigen. „Beim Sport
       geht es darum, Menschen zu vereinen. Menschen aus allen Lebensbereichen,
       mit allen politischen Ansichten. Sie sollten im Sport willkommen sein.“
       Solche Sätze sind nicht nur im deutschen Sport mehrheitsfähig, ach, was
       sage ich, sie sind Allgemeingut.
       
       Diese Sätze stammen von Kelly Loeffler, Mitbesitzerin eines Profiteams der
       US-Frauenbasketballliga WNBA, in diesen Tagen gescheiterte Kandidatin um
       einen Sitz im US-Senat und bis Mittwochabend loyale Gefolgsfrau von Trump.
       Gescheitert ist Loeffler nicht zuletzt an der [2][politischen Macht der
       Spielerinnen]. Es waren die schlecht bezahlten Angestellten von
       Klubbesitzern – und nicht die ja tatsächlich supergut bezahlten männlichen
       NBA-Profis -, die Loeffler und Konsorten vom Platz gejagt haben.
       
       Man kann auch sagen: Es waren diese Sportlerinnen, die die Politik im Sport
       sichtbar gemacht haben, wofür wir ihnen mehr als nur dankbar sein sollten.
       Sie haben nämlich an einem praktischen Beispiel und zu einem verdammt
       wichtigen historischen Zeitpunkt bewiesen, dass die Rede vom unpolitischen
       Sport ein unglaublich reaktionäres Geschwafel ist. Sie ist bloß dieser
       Unfug, mit dem vom IOC und der Fifa bis hin zum DOSB und Horst Seehofers
       Sportministerium alle hausieren gehen. Doch das hat, das ist schön,
       Loeffler nicht geholfen.
       
       ## Freiheitsmedaille, Lorberblatt und „mündiger Athlet“
       
       Muhammad Ali, Billie Jean King, Tommie Smith und John Carlos, das sind
       große Namen in der Tradition von Sportlerwiderstand. All denen wurde in dem
       Moment, in dem sie sich zu Wort meldeten, mitgeteilt, sie hätten nicht
       genügend Überblick, ihnen fehlte es an Bildung, Lebenserfahrung und
       charakterlicher Eignung – schließlich seien sie doch letztlich nur
       Sportler, tumbe Muskelpakete. Nur wenn Athleten Worte wie „Vorbildfunktion
       des Sports“ oder „soziale Verantwortung“ sagen und sich mit
       Freiheitsmedaille oder Silbernem Lorbeerblatt würdigen lassen, dann sind
       die Herrschaften, die sich selbst als politische Elite betrachten, bereit,
       Sportlern den Status eines „mündigen Athleten“ zu verleihen.
       
       „Don’t mix sports and politics“ ist ein politisches Gebot. Und zwar eines
       von oben. Doch die Antwort, wie sie derzeit von NBA- und WNBA-Profis, von
       Naomi Ōsaka und Colin Kaepernick und vielen anderen kommt, ist eine
       unglaublich wichtige und eminent demokratische Selbstermächtigung: Wir sind
       der Sport. An die Trumps und Loefflers gerichtet lautet sie: Ihr seid nur
       die, die mit unserem Können Geld verdienen wollen.
       
       Das Gehalts- und Einkommensgefälle zwischen NBA-Stars und der
       US-Open-Siegerin Ōsaka auf der einen und den unterbezahlten Spielerinnen
       der WNBA auf der anderen Seite ist enorm, aber Opfer von Rassismus und
       Sexismus können alle werden, und wurden es oft auch. Zudem haben auch
       Athleten, die durch den Sport zu Multimillionären wurden, oft nicht
       vergessen, dass sie meist aus der Working Class kommen. Viele wissen auch,
       wer ihre Fans sind, wer bei ihrem Aufstieg an ihrer Seite stand. Ganz
       allgemein gilt, das im großen Volksvergnügen Sport ein enormes
       demokratisches Potenzial steckt, das derzeit immer deutlicher zu Tage
       tritt. Öfter im Basket- und Fußball, manchmal im Tennis und wie wir seit
       Donnerstag wissen: eher nicht im Golf.
       
       8 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://golfweek.usatoday.com/2021/01/07/opinion-annika-sorenstam-gary-player-shame-golf-trump/
   DIR [2] /Sportler-gegen-Trump/!5738312
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Krauss
       
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