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       # taz.de -- Haushaltsberatungen in Hamburg: Zeche-Zahler gesucht
       
       > Die Bürgerschaft debattiert über einen Doppelhaushalt mit
       > Rekordverschuldung. SPD, Grüne und Linke wollen die Reichen zur Kasse
       > bitten.
       
   IMG Bild: Hamburger Rathaus: Draußen eklig schneeartiger Regen, drinnen Debatte über so viel Schulden wie nie
       
       Hamburg taz | Der Blick geht nach vorn. Zum Auftakt der Beratungen des
       Hamburger [1][Doppelhaushalts 2021/2022] nahmen der rot-grüne Senat und die
       Abgeordneten der Fraktionen in der Bürgerschaft nicht nur die kommenden
       zwei Jahre, sondern auch die Zeit danach in den Blick: die Zeit, in der die
       Coronaschulden getilgt werden müssen. Dabei sprachen sich Sozialdemokraten,
       Grüne und Linke einheitlich – wenn auch unterschiedlich kämpferisch – für
       eine stärkere Besteuerung großer Vermögen aus, um die Schuldenlast zu
       schultern.
       
       Im kommenden Jahr sind nach dem vom Senat vorgelegten Haushaltsentwurf
       Rekordausgaben in Höhe von 18,1 Milliarden Euro vorgesehen, im Jahr danach
       dann 17,6 Milliarden. Der Rekordhaushalt soll mit Rekordschulden in Höhe
       von insgesamt 4,1 Milliarden Euro finanziert werden. Im kommenden Jahr ist
       eine Kreditaufnahme über 2,43 Milliarden Euro geplant, im Jahr 2022 sollen
       es noch einmal 1,67 Milliarden sein. Prognostizierte 4,5 Milliarden Euro
       coronabedingte Mindereinnahmen machen diese Kreditaufnahme notwendig.
       
       Im Prinzip tragen alle Fraktionen die von Finanzsenator [2][Andreas
       Dressel (SPD)] am Mittwoch noch einmal ausgegebene Devise mit: „Nicht in
       die Krise hineinzusparen, sondern Impulse zu setzen, die Krise zu
       überwinden.“ Allerdings mit deutlichen Unterschieden.
       
       Die Linke würde gerne mehr Geld ausgeben und die zeitweilig ausgesetzte
       Schuldenbremse ganz in die Tonne treten. „Mehr Hilfen für
       Solo-Selbstständige, Flüchtlinge und Obdachlose in der Krise“, forderte
       etwa der Linken-Abgeordnete David Stoop. Sein Fraktionskollege Norbert
       Hackbusch machte darauf aufmerksam, dass die sogenannte
       „[3][Armutsgefährdungsquote]“ in Hamburg in Coronazeiten noch einmal
       „kräftig gestiegen“ sei.
       
       ## Die FDP will sparen, die Linke noch mehr ausgeben
       
       Die Gegenposition vertrat die FDP-Solo-Abgeordnete Anna von Treuenfels, die
       vom Senat forderte, „alle Ausgaben auf ihre Notwendigkeit hin zu
       überprüfen, um die Neuverschuldung zu begrenzen“. Wie die CDU mokierte sich
       auch von Treuenfels darüber, dass neue Fahrradwege angeblich aus
       zweckgebundenen Coronakrediten finanziert werden.
       
       Zudem forderte die Liberale, mit der Tilgung der Coronaschulden schon 2023
       statt erst 2025 zu beginnen und sich dafür nicht wie geplant 20, sondern
       nur 15 Jahre Zeit zu nehmen.
       
       Das würde die Konjunktur abwürgen, warnte der Grünen-Abgeordnete Dennis
       Paustian-Döscher und sprach daher von „unverantwortlichen Vorschlägen“.
       Dass aufgrund der pandemiebedingten Neuverschuldung „die nächste
       Kürzungsdebatte bereits in Sicht sei“, mochte auch der Finanzsenator nicht
       zurückweisen. Dressel räumte ein, dass der finanzielle „Handlungsrahmen ab
       2025 begrenzt“ sei.
       
       Anders als die Linke stehen die übrigen Bürgerschaftsparteien zur
       Schuldenbremse. Die Linken ziehen aber zumindest teilweise mit, wenn sie
       eine „Vermögensabgabe auf Bundesebene“ für die Reichen und Superreichen und
       den „Mut zur Umverteilung“ fordern.
       
       Zur Kasse gebeten werden müssten diejenigen, die durch die Pandemie
       „reicher geworden sind“, fordert auch der Grüne Paustian-Döscher, der sich
       für „eine Vermögensabgabe und eine Digitalsteuer“ einsetzt. Und selbst der
       SPD-Finanzexperte Milan Pein will „große Vermögen zur Bewältigung der Krise
       heranziehen“. Droht da gar eine neue Volksfront?
       
       14 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.hamburg.de/fb/haushaltsplaene/14735932/doppelhaushalt-2021-2022/
   DIR [2] /Kronprinz-verzichtet-auf-Scholz-Nachfolge/!5487844
   DIR [3] https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Sozialberichterstattung/Glossar/armutsgefaehrdungsquote.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marco Carini
       
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