URI: 
       # taz.de -- HSV droht erneut die Pleite: Retter gesucht – oder doch nicht?
       
       > Mit seinem Plan, den HSV durch weitere Anteilsverkäufe zu retten, ist
       > Präsident Jansen gescheitert. Es geht auch um die Macht von Investor
       > Kühne.
       
   IMG Bild: Die HSV AG sucht mal wieder einen Erlöser, die Basis ist dagegen
       
       Hamburg taz | Marcell Jansen hat einen Plan ausgearbeitet, wie er den
       Hamburger SV durch die Coronakrise führen will. Der 35-jährige Ex-Profi ist
       der wichtigste Mann in der HSV-Struktur, er ist sowohl Aufsichtsratschef
       der Profifußball-AG als auch [1][Präsident von deren Mehrheitseigner, dem
       Amateur- und Breitensportverein]. Sein Klub leidet wie alle anderen
       erheblich unter den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Restriktionen: Ohne
       Zuschauereinnahmen brechen Umsatzerlöse in zweistelliger Millionenhöhe weg.
       
       Wenn bis zum Ende der Saison im Mai keine oder kaum Fans ins Stadion
       zurückkehren dürfen, könnte das Minus im laufenden Geschäftsjahr auf über
       30 Millionen Euro anwachsen. Dann wäre das Eigenkapital der „HSV Fußball
       Aktiengesellschaft“ wahrscheinlich aufgebraucht.
       
       „Wenn wir in die Lage kommen, dass unser Eigenkapital pandemiebedingt
       aufgezehrt wird, dann müssen wir uns nach Alternativlösungen umschauen“,
       hatte Finanzvorstand Frank Wettstein im August im Hamburger Abendblatt
       angekündigt. „Und neue Investoren wären dann genauso ein möglicher
       Lösungsansatz wie die Möglichkeit, dass schon vorhandene Investoren ihre
       Anteile aufstocken.“
       
       Bis dahin hat sich der HSV ein bisschen Zeit verschafft. Das Grundstück,
       auf dem das Volksparkstadion steht, hat er für 23,5 Millionen Euro [2][an
       die Stadt Hamburg zurückverkauft]. Mit diesem Geld sollen eigentlich
       Modernisierungen am Stadion für die Europameisterschaft 2024 finanziert
       werden.
       
       ## Geld von der Stadt zweckentfremdet
       
       Vorerst werden die Mittel allerdings dazu verwendet, um die
       wirtschaftlichen Folgen der Krise abzufedern. Bis zum Ende der Saison im
       kommenden Juni sollte die Liquidität damit gesichert sein. Sie ist der
       entscheidende Indikator für die Erteilung einer Lizenz durch die Deutsche
       Fußball-Liga (DFL).
       
       Für die zweite Maßnahme braucht Jansen demokratische Mehrheiten in den
       Gremien. Der HSV soll seine Rechtsform von einer reinen Aktiengesellschaft
       hin zu einer Kommanditgesellschaft auf Aktien ändern. Der Vorteil an diesem
       Modell wäre, dass weitere Anteile verkauft werden könnten, ohne dass der
       Verein automatisch Entscheidungsgewalt verlöre. Derzeit hält der
       Mutterverein HSV e. V. über 76 Prozent der Aktien an der ausgegliederten
       Profifußballabteilung. Zweitgrößter Gesellschafter ist der
       [3][Mehrheitsaktionär des Logistikkonzerns Kühne & Nagel, Klaus-Michael
       Kühne], mit 20,6 Prozent.
       
       Wenn der HSV e. V. in der aktuellen Rechtsform seine Dreiviertelmehrheit
       verliert, ist er in der Hauptversammlung der Aktionäre nicht mehr allein
       beschlussfähig. Wenn Kühne bei etwaigen weiteren Anteilsverkäufen
       zuschlüge, könnte er sogar eine Sperrminorität erwerben. Das von den
       Mitgliedern gewählte Präsidium würde damit deutlich an Macht verlieren.
       Dieser für die Basis sehr heikle Punkt soll durch die Änderung der
       Rechtsform umgangen werden. Jansen bräuchte dafür eine Dreiviertelmehrheit
       bei der nächsten Mitgliederversammlung Ende April oder Anfang Mai.
       
       Aber eine Mehrheit hat er aktuell nicht einmal im engsten Kreis, dem
       Präsidium. Die Vize-Präsidenten Thomas Schulz und Moritz Schäfer wollen
       einen völlig anderen Kurs für die Zukunft des HSV. Vor allem der Einfluss
       des sprunghaften Investors Kühne, der im Hintergrund wieder einmal als
       Erster bereitstünde, neue Anteile zu erwerben, wollen sie eher verkleinern
       als vergrößern.
       
       Bei der ersten wichtigen vereinspolitischen Entscheidung spricht viel
       dafür, dass Jansen den Kürzeren zieht: Eigentlich wollte sich das Präsidium
       am Tag vor Heiligabend auf zwei Kandidaten einigen, die in der
       Hauptversammlung der Aktionäre Ende Januar als Nachrücker für den
       unvollständigen Aufsichtsrat der HSV AG vorgeschlagen werden sollen. Jansen
       hat mit dem Sprecher der Berenberg-Bank, Hans-Walter Peters, einen
       Kühne-Vertrauten vorgeschlagen, Schulz will zwei Frauen durchsetzen: die
       Adidas-Aufsichtsrätin Kathrin Menges und Franziska von Lewinski,
       Vorstandschefin der Digital-Agentur-Gruppe Syzygy. Weil keine Einigung
       möglich schien, hat man sich kurzfristig auf den Januar vertagt.
       
       Auch von der Basis gibt es Widerstand. [4][In vier offenen Briefen] hat die
       aktive Fanszene Stellung zur allgemeinen Entwicklung im Profifußball und
       zur schwierigen Lage ihres HSV bezogen. Vor allem Finanzchef Wettstein, der
       Mann, den Jansen für die erneute Umstrukturierung braucht, wird darin
       scharf kritisiert. Er habe mit Bilanztricks regelmäßig Zahlen aufgehübscht,
       an Transparenz und einem offenen Dialog habe er kein Interesse, heißt es in
       den Schreiben. Mehr Einfluss von Kühne wollen die Fans ebenfalls unbedingt
       verhindern.
       
       Die Antwort des HSV-Vorstandes ließ nicht lange auf sich warten. Auf die
       breite Ablehnung reagierte Wettstein mit einer Rolle rückwärts: Allein in
       zeitlicher Hinsicht seien weitere Aktienverkäufe „zur Bewältigung der
       finanziellen Herausforderungen“ ungeeignet, sagt er im Hamburger
       Abendblatt. Das klang vor Kurzem noch anders.
       
       27 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Mitgliederversammlung-beim-HSV/!5561466
   DIR [2] /Hamburg-kauft-Stadion-Grundstueck-zurueck/!5711169
   DIR [3] /Geldnoete-beim-Hamburger-SV/!5704113
   DIR [4] http://xn--nordtribne-hamburg-t6b.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Jovanov
       
       ## TAGS
       
   DIR Klaus-Michael Kühne
   DIR Fußball
   DIR Schwerpunkt Sport trotz Corona
   DIR Hamburger SV
   DIR 2. Bundesliga
   DIR HSV
   DIR DFL
   DIR Protest
   DIR Hamburger SV
   DIR Schwerpunkt Fridays For Future
   DIR HSV
   DIR Greuther Fürth
   DIR Fußball-Bundesliga
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
   DIR Klaus-Michael Kühne
   DIR Hamburg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Investor für die Deutsche Fußball Liga: Die 2-Milliarden-Euro-Frage
       
       Die 36 Fußballklubs der 1. und 2. Bundesliga müssen eine wegweisende
       Entscheidung treffen. Soll die DFL für viel Geld Macht an einen Investor
       abgeben?
       
   DIR Coronahilfen für den Hamburger SV: Übertriebene Subvention
       
       Der HSV soll zehn Millionen Euro Coronahilfen kassiert haben. Warum?
       Staatsknete sollte es nur geben, wenn die Gehälter der Stars gedeckelt
       werden.
       
   DIR Alles beim Alten im HSV-Vorstand: Kein Job für die U 60
       
       Der FFF-Aktivist Philipp Wenzel wollte sich als Schatzmeister des HSV
       bewerben. Er wurde gar nicht erst zur Wahl zugelassen.
       
   DIR FC St. Pauli schlägt HSV im Derby: Feuerwerk und Freudentanz
       
       Der FC St. Pauli gewinnt das Hamburger Derby mit 1:0 und darf sich weiter
       Stadtmeister nennen. Der HSV zeigt im Aufstiegskampf wieder einmal Nerven.
       
   DIR Ränkespiele in Hamburg: Der HSV kämpft – neben dem Rasen
       
       Bei der Nachbesetzung von Aufsichtsratsposten brechen alte Gräben auf:
       Vizes fürchten, Präsident Jansen wolle mehr Einfluss für Investor Kühne.
       
   DIR Traditions-Duell Braunschweig gegen HSV: Harte Landung für die Eintracht
       
       Zwei Traditionsclubs in der Zweiten Liga: Nur kurz konnte Aufsteiger
       Eintracht Braunschweig dem Herbstmeister HSV Paroli bieten.
       
   DIR Hamburg kauft Stadion-Grundstück zurück: 46.999.999 Prozent Rendite für HSV
       
       Für 23,5 Millionen Euro kauft Hamburg das Areal zurück, das die Stadt dem
       HSV für eine Mark verkauft hat. Ein Deal, den man immer wieder machen kann.
       
   DIR Geldnöte beim Hamburger SV: Mehr Macht für Kühne?
       
       Der HSV braucht Geld und überlegt daher, ein No-Go aufzuweichen: die
       24,9-Prozent-Regel, die verhindert, dass Aktionäre eine Sperrminorität
       erreichen.
       
   DIR HSV nach dem verpassten Aufstieg: Keine Kohle mehr für den Kader
       
       Der HSV knapst an den finanziellen Folgen des sportlichen Desasters.
       Nachfolger von Trainer Hecking wird Osnabrücks Daniel Thioune.