# taz.de -- Deutsche Atombrennstäbe für alte AKWs: Kein Exportverbot mehr vor der Wahl
> Trotz Zusage im Koalitionsvertrag wird die Belieferung ausländischer
> Alt-AKWs nicht unterbunden. Grund sind rechtliche Zweifel am geplanten
> Gesetz.
IMG Bild: Das AKW Tihange (Belgien) ist näher als 150 km an der deutschen Grenze und ging vor 1989 in Betrieb
Berlin taz | Es war eine klare Ansage, die Union und SPD im
Koalitionsvertrag 2018 gemacht haben: „Wir wollen verhindern, dass
Kernbrennstoffe aus deutscher Produktion in Anlagen im Ausland, deren
Sicherheit aus deutscher Sicht zweifelhaft ist, zum Einsatz kommen“, heißt
es da. Doch acht Monate vor der nächsten Bundestagswahl steht jetzt fest,
dass aus diesem Versprechen nichts wird.
Gerichtet war es gegen die Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen.
Von dort werden Atombrennstäbe in viele europäische Reaktoren geliefert,
darunter auch sehr alte und störanfällige AKWs in Grenznähe. Der Versuch
des SPD-geführten Umweltministeriums, die Fabrik komplett zu schließen, war
früh am Veto des Wirtschaftsministeriums gescheitert.
In einem zweiten Versuch sollte die Zusage dann [1][durch ein Gesetz
umgesetzt werden], das speziell den Export in AKWs verbietet, die näher als
150 Kilometer an der deutschen Grenze liegen und vor 1989 den Betrieb
aufgenommen haben. Das betrifft unter anderem Reaktoren in Doel und Tihange
(Belgien), Benzau und Leibstadt (Schweiz) und Cattenom (Frankreich).
Doch gegen dieses Gesetz gibt es nun auch im SPD-geführten Justizressort
verfassungsrechtliche Bedenken. „Dieser Bewertung schließen wir uns an“,
sagt Jochen Flasbarth, zuständiger Staatssekretär im
Bundesumweltministerium, der taz. „Ein Exportverbot wird darum in dieser
Legislaturperiode zu unseren Bedauern nicht mehr kommen.“ Aufgeben will das
Ministerium das Projekt aber nicht. „Wir setzen darauf, dass die nächste
Regierung die Brennelementefabrik schließt“, so Flasbarth.
Ob es in den nächsten Monaten noch Lieferungen in grenznahe AKWs geben
wird, ist trotzdem offen. Gegen geplante Exporte nach Doel und Leibstadt
hat der BUND Widerspruch eingelegt, der aufschiebende Wirkung hat. Nachdem
im Dezember [2][dennoch zwei Transporte nach Leibstadt gingen], drohen dem
Lingen-Betreiber ANF und seinem Mutterkonzern Framatome nun strafrechtliche
Konsequenzen.
Ein Bündnis mehrerer Anti-Atom-Gruppen aus dem Münsterland fordert als
Konsequenz den Stopp aller weiteren Transporte. Mit der Begründung, dass
die Zuverlässigkeit der Betreiber nicht mehr gegeben ist, haben sie am
Dienstag zusätzlich zum Widerspruch gegen die Exporte auch noch Widerspruch
gegen die ebenfalls genehmigungspflichtigen Transporte bis zur Grenze
eingelegt. „Es kann nicht sein, dass sich Framatome/ANF einfach über den
Rechtsstaat hinwegsetzt“, erklärte Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis
Münsterland gegen Atomanlagen. „Brennelementexporte sind nicht länger
hinnehmbar.“
14 Jan 2021
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## AUTOREN
DIR Malte Kreutzfeldt
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