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       # taz.de -- Parteikongress in Nordkorea: Kim will Atomarsenal ausbauen
       
       > Diktator Kim Jong Un möchte, dass Nordkorea von der neuen US-Regierung
       > als Atommacht anerkannt wird. Corona setzte der Wirtschaft schwer zu.
       
   IMG Bild: Sich feiern, während im Land Lebensmittel zur Neige gehen: Machthaber Kim
       
       Schanghai taz | Selbst dem größten Optimisten dürfte Machthaber Kim Jong Un
       am Mittwoch die Hoffnung auf ein atomfreies Nordkorea geraubt haben: Es
       müsse alles dafür getan werden, die „nukleare Kriegsabschreckung weiter zu
       stärken“, sagte Kim am Ende des achttägigen Parteikongresses, auf dem die
       künftige politische Richtung vorgegeben wird.
       
       Und die ist unmissverständlich: Die internationale Gemeinschaft – allen
       voran der „Hauptfeind“ USA – täten besser daran, Nordkorea endlich als
       Atommacht anzuerkennen.
       
       Nur wenige Tage [1][vor Joe Bidens Amtsantritt in Washington] zementiert
       Pjöngjang den [2][Status quo auf der geteilten Halbinsel] also noch fester.
       Wahrscheinlich wird damit auch eine weitere Konstante der letzten Jahre
       wiederkehren: die regelmäßigen Raketen- und Atomtests des nordkoreanischen
       Regimes.
       
       Die militärische Aufrüstung erfolgt zweifelsohne aus einer Position der
       Schwäche. Denn Grund zu Selbstbewusstsein hat Pjöngjang seit letztem Jahr
       wenig. Schon während seiner Neujahrsansprache hatte Diktator Kim mit
       erstaunlicher Offenheit das Scheitern seines ökonomischen Fünfjahresplans
       eingestanden: In fast allen Bereichen habe man die angestrebten
       Wirtschaftsziele deutlich verfehlt.
       
       ## Kaum mehr Zucker und Speiseöl
       
       Ironischerweise hat die Coronapandemie bewirkt, was die Vereinigten Staaten
       mit ihrer jahrelangen Sanktionspolitik nicht geschafft haben: Nordkorea
       vollständig vom Außenhandel zu isolieren. Schätzungen zufolge ist dieser
       von seinem ohnehin niedrigem Niveau um weitere 80 Prozent eingebrochen.
       
       Auch wenn die Mitarbeiter fast sämtlicher Botschaften und internationalen
       Hilfsorganisationen inmitten des Lockdowns längst evakuiert wurden,
       erreichen dennoch vereinzelt anekdotische Informationen das Ausland: Das
       Fachmedium NK News berichtet etwa, dass selbst die exklusiven Supermärkte
       in der Hauptstadt Pjöngjang, der mit Abstand wohlhabendsten Region, kaum
       noch Zucker und Speiseöl führen.
       
       Renommierte Experten wie etwa der Koreanist Andrei Lankov von der
       Kookmin-Universität in Seoul sprechen von der größten Herausforderung für
       das Regime seit der Zeit der Hungersnöte in den neunziger Jahren. Damals
       starben vermutlich Hunderttausende Nordkoreaner an den Folgen der
       Mangelernährung.
       
       Die Erklärung für die jetzige Krise ist einfach: Aus Angst vor dem Virus
       hat die Staatsführung als weltweit erste ihre Landesgrenzen vollständig
       geschlossen und wird diese wohl auch als letzte wieder öffnen. Denn mit
       einem katastrophalen Gesundheitssystem sowie einer zu weiten Teilen
       unterernährten Bevölkerung ist Covid-19 für Nordkorea eine noch größere
       Gefahr als für andere. Zugleich vermutet das paranoide Regime hinter
       ausländischen Virologen oder Entwicklungshelfern potenzielle Spione.
       
       ## Kims Schwester aus dem Weg geräumt
       
       Trotz der fragilen Lage deutet jetzt nichts darauf hin, dass das System vor
       einem Kollaps stünde. Im Gegenteil: Kim Jong Un hat sich selbstbewusst beim
       Parteikongress den Titel des Generalsekretärs der Arbeiterpartei verleihen
       lassen – eine Ehre, die bislang für seinen verstorbenen Vater Kim Jong Il
       reserviert blieb.
       
       Für Überraschung sorgte vor allem, dass Kims Schwester bei der aktuellen
       Mitgliederliste des Politbüros nicht mehr aufgezählt ist. Die
       [3][32-jährige Kim Yo Jong] sorgte einerseits bei Auslandsreisen wie etwa
       während der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang 2018 für so etwas wie
       nordkoreanische Softpower und legte eine rasante Karriere im Regime hin.
       
       Ihre Abwertung hat möglicherweise damit zu tun, dass Kim Jong Un mit
       Gerüchten über seine mögliche Nachfolge aufräumen will. Wegen seines
       mutmaßlich schlechten Gesundheitszustandes – schwer übergewichtig und
       Kettenraucher – sahen viele Medien seine jüngere Schwester als potenzielle
       Thronfolgerin.
       
       13 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Fabian Kretschmer
       
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