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       # taz.de -- Studie zur geplanten Küstenautobahn A20: 25 Millionen Euro pro Kilometer
       
       > Die Küstenautobahn wird laut einer BUND-Studie doppelt so teuer wie
       > geplant. Die bundeseigene Autobahn GmbH kann die Berechnung nicht
       > nachvollziehen.
       
   IMG Bild: Der Streit über A20 ist alt: Schon 2001 zogen Protest-Karawanen wie diese hier die Trasse entlang
       
       Neumünster taz | Die „Küstenautobahn“ A20 „überwindet die Trennung zwischen
       Schleswig-Holstein und Niedersachsen, lässt Nord- und Ostseeanrainerstaaten
       näher zusammenrücken, fördert die heimische Wirtschaft“. So schwärmt die
       Landesbehörde für Verkehr und Straßenbau in Niedersachsen. Umweltverbände
       und Bürgerinitiativen entlang der Trasse verweisen dagegen auf zubetonierte
       Flächen, zerteilte Natur- und Lebensräume, Lärm und einen Zuwachs an
       Verkehr. Nun hat der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) noch ein
       Argument gegen die Straße bekommen: Laut einer Studie wäre sie deutlich
       teurer als geplant und damit aus rein wirtschaftlichen Gründen „nicht
       bauwürdig“.
       
       Rund 5,8 Milliarden Euro Kosten, rund 4.000 Hektar Flächenverbrauch: „Die
       Autobahn 20 steht beispielhaft für alles, was eine moderne Verkehrsplanung
       nicht sein sollte“, sagt Kirsten Erwentraut, Autorin der Studie im Auftrag
       des BUND, die die Kosten der geplanten Trasse berechnet hat. Demnach würden
       pro Kilometer rund 25 Millionen Euro fällig, deutlich mehr als sonst bei
       Autobahnbauten und fast doppelt so viel, wie im Bundesverkehrswegeplan
       ausgewiesen. Ein Grund für die hohen Kosten seien die schwer zu bebauenden
       Moor- und Marschflächen, über die die Trasse nach jetziger Planung führt.
       
       Eben dieses „nasse Paradies“ zwischen Elbe und Weser, mit den Elbauen und
       der Wesermarsch sei besonders wichtig für den Klimaschutz, so Heiner
       Baumgarten von BUND Niedersachsen: „Die Autobahn zerstört die Böden, die
       wir für den Klimaschutz brauchen.“ Naturräume würden zerschnitten, die
       Artenvielfalt und die Brutgebiete der Zugvögel gefährdet.
       
       Der Streit über die A 20 ist alt. Seit Jahren wird an der Trasse nicht
       weitergebaut, weil Klagen von Kommunen, Anwohner*innen und Umweltgruppen es
       verhindern. Eben daher rühren auch die hohen Kosten, sagt
       Schleswig-Holsteins Wirtschafts- und Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP)
       der taz. „Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass ausgerechnet der
       Umweltverband, der den A-20-Bau seit über 20 Jahren beklagt und torpediert,
       nun genau diese Verzögerungen und die damit naturgemäß verbundenen
       Preissteigerungen als K.O.-Argument ins Feld zu führen versucht.“
       
       Das sei sehr durchsichtig und vor allem auch zynisch gegenüber all den
       Anwohnern und Pendlern, die tagtäglich unter dem Stau rund um Bad Segeberg
       zu leiden haben. „Die Umweltschutzverbände könnten sofort jegliche weitere
       Preissteigerungen dadurch verhindern, dass sie ihre Blockade-Haltung
       aufgeben und die Klagen zurückziehen“, sagt Buchholz.
       
       Die Verbände denken aber gar nicht daran. Olaf Brandt, Bundesvorsitzender
       des BUND, hofft darauf, dass der Streit über Verkehrsprojekte wie die A20
       eines der Themen in diesem Super-Wahrjahr werden wird. „Wir haben durch die
       Friday-for-Future-Bewegung und Proteste wie gegen die Abholzung im
       Dannenröder Forst eine breitere Basis und damit eine neue Situation.“
       
       Autobahnbau ist eine Bundesaufgabe, die seit Januar diesen Jahres von der
       Autobahn GmbH, einer Gesellschaft des Bundes, umgesetzt wird. Für die „ist
       und bleibt die A20 ein entscheidendes Infrastrukturprojekt im Norden der
       Bundesrepublik“, teilt ein Sprecher auf Anfrage mit. Die vom BUND
       angegebenen Kosten könnten nicht nachvollzogen werden, seriöse Berechnungen
       seien erst am Ende der Planung möglich. Aber dass der BUND „durch sein
       eigenes Verhalten“ die Terminverzögerungen und Kostensteigerungen zu
       verantworten habe, sei evident.
       
       Im Verkehrswegeplan des Bundes steht die A 20 seit 2016. Damals seien
       Klimaschutzaspekte kaum behandelt worden, beklagt Brandt, obwohl sich die
       Bundesregierung zeitgleich zum Pariser Abkommen bekannte. Der Plan wird
       alle fünf Jahre überarbeitet – 2021 steht er also erneut auf dem Prüfstand.
       Mit Protesten und politischem Druck ließe sich vielleicht ein
       Meinungsumschwung bewirken, so Brandt.
       
       Die Regierungen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen stehen
       grundsätzlich zur „Küstenautobahn“. „Der Weiterbau der A20 wird wie vom
       Bund vorgesehen zügig umgesetzt. Wenn für einen Streckenabschnitt Baurecht
       vorliegt, wird dieser realisiert. Wir werden an der geplanten
       Trassenführung festhalten“, heißt es im Koalitionsvertrag der Kieler
       Jamaika-Regierung – auch wenn die Grünen keine Freund*innen der Straße
       sind.
       
       CDU und SPD in Niedersachsen haben vereinbart, die „im
       Bundesverkehrswegeplan im vordringlichen Bedarf verankerten Projekte zügig
       vorantreiben“, dazu zählen die A20 und die Lückenschlüsse zur A26, die Teil
       der Küstenautobahn sind. Niedersachsens Verkehrsminister Bernd Althusmann
       (CDU) sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Autobahnprojekte wie die A20
       tragen insgesamt dazu bei, den Logistik- und Wirtschaftsstandort
       Niedersachsen leistungsfähiger und attraktiver zu machen.“ Die „Menschen
       vor Ort“ profitierten von der besseren Verkehrsanbindung.
       
       Das sieht der BUND-Landesvorsitzende Baumgarten ganz anders: „Wer hier aufs
       Land zieht, will in einem ruhigen Raum leben.“
       
       13 Jan 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Esther Geißlinger
       
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