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       # taz.de -- Commerzbank und Wirecard: Analystin jubelte die Aktie hoch
       
       > Waren die Banken ahnungslos oder korrupt? Am Donnerstag mussten sich
       > Deutschlands Top-Banker im U-Ausschuss zu Wirecard rechtfertigen.
       
   IMG Bild: Drängte auf das Engagement in Peking: zu Guttenberg beim Wirecard-Untersuchungsausschuss
       
       Der [1][Wirecard-Ausschuss des Bundestags fördert immer neue
       Überraschungen] aus Wirtschaft und Politik zutage. Bei der Sitzung am
       Donnerstag mussten sich Deutschlands Top-Banker dafür rechtfertigen, das
       Unternehmen und seine Manager nicht nur bis zum Schluss mit üppigen
       Krediten versorgt, sondern wohl teils auch Privatanleger in öffentlichen
       Einschätzungen getäuscht zu haben.
       
       Vor allem die Commerzbank steht nun im Kreuzfeuer. Als eine Bank, die zu 15
       Prozent dem Staat gehört, lässt sich von ihr besondere Verantwortung für
       eine korrekte Unternehmensführung erwarten. Doch am Donnerstag wurden
       Vorwürfe gegen eine Analystin des Hauses laut: Die Marktexpertin soll die
       Probleme von Wirecard bis kurz vor der Insolvenz im Juni 2020 systematisch
       kleingeredet und die Aktien zum Kauf empfohlen haben. Das hatte zuerst Der
       Spiegel berichtet.
       
       Die Empfehlung der Aktie wirkt umso fragwürdiger, als die Risikoabteilung
       des Unternehmens intern schon im Mai 2019 wegen „kritischer Transaktionen“
       die Kreditwürdigkeit von Wirecard infrage gestellt hat, wie das Magazin
       Capital aufgedeckt hat. Die Commerzbank hatte Wirecard in den Jahren zuvor
       rund 175 Millionen Euro geliehen, verteidigte die Existenz der
       Parallelwelten jedoch am Donnerstag als sinnvoll, beabsichtigt und sogar
       erforderlich.
       
       „Um potenzielle Interessenkonflikte zwischen dem Kundengeschäft und dem
       Aktienresearch auszuschließen, existieren strikte Informationsbarrieren“,
       sagte ein Sprecher. Die Teams seien räumlich getrennt. Warum die Analystin
       Wirecard anscheinend auch aktiv über kritische Stimmen von Investoren
       informiert hat, bleibt damit jedoch ungeklärt.
       
       ## Riesiger Skandal
       
       Um das ehemalige DAX-Unternehmen Wirecard rankt sich der größte
       Wirtschaftsskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte. Mit seinen
       Zahlungsdiensten wollte es im vergangenen Jahr noch eine Viertelmillion
       Euro Gewinn gemacht haben. Es stellte sich heraus: Der Umsatz war durch
       Kreisgeschäfte aufgebläht, der vorgebliche Gewinn erfunden, das Kapital
       weg.
       
       Die deutsche Finanzaufsicht konzentrierte sich darauf, Journalisten zu
       diskreditieren – [2][statt die Machenschaften aufzuklären]. Marcus Kramer,
       Mitglied des Vorstands der BayernLB, gab am Donnerstag zudem an, dass auch
       er als Banker die Herkunft der besonders hohen Gewinne nie ganz verstanden
       habe. Die staatliche BayernLB hat die Beziehung zu Wirecard daher 2018
       auslaufen lassen.
       
       Umso erstaunlicher, dass sich das Kanzleramt noch im Herbst 2019 für
       Wirecard einsetzte. Angela Merkel setzte sich auf Besuch in Peking
       persönlich bei der dortigen Staats- und Parteiführung für einen
       Markteintritt Wirecards ein. Das war nach den Erkenntnissen des Ausschusses
       auch die Frucht einer Lobby-Offensive durch mehrere Ex-Politiker. Gleich
       drei bekannte Persönlichkeiten der CDU/CSU, die heute ihr Geld mit Beratung
       aller Art verdienen, nahmen im Laufe der Zeit mit dem Kanzleramt Kontakt
       auf, um die Anliegen Wirecards voranzutreiben.
       
       Neben [3][Karl-Theodor zu Guttenberg] waren das Ole von Beust, ehemals
       Bürgermeister von Hamburg, und Klaus-Dieter Fritsche, ehemals
       Staatssekretär und Geheimdienstexperte im Kanzleramt. Alle drei nahmen zu
       unterschiedlichen Zeitpunkten mit Lars-Hendrik Röller Kontakt auf, dem
       heutigen Leiter der Wirtschaftsabteilung des Kanzleramts. Das sagte Röller
       vor dem Ausschuss aus.
       
       14 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Finn Mayer-Kuckuk
       
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