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       # taz.de -- Kein Zugang für Helfer nach Tigray: EU friert Gelder für Äthiopien ein
       
       > Brüssel macht die Zahlungen für Gesundheits- und Verkehrswesen von
       > humanitären Fortschritten in Tigray abhängig. Das obwohl sich die Lage
       > verschärft.
       
   IMG Bild: Erst am 12. Dezember erreichte ein erster Konvoi des Internationalen Roten Kreuzes (IKRK) Mekelle
       
       Berlin taz | Die EU suspendiert Budgethilfen für Äthiopien wegen des
       Konfliktes in der Region Tigray. Wie die Nachrichtenagentur AFP unter
       Berufung auf ein internes EU-Dokument berichtet, werden die in diesem Jahr
       fälligen 88,5 Millionen Euro für den äthiopischen Staatshaushalt vorerst
       nicht ausgezahlt. 60 Millionen waren für grenzüberschreitende
       Verkehrsverbindungen gedacht, 17,5 Millionen für das Gesundheitssystem.
       
       Eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigte gegenüber AFP, die Zahlungen
       könnten aufgrund der „gegenwärtigen Umstände“ nicht geleistet werden.
       Bedingungen für ihre Wiederaufnahme seien Maßnahmen in Tigray: freier
       humanitärer Zugang, Ende ethnischer Diskriminierung, Untersuchung von
       Menschenrechtsverletzungen und Wiederherstellung der Telekommunikation.
       
       Eine äthiopische Stellungnahme dazu lag zunächst nicht vor. Der Sprecher
       des Tigray-Krisenstabs der äthiopischen Regierung, Redwan Hussein,
       reagierte jedoch kürzlich auf ähnliche Forderungen mit der Feststellung,
       Äthiopien „braucht keine Babysitter“.
       
       Der EU-Beschluss folgt auf zunehmenden Streit über den Zugang
       internationaler Hilfswerke nach Tigray. Dort hatte Äthiopiens Regierung am
       4. November die Regionalregierung der Tigray-Volksbefreiungsfront (TPLF)
       abgesetzt, das Kriegsrecht verhängt und eine Militäroperation gestartet.
       Nach der [1][Eroberung der Regionalhauptstadt Mekelle] am 28. November
       erklärte sie die Operation für erfolgreich beendet.
       
       ## Zehntausende Menschen auf der Flucht
       
       Die TPLF kämpft jedoch weiter und unabhängige Berichte sprechen von
       Tausenden Toten in beiden Armeen sowie der Zivilbevölkerung; rund 50.000
       Menschen sind nach Sudan geflohen. Es gibt auch [2][Hinweise] darauf, dass
       Eritreas Armee gegen die TPLF eingegriffen hat.
       
       Einen unabhängigen Zugang für ausländische Organisationen nach Tigray gibt
       es seit Verhängung des Kriegsrechts nicht. Äthiopiens Regierung vereinbarte
       zwar am 2. Dezember mit der UN wieder freie Einreise für humanitäre Helfer
       nach Tigray, verlangte aber, dass die Regierung Hilfsoperationen lenkt. Das
       lehnt die UNO ab.
       
       Am 6. Dezember wurde ein UN-Team beschossen und festgesetzt, das außerhalb
       des eritreischen Flüchtlingslagers Shimelba in Tigray den Zustand der
       Straßen überprüfen wollte. Am 11. Dezember bestätigte der Dänische
       Flüchlingsrat (DRC) den Tod dreier Mitarbeiter in Tigray zu einem
       ungenannten Zeitpunkt im November.
       
       Auch das US-Hilfswerk International Rescue Committee (IRC) bestätigte den
       Tod eines Mitarbeiters im eritreischen Flüchtlingslager Hitsats. Das ist
       Berichten zufolge Schauplatz von Kämpfen unter Beteiligung der eritreischen
       Armee gewesen.
       
       ## UN-Sicherheitsrat kann sich nicht auf Erklärung einigen
       
       Zwei Sitzungen des UN-Sicherheitsrats über die Lage sind ergebnislos
       geblieben. Bei der letzten Sitzung am Montag kam nicht einmal eine
       gemeinsame Erklärung zustande, weil China und die afrikanischen
       Ratsmitglieder Niger, Südafrika und Tunesien unter Verweis auf die
       „Sensibilität“ des Themas einen Vorstoß Deutschlands, Estlands und der
       Dominikanischen Republik blockierten.
       
       Erst am 12. Dezember erreichte ein erster Konvoi des Internationalen Roten
       Kreuzes (IKRK), das grundsätzlich mit Regierungen zusammenarbeitet,
       [3][Mekelle]. Die sieben Lastwagen enthielten medizinische Güter für die
       [4][Krankenhäuser der Stadt], in denen über 400 Kriegsverwundete liegen.
       
       Nach UN-Einschätzung hat der Krieg die ohnehin schlechte Versorgungslage in
       Tigray dramatisch verschärft. Die Zahl der Hilfsbedürftigen unter den
       geschätzt 10 Millionen Einwohnern sei von 850.000 auf knapp zwei Millionen
       gestiegen.
       
       16 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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