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       # taz.de -- 5G-Ausbau der Telekom in Bremen: 18 neue Highspeed-Antennen
       
       > Mit den ersten 18 Highspeed-5G-Antennen hat die Telekom den Ausbau des
       > neuen Mobilfunkstandards vorangetrieben. Bedenken dagegen haben es
       > schwer.
       
   IMG Bild: Ein Sendemast für Mobilfunk – für manche ein Segen, für andere ein Grund für schlaflose Nächte
       
       Bremen taz | Seit November sind 18 neue Antennen der Telekom in der Stadt
       in Betrieb. Es sind die ersten Bremer Highspeed-[1][5G-Antennen, die für
       das mobile Internet] eine Übertragungsrate von bis zu einem Gigabit pro
       Sekunde ermöglichen und damit für „Standorte mit viel Publikumsverkehr“
       geeignet sind. Das teilte die Telekom mit. Diese Top-Geschwindigkeit sei
       der genutzten Frequenz 3,6 Gigahertz zu verdanken. Die Antennen stehen in
       den Stadtteilen Buntentor, Hastedt, Neuenland, Osterholz und Überseestadt.
       
       Die 18 Antennen sollen das bestehende Angebot ergänzen. Seit Sommer stehen
       in Bremen bereits 300 [2][5G-Antennen], die das Frequenzband auf 2,1
       Gigahertz bedienen. Sie haben eine hohe Reichweite, sind aber nicht so
       schnell wie die Highspeed-Kollegen. In Städten können sie bis zu 600–800
       Megabit pro Sekunde übertragen.
       
       Seit 2019 wird der Mobilfunkstandard 5G, der Nachfolger von der vierten
       Generation LTE (Long Termin Evolution) ausgebaut. Dafür werden zusätzliche
       Frequenzen benötigt, die von der Bundesnetzagentur versteigert wurden. 5G
       ist vor allem deutlich schneller als das LTE-Netz, welches aber weiterhin
       als Ergänzung genutzt wird. Daneben sorgt es aber auch für eine höhere
       Netzkapazität, weswegen es besonders die Bedarfe der Industrie anspricht
       und der stets steigenden Datenmengen gerecht werden soll.
       
       Nach Angaben der Telekom haben zwei Drittel der Menschen in Deutschland ein
       5G-fähiges Endgerät. Jeder zweite Vertrag oder Vertragsverlängerung werde
       zudem momentan mit einem 5G-Gerät abgeschlossen.
       
       In dem Kontext wirkt die Installation der 18 Antennen sinnvoll, doch es
       gibt Kritik. [3][Klaus Buchner], ehemaliger Europa-Abgeordneter der
       Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) und Atomphysiker, hält die Strahlung
       für gefährlich – stellt aber, oder gerade deswegen, vorweg die Frage:
       „Bringen die neuen Highspeed-Antennen wirklich etwas?“
       
       Für einzelne Nutzer*innen ermögliche die schnelle 5G-Variante zwar einen
       schnelleren Download, ja, aber 4G reiche selbst für hochauflösende Filme
       aus. „In einer Stunde kriegen Sie bei 5G mehr Filme heruntergeladen, als
       Sie den Rest Ihres Lebens anschauen können“, sagt Buchner. „Darauf können
       wir verzichten.“
       
       Aber der große Vorteil von 5G liege vor allem bei der Industrie, sagt die
       Telekom selbst. Ein Stichwort, was in dem Kontext immer wieder fällt:
       autonomes Fahren. „Viele meinen, das geht nicht ohne 5G“, sagt Buchner. Es
       brauche Technik mit einer kleinen Reaktionszeit. „Mein Problem ist aber:
       Jeder Fehler einer Funkverbindung kann hier tödlich enden.“ Buchner hält
       autonomes Fahren grundsätzlich für zu fehleranfällig. Für die restliche
       Industrie sei 5G grundsätzlich nötig – „aber dazu bräuchte man nicht nach
       außen funken“.
       
       Für die entstehende Strahlung gibt die Bundesnetzagentur Grenzwerte vor.
       „Diese Grenzwerte werden von uns unterschritten“, sagt ein
       Telekom-Sprecher. Hier werde jedoch nur der Durchschnittswert bedacht,
       entgegnet Buchner. Wegen der intelligenteren Technik sinke die Strahlung
       bei 5G pro übertragenes Bit zwar, da der Datenfluss aber so massiv zunehme,
       steige sie insgesamt deutlich. Vor allem in den sogenannten Spitzen der
       Strahlung, also in den Höchstwerten, sei sie extrem, sagt Buchner,
       teilweise zehn- oder hundertfach höher als der Durchschnitt.
       
       Schädlich seien diese Strahlen, weil sie zu einer Änderung der Erbanlagen
       führten. Die Wahrscheinlichkeit für bestimmte Krebsarten steige. Das würden
       viele Studien beweisen. „Offiziell heißt es, die wissenschaftliche Lage ist
       ungeklärt“, sagt Buchner. „Aber die Betreiber werfen alle Studien in einen
       Topf.“ Sie würden nicht unterscheiden zwischen den Studien zu verschiedenen
       Zellarten.
       
       „Man weiß inzwischen, dass die Änderungen bei Knochenzellen gar nicht, bei
       Muskelzellen schwach auftreten. Aber bei der Weichteilzellen sind sie sehr
       groß.“ So wie bei Ei- und Samenzellen. Auch die Handynutzung am Ohr führe
       zu mehr Krebszellenbildung im Frontal- und Seitenlappen – in den anderen
       Hirngegenden sei die Entwicklung konstant, habe eine Studie des britischen
       Gesundheitsamtes belegt.
       
       Auch Bürgerrechte sieht Buchner mit dem 5G-Netz bedroht. Die
       [4][Informationen, die Endgeräte senden], gingen ins 5G-Netz und seien
       damit abrufbar für Firmen, denen man für die Nutzung „notgedrungen“ die
       Lizenz dazu gegeben habe.
       
       Der BUND Bremen hat mit Buchner vor wenigen Wochen eine Veranstaltung zum
       Thema durchgeführt. Die Bremerinnen Heike Roaten und Sibylle Grimm vom
       [5][BUND-Arbeitskreis Elektrosmog] fürchten die Strahlenbelastung durch die
       neuen Antennen. „In den Stadtteilen wird jeder Winkel bestrahlt“, sagt
       Grimm. Das sei bei 4G und 3G anders gewesen. Ihre Nichte sei vor Kurzem in
       die Überseestadt gezogen, Grimm sorge sich um sie.
       
       Die pensionierte Biolehrerin Roaten beschäftige sich mit der „biologischen
       Wirkung“ von 5G-Strahlen, die sich bereits unter den festgelegten
       Grenzwerten zeige. Menschen könnten unter ihrem Einfluss
       „elektrohypersensibel“ werden, sagt sie. Grimm sei davon selbst vor acht
       Jahren betroffen gewesen, Kopfschmerzen und Schlafstörungen wegen der
       „gepulsten Strahlung“ seien die Folge gewesen. Sie fordern die Anerkennung
       von Elektrohypersensibilität als Krankheit und ein Moratorium für die
       5G-Antennen, bis es eine Folgenabschätzung gibt.
       
       Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Elektrosensibilität, wie es anderswo
       auch genannt wird, sind umstritten. Der Zusammenhang von Ursache und
       Wirkung ist – genau wie bei der Debatte um Handystrahlen und
       Zellveränderungen – nur schwer nachzuweisen.
       
       26 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kommunikationsinitiative-zu-5G/!5729029
   DIR [2] https://www.telekom.com/de/konzern/details/was-ist-5g-grundwissen-zum-netz-der-zukunft-542352
   DIR [3] https://klaus-buchner.eu/vita/
   DIR [4] /Entwurf-des-IT-Sicherheitsgesetzes/!5727138
   DIR [5] https://www.bund-bremen.net/mitmachen/aktiv-im-bund/arbeitskreise/arbeitskreis-elektrosmog/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Götz
       
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