# taz.de -- EU will Konzerne härter regulieren: Kommission stellt Digitalpaket vor
> Die EU will mit neuen Gesetzen die Macht von Facebook, Amazon und Co.
> eindämmen. Für illegale Inhalte haften sollen die Tech-Firmen allerdings
> nicht.
IMG Bild: Demonstrant mit Mark-Zuckerberg-Maske vor Gebäude der EU-Kommission am Dienstag in Brüssel
Brüssel taz | Die Europäische Union will [1][Amazon], Facebook & Co. in die
Schranken weisen. Zwanzig Jahre nach der ersten Richtlinie zum „E-Commerce“
legte die EU-Kommission am Dienstag in Brüssel ein umfangreiches
Gesetzespaket vor. Es soll die vorwiegend amerikanischen Internet-Giganten
zwingen, sich dem Wettbewerb zu stellen und „illegale“ Inhalte zu löschen.
Bei Zuwiderhandlung drohen Geldstrafen, die bis zu 10 Prozent des
Jahresumsatzes umfassen können.
Eine Zerschlagung der Online-Monopolisten, wie sie in den USA diskutiert
wird, fordert die EU jedoch nicht. Die Konzerne sollen auch nicht für
unerwünschte Inhalte – Terror-Propaganda, Fake News oder illegale
Kaufangebote – haftbar gemacht werden. Das enttäuscht Verbraucherschützer.
Netzaktivisten warnen, dass die EU eine Zensur durch die Hintertür
einführen könne und die [2][umstrittenen Uploadfilter] weiter vorantreibe.
„Unser Vorschlag richtet sich gegen niemanden“, sagte ein
Kommissionsexperte. Man ziele nicht auf Amazon oder Facebook, sondern wolle
dem Wohl der Verbraucher und der europäischen Wirtschaft dienen. Für
Internetfirmen aus der EU sollen die neuen Regeln genauso gelten wie für
dominante US-Anbieter oder chinesische Konzerne. „Hier geht es nicht darum,
Dominanz zu bewerten“, fügte der Experte hinzu. Dabei wurde um diese Frage
bis zuletzt gerungen.
Der französische Binnenmarktkommissar Thierry Breton wollte die Vormacht
der US-Giganten brechen und europäische Mitbewerber fördern – ganz nach dem
Motto „Europe first“. Demgegenüber setzt die dänische
Wettbewerbskommissarin [3][Margrethe Vestager] auf Fairness und
Transparenz. Die Macht der digitalen Unternehmen bedrohe „unsere
Freiheiten, unsere Chancen, sogar unsere Demokratie“, so Vestager. Doch mit
einer Zerschlagung sei niemandem geholfen.
## „Marktmacht der Monopole brechen“
Das nun vorgelegte Gesetzespaket ist ein Kompromiss aus beiden Ansätzen. Es
besteht aus zwei Teilen: dem Gesetz über digitale Dienste (Digital Services
Act, DSA) und dem Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA).
Im DSA geht es vor allem um gesellschaftliche Fragen, im DMA ums Geschäft.
Beide Gesetze sollen die nächste Dekade prägen – ähnlich wie die
[4][Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)] von 2016, die globale Standards
gesetzt hat.
Das Europaparlament äußerte sich skeptisch. „Die neuen Regeln müssen dazu
beitragen, die [5][Verbreitung illegaler Inhalte und Hass im Netz] zu
stoppen“, sagte der CDU-Politiker Axel Voss. Dies sei noch nicht
hinreichend gesichert. Nötig seien EU-weite Standards dafür, wie Facebook
oder Twitter mit illegalen Inhalten umgehen.
Es gehe darum, „die Marktmacht der Monopole zu brechen und deren
Geschäftsmodell zu ändern“, fordert dagegen Linken-Fraktionschef Martin
Schirdewan. Für den Piraten Patrick Breyer fällt der Vorschlag viel zu
„industrienah“ aus. Die EU müsse ihre Bürger „vor Überwachungskapitalismus
und Internetzensur schützen“.
Das Parlament wird den Vorschlag der Kommission im kommenden Jahr
ausführlich diskutieren und Änderungen vornehmen. Die Lobbyisten von Google
und anderen US-Konzernen laufen sich schon warm, um die Europaabgeordneten
in ihrem Sinne zu beeinflussen. 2021 drohe die größte Lobbyschlacht aller
Zeiten, heißt es in Brüssel.
15 Dec 2020
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## AUTOREN
DIR Eric Bonse
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