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       # taz.de -- Der Senat und seine IT: Hauptsache, das neueste Modell
       
       > Der Senat will keine gebrauchte Elektronik kaufen – und die SenatorInnen
       > lieben schicke iPhones. Das ergab eine Anfrage der Grünen.
       
   IMG Bild: Ohne geht's nicht. Aber muss es immer das teuerste sein?
       
       Bei vielen NutzerInnen von Laptops und Smartphones hat es sich längst
       herumgesprochen: Es muss nicht immer ein nagelneues – und teures – Gerät
       sein. Viele Firmen bieten mittlerweile Ware an, die schon ein oder zwei
       Jahre auf dem Buckel hat, aber nach einer Überarbeitung wie neu aussieht
       und funktioniert. Den vermeintlichen Nachteil, dass es eben nicht das
       brandaktuelle Modell ist, machen deutlich günstigere Preise wett.
       Gleichzeitig freut sich die Umwelt über längere Lebenszyklen der Geräte,
       also eine effizientere Nutzung der verwendeten Ressourcen.
       
       Im rot-rot-grünen Senat hat sich diese Erkenntnis noch nicht so richtig
       herumgesprochen – zumindest zieht man keine Schlüsse daraus. Das ergibt die
       Antwort der Innenverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage des
       klimaschutz- und umweltpolitischen Sprechers der Grünenfraktion, Georg
       Kössler.
       
       „Generell“ sei die Beschaffung gebrauchter Informationstechnik (IT) „nicht
       ausgeschlossen“, so die zuständige Staatssekretärin Sabine Smentek (SPD).
       Allerdings bevorzuge das [1][ITDZ Berlin] – der zentrale IT-Dienstleister
       des Landes – den Kauf neuer Hardware auch deshalb, weil für diese die
       Bedingungen in Sachen Garantie, Herstellersupport und Updates besser seien.
       Laut Smentek sind das „zwingende Voraussetzungen für eine
       komplikationsfreie Nutzung, einen reibungslosen Betrieb und eine schnelle
       Reaktion bei Störungen oder Ausfällen“.
       
       Billig kommt teuer, lautet offenbar der Standpunkt der Verwaltung: „Der
       personelle und finanzielle Aufwand, um gebrauchte (veraltete) Technologien
       dem aktuellen/einheitlichen Standard anzupassen, ist hoch und bietet
       wirtschaftlich keinen Vorteil gegenüber der Neubeschaffung von Geräten“,
       schreibt Smentek in ihrer Antwort an Kössler.
       
       ## Umweltfreundlich entsorgen
       
       Auch eine Verlängerung der Lebensdauer über die auf 4 bis 5 Jahre angelegte
       Nutzung in der Verwaltung hinaus komme nicht infrage: Man habe bereits in
       der Vergangenheit die Möglichkeit des Wiederverkaufs oder der Weitergabe an
       gemeinnützige Stellen geprüft, so Smentek: „In der Regel ist es so, dass
       für die BSI-konforme Datenlöschung bei technologisch veralteten und
       ausgesonderten Geräten die Speicherelemente nicht nur geleert, sondern
       ausgebaut und vernichtet werden müssen.“ Sinnvollste Option sei darum die
       „umweltfreundliche Entsorgung“. Das BSI ist das Bundesamt für Sicherheit in
       der Informationstechnik.
       
       Zur Größenordnung: Im Jahr 2019 hat der Senat über das ITDZ 30.673
       sogenannte Arbeitsplatzcomputer beschafft. Im Coronajahr 2020 waren es
       15.970 Stück.
       
       Weiterhin fragte der Grünen-Abgeordnete, welche Smartphones die
       Senatsverwaltungen anschaffen. Hier bleibt die Antwort sehr vage, die
       genaue Zahl der 2019 und 2020 angeschafften Telefone wird nicht genannt.
       Klar ist nur: Alle SenatorInnen scheinen die jeweils neuesten
       Apple-Produkte zu lieben. So standen bei der Gesundheitsverwaltung das
       iPhone XS Max und das iPhone 11 Max auf der Einkaufsliste.
       
       Kössler findet diese Einstellung problematisch. Auf der einen Seite gebe es
       mit der [2][Verwaltungsvorschrift „Beschaffung und Umwelt“] bereits Regeln
       für eine umweltfreundlichere Beschaffung von IT-Geräten, die zum Beispiel
       Lebenszykluskosten statt reiner Anschaffungskosten betrachtet. Das mache
       Berlin zum bundesweiten Vorreiter. „Aber wir müssen uns weiter verbessern“,
       findet der Grünen-Politiker. „Die Senatsmitglieder können Vorbild sein und
       mit erneuerten Gebrauchtgeräten ganz praktisch Ressourcen sparen.“
       
       Dass dadurch irgendjemand substanzielle Einbußen beim Anwendungserlebnis
       erleidet, glaubt Kössler nicht, und er kann dabei aus eigener Erfahrung
       sprechen: „Mein eigenes Handy ist secondhand und läuft super!“
       
       10 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.itdz-berlin.de/
   DIR [2] https://www.berlin.de/senuvk/service/gesetzestexte/de/beschaffung/
       
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