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       # taz.de -- Amazon-Film „Sylvie's Love“: Mehr Schwarze Liebesgeschichten
       
       > „Schwarze Filme“ sind rar. Wenn es welche gibt, dann geht es meist um
       > Rassismus. „Sylvie’s Love“ ist anders und ein richtiger Einschlaftraum.
       
   IMG Bild: Schauspielerin Tessa Thompson in dem Film „Sylvie's Love“
       
       Neulich schaute ich mir den Film „Sylvie’s Love“ an. Er wurde mir von
       meiner Schwester als die ultimative Rom-Com für meine von den Nachrichten
       geplagte Seele empfohlen. In den Hauptrollen Tessa Thompson und Nnamdi
       Asomugha. Black Love also. Meine Schwester fügte hinzu: Der Film ist ein
       richtiger Einschlaftraum.
       
       Einschlaftraum, müsst ihr wissen, ist ein Begriff, der sich in unserer
       Familie (zwischen mir und meinen Schwestern) durchgesetzt hat für
       Geschichten, die man sich selbst kurz vorm Einschlafen erzählt. Sie sind
       meist romantischer Natur, die Hauptrollen sind immer Menschen, die man
       selbst gerade süß, heiß oder interessant findet. Menschen, in denen man
       verknallt ist. Crushes also, wie man neudeutsch sagt.
       
       Als Teenie habe ich mir zum Beispiel zum Einschlafen vorgestellt, wie ich
       meinem Schwarm zufällig im Einkaufszentrum (in meinem Fall das Centro in
       Oberhausen) über den Weg laufe. Er kommt auf mich zu, wir sprechen ein
       bisschen, meine Freundinnen rasten im Hintergrund komplett aus und zum
       Schluss fragt er mich nach meiner ICQ-Nummer und es ist der Beginn einer
       langen (Schulhof-)Beziehung.
       
       Einschlafträume sind in der Regel dramaturgisch recht simpel, dafür können
       Details richtig viel Platz einnehmen. Als Teenie habe ich stundenlang
       darüber nachgedacht, was mein Schwarm in meinem
       Einkaufszentrum-Einschlaftraum anhatte. Einen FUBU-Pulli und
       Basketball-Shorts oder doch ein bisschen mehr Emo?
       
       ## Meistens geht es um Leid und Trauma
       
       Einschlafträume waren [1][wie ein Safe-Space] für mein Teenieleben. Ich
       wurde in der 6. und 7. Klasse gemobbt und habe das, was Teenager
       normalerweise auf dem Schulhof oder mit Freunden ausleben, kurzerhand in
       meinen Einschlafträumen ausgelebt. In meinem Einschlafträumen hat mich auch
       keiner rassistisch beleidigt und Hautfarbe war eh kein wirkliches Thema.
       
       Der Film „Sylvie’s Love“ war alles, was ich mir je von einem Einschlaftraum
       erhofft habe. Die Geschichte ist zwar einfach, aber die Erzählung ist es
       nicht. Die Frauenrollen sind gut geschrieben und keine einfachen
       Abziehbilder oder glorifizierte Anspielpartner für die männlichen Rollen.
       Aber irgendwie konnte ich mich nicht komplett fallen lassen und mich diesem
       Einschlaftraum hingeben. Ich war besonders bei den Autoszenen sehr
       angespannt. Ich rechnete jederzeit damit, dass die beiden im Auto von der
       Polizei angehalten werden und aus der leichten Liebesgeschichte, zack, ein
       Rassismusdrama wird.
       
       „Schwarze Filme“ sind sowieso rar. Wenn es welche gibt, [2][dann geht es
       viel um Schwarzes Leid und Trauma]. Verkauft sich halt besser und für
       Sklavenfilme gibt es mehr Preise. Filme, die Schwarze Liebe und Freude in
       den Vordergrund stellen, gibt es selten.
       
       Versteht mich nicht falsch: Geschichten über Rassismus und
       Ungerechtigkeiten müssen erzählt werden. Aber wir wollen auch mehr
       Geschichten, die glückliche und (unglücklich) verliebte Schwarze Menschen
       zeigen. Mehr Einschlafträume eben.
       
       13 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Dushime
       
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